Wenn ich einen Komponisten neu vorstelle, so muß ich mir immer Gedanken machen inwieweit einerseits Interesse für ihn zu erzielen ist und andrerseits (wichtiger !) wie viele Werke er uns hinterlassen hat und drittens (auch sehr wichtig 1) wie viele Aufnahmen es von seinen Werken gibt - und vie viele in den nächsten 10 Jahren zu erwarten sind. Danch richtet sich, ob wir die einzelnen Genres aufschlüsseln, ob wir einen "generellen" Thread über den Komponisten (wie in diesem Fall) beginnen, oder ihn lediglich bei den weniger bekannten Komponisten des entsprechenden Zeitalters erwähnen. Ferlendis ist eigentlich einer jener Grenzfälle, die zu Lebzeiten - vor allem als Solist auf ihrem Instrument bekannt waren und zudem mit Mozart in engerem Kontakt stand. Solch einen Musiker kann man nicht mit einem Beitrag abtun. Ferlendis ewar mit Mozart bekannt und befreundet. Beide standen in Diensten der Salzburger Erzbischofs Colloredo (wo Ferlendiss Gehalt geringfügig über jenem von Mozart lag.)
Mozart schrieb das Oboenkonzert KV 314 explizit für Ferlendis.
Kommen wir zur Biographie von Ferlendis. Neuerdings komme ich gerne auf die Eintragungen im "Wurzbach" zurück, ein 60 Bände umfassendes Lexikon über berühmte Persönlichkeiten der österreichisch- ungarischen Monarchie zurück, da um 1855 entstanden ist - über viele Jahre hinweg, da ein einziger Autor, Constantin Ritter Wurzbach von Tannenberg das Mammutwerk verfasste. Wegen seine konkurrenzlosen Umfangs gilt es noch heute als unverzichtbar.
Der antiquerte Schreibstil und der an eine Novelle erinnernde Inhalt hat einen nostalgischen Reiz und bringt und dir Einschätzung des 19. Jahrunderts nahe:
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Ferlendis, Joseph (Virtuos auf der Hoboe, geb. zu Bergamo 1755, gest.?). Sein Vater war zu Bergamo Professor des Violin- und Violoncellospiels.
Von früher Kindheit zeigte Joseph großes Talent für Musik und namentlich im Spiel der Hoboe. Nachdem er sich ausgebildet, folgte er einem Rufe als erster Hoboist an der damals berühmten erzbischöflichen Hofcapelle in Salzburg.
Nach zweijährigem Aufenthalt daselbst ging F. nach Venedig, 1793 nach England u. z. mit dem berühmten Contrebassisten Dragonetti (s. d. III. Bd. S. 376), war aber 1800 wieder im Orchester des Triester Theaters und unternahm dann mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen Kunstreisen.
F. hat mehrere Duette, Terzette, Quartette und Concerte componirt, welche den Beifall der Kenner gefunden haben; auch ist er der Erfinder eines Blasinstrumentes, welches unter dem Namen des englischen Hornes im Concerte sich als sehr wirksam beurkundet hat und das er übrigens selbst meisterhaft spielte.
F.’s Gemalin, des römischen Architekten Barberi Tochter, betrat als Sängerin zuerst in Lissabon die Bühne und feierte große Triumphe, namentlich mit Crescentini (der sie auch unterrichtete) in der Oper „Pygmalion“; 1803 sang sie in Madrid, 1804 in Mailand, wo sie in der Oper „Il Bettolino“ Furore machte; 1805 in Paris auf dem Theater der Kaiserin, wo sie namentlich in Fioravanti’s „Capricciosa pentita“ sehr gefiel.
Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor, welche sich auch der Kunst des Vaters gewidmet u. z.
– Angelo (Virtuose, geb. zu Brescia 1781), der mehrere Jahre in Deutschland sich mit Erfolg hören ließ; im J. 1817 befand er sich in Rußland
– und Alexander (Virtuose, geb. zu Venedig 1783), genoß den Unterricht seines Vaters und trat 1802 in Lissabon, später in Madrid vor dem König und der Königin mit Beifall auf; 1805 ging er nach Paris, wo er sehr besuchte Concerte gab.
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mfg aus Wien
Alfred