Giuseppe FERLENDIS - berühmter Oboist des 18. Jahrhunderts

  • Wenn ich einen Komponisten neu vorstelle, so muß ich mir immer Gedanken machen inwieweit einerseits Interesse für ihn zu erzielen ist und andrerseits (wichtiger !) wie viele Werke er uns hinterlassen hat und drittens (auch sehr wichtig 1) wie viele Aufnahmen es von seinen Werken gibt - und vie viele in den nächsten 10 Jahren zu erwarten sind. Danch richtet sich, ob wir die einzelnen Genres aufschlüsseln, ob wir einen "generellen" Thread über den Komponisten (wie in diesem Fall) beginnen, oder ihn lediglich bei den weniger bekannten Komponisten des entsprechenden Zeitalters erwähnen. Ferlendis ist eigentlich einer jener Grenzfälle, die zu Lebzeiten - vor allem als Solist auf ihrem Instrument bekannt waren und zudem mit Mozart in engerem Kontakt stand. Solch einen Musiker kann man nicht mit einem Beitrag abtun. Ferlendis ewar mit Mozart bekannt und befreundet. Beide standen in Diensten der Salzburger Erzbischofs Colloredo (wo Ferlendiss Gehalt geringfügig über jenem von Mozart lag.)

    Mozart schrieb das Oboenkonzert KV 314 explizit für Ferlendis.

    Kommen wir zur Biographie von Ferlendis. Neuerdings komme ich gerne auf die Eintragungen im "Wurzbach" zurück, ein 60 Bände umfassendes Lexikon über berühmte Persönlichkeiten der österreichisch- ungarischen Monarchie zurück, da um 1855 entstanden ist - über viele Jahre hinweg, da ein einziger Autor, Constantin Ritter Wurzbach von Tannenberg das Mammutwerk verfasste. Wegen seine konkurrenzlosen Umfangs gilt es noch heute als unverzichtbar.

    Der antiquerte Schreibstil und der an eine Novelle erinnernde Inhalt hat einen nostalgischen Reiz und bringt und dir Einschätzung des 19. Jahrunderts nahe:


    ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

    Ferlendis, Joseph (Virtuos auf der Hoboe, geb. zu Bergamo 1755, gest.?). Sein Vater war zu Bergamo Professor des Violin- und Violoncellospiels.

    Von früher Kindheit zeigte Joseph großes Talent für Musik und namentlich im Spiel der Hoboe. Nachdem er sich ausgebildet, folgte er einem Rufe als erster Hoboist an der damals berühmten erzbischöflichen Hofcapelle in Salzburg.


    Nach zweijährigem Aufenthalt daselbst ging F. nach Venedig, 1793 nach England u. z. mit dem berühmten Contrebassisten Dragonetti (s. d. III. Bd. S. 376), war aber 1800 wieder im Orchester des Triester Theaters und unternahm dann mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen Kunstreisen.


    F. hat mehrere Duette, Terzette, Quartette und Concerte componirt, welche den Beifall der Kenner gefunden haben; auch ist er der Erfinder eines Blasinstrumentes, welches unter dem Namen des englischen Hornes im Concerte sich als sehr wirksam beurkundet hat und das er übrigens selbst meisterhaft spielte.


    F.’s Gemalin, des römischen Architekten Barberi Tochter, betrat als Sängerin zuerst in Lissabon die Bühne und feierte große Triumphe, namentlich mit Crescentini (der sie auch unterrichtete) in der Oper „Pygmalion“; 1803 sang sie in Madrid, 1804 in Mailand, wo sie in der Oper „Il Bettolino“ Furore machte; 1805 in Paris auf dem Theater der Kaiserin, wo sie namentlich in Fioravanti’s „Capricciosa pentita“ sehr gefiel.


    Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor, welche sich auch der Kunst des Vaters gewidmet u. z.


    Angelo (Virtuose, geb. zu Brescia 1781), der mehrere Jahre in Deutschland sich mit Erfolg hören ließ; im J. 1817 befand er sich in Rußland


    – und Alexander (Virtuose, geb. zu Venedig 1783), genoß den Unterricht seines Vaters und trat 1802 in Lissabon, später in Madrid vor dem König und der Königin mit Beifall auf; 1805 ging er nach Paris, wo er sehr besuchte Concerte gab.

    -----------------------------------------------------------------------------------------------------------------


    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Giuseppe FERLENDIS: Oboenkonzert Nr 1 in F-dur



    Kommen wir zu Ferlendis' Oboenkonzert Nr 1. Bis zum Jahre 2003, wo diese Aufnahme entstand war es das einzige veröffentlichte Konzert von Ferlendis. Die deutschsprachige WIKIPEDIA hält sich BIS HEUTE bedeckt, was die Anzahl seiner Oboenkonzerte betrifft.

    Interessant auch der Satz bei der italienischen Wikipedia. Mit der geradezu sprichwörtlichen Zuverlässigkeit steht da:


    Durante il periodo trascorso in Austria Ferlendis conobbe e si fece apprezzare da Mozart, che per lui compose un concerto per oboe e orchestra andato perduto.

    Während seiner Zeit in Österreich lernte Ferlendis Mozart kennen und wurde von ihm geschätzt, der für ihn ein verlorenes Konzert für Oboe und Orchester komponierte.


    Na ja - ich habe mir das "verschollene Mozart Konzert" heute angehört - bzw kurz hineingehört - es läuft unter KV 314

    Weil wir gerade bei Fehlinformationen sind: Ferlenis Oboenkonzert Nt 1 wurde viele Jahrzehnte hindurch Mozart zugeschrieben.

    Dies konnte aber eindeutig widerlegt werden.


    Weiter: Ferlendis hat VIER Oboenkonzerte geschrieben, aber bei einem ist die Solostimme verloren gegangen - es ist also unbrauchbar.

    Zwei weitere waren unveröffentlich und unkomplett, konnten aber für die gezeigte Aufnahmen (2003), veröffentlicht 2008 restauriert werden.

    Dar Oboenkonzert atmet eindeutig den Geist Mozarts - aber nach hineinhören in KV 314 meine ich, den Unterschied zwischen "erstklassig" und "genial" gehört zu haben, zudem verwendet Mozart "Floskeln", die bei Ferlendis fehlen. Kein Wunder - er WOLLTE ja wahrscheinlich keine "Mozart-Kopie" schreiben


    Ich verlinke hier auf einen Clip mit dem Konzert Nr 1

    Er ist der CD rechts oben entnommen. Diese CD enthält ein Oboenkonzert von Johann Christian Bach, das von Mozart (KV314) und die Nr 1 von Verlendis. Die Aufnahme stammt aus dem Jahre 1999. Damals waren die beiden andern Konzerte noch nicht verfügbar.

    Die Aufnahme ist ein wenig durchsichtiger als jene mit dem Haydn Orchester, das fällt aber vermutlich nur im direkten Vergleich auf...




    mfg aus Wien

    Alfred



    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Lieber Alfred Schmidt


    Ich bin dir zutiefst dankbar, dass du durch diesen Thread auf die Werke des Oboisten Giuseppe Ferlendis (1755-1810) aufmerksam machst. Allzu viel Literatur für dieses Instrument gibt es nämlich nicht.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Kommen wir zum 2. Oboenkonzert. Wir müssen uns vor Augen halten, daß es - wie auch das dritte - erstmals - nach erfolgreicher Restaurierung - aufgeführt und eingespielt wurde, als unser Forum bereits 4 Jahre alt war. Also erst vor relativ kurzer Zeit. "Moderato" hat weiter oben darauf hingewiesen, daß es für dieses Instrument wenig Literatur gibt. So sind zwei wiederentdeckte Konzert eine echt, Bereicherung - notaben, wenn der Verfasser des Booklets zu dieser CD, Diego Dini Ciacci - der zugleich der Solist (und Restaurator ??) der hier vorgestellten Aufnahme ist, feststellt, daß die beiden Wiederentdeckungen sogar interessanter sind als das bislang schon bekannte Konzert in F-dur.Er hebt insbedondere die üppige Besetzung des 2. Konzert hervor. Die Spieldauer beträgt knapp15 Minuten, wobei der erste sat über die hälfte des gesamten Konzerts ausmacht, gefolgt vom sehr kuzen 2. Satz, der nahtlos in den dritten mündet. Dieser dritte Satz verwendet ein Thema von Paisello welches mehrmals variiert wird.

    "Nel cor piu non mi sento" von Paisiello aus der Oper "la molinara"

    Das Thema ist so eingängig und berühmt, daß nach Ferlendis es zahlreiche andere Komponisten, darunter, Beethoven, Hummel Bottesini, Paganini etc. für Variationen benutzen.

    Hier eine Kostprobe. Es werden aber ein oder zwei Threads -über dieses Thema folgen...

    (einer über as Original - einer über die Variationen)



    mfg aus Wien

    Alfred


    PS: theoretisch müsste nach diesem Thead die Ferlendis -CD eigentlich schnell ausverkauft sein :hail::baeh01:


    clck 66 (!!!)

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Heute habe ich mir das dritte Oboenkonzert von Ferlendis angehört, welches - aus welchen Gründen immer - die Nr 3 in Klammer trägt, also in gewisser Weise unnummeriert ist. Eine weitere Besonderheit ist, daß das Soloinstrument mit "Oboe oder Flöte" bezeichet ist, die Auswahl also freigesteltl ist. Das Soloinstrument nimmt gegenüber dem Orchester schon an sich einen sehr bevorzugten Rang ein - es gibt zudem zahlreiche Stellen wo das Orchester völlig schweigt.


    Die Sätze:

    1) Allegro

    2) Adagio

    3) Allegro


    Spieldauer liegt bei ca 15 Minuten


    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Sieben Jahre nach der Ersteinspielung der Oboenkonzert Nr 2 und (3) hat das Italienische Label "TACET" ebenfalls die 3 Werke aufgenommen und mit einer Sinfonia und einem Konzert für Englischhorn und Orchester ergeäzt. und somit das gesamte Orchestrale Schaffen Ferlendis dokumentiert. Auf der CD prangt (auf der Rückseite) ebenfalls das Etikett "World Premiere Recording) - ohne das näher spezifiert wird auf welches Werk dies bezogen sein soll. Vielleicht gibt es im Booklet Hinweise darauf - aber das steht mir nicht zur Verfügung. Die Italiener sind ein musisches Volk von erlesenem Geschmack und ebensolcher Kochkunst - geborenen Tontechniker sind sie indes nicht. So präsentiert sich dise Live-Aufnahme eher etwas verschwommen und hallig - da ist sogar über die Sample Clips zu hören....


    mfg aus Wien

    Alfred


    clck 92

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....