Neues aus dem Alten Testament

  • Vorwort 1 (23.3.2023)

    In den Bibeldschungel-Büchern habe ich bei Nr. IV (Beitrag #10) ein Fazit gezogen. Darin habe ich begründet, warum dieses Thema abgeschlossen ist, denn für weitere Pfade muss man ein Wissenschaftler oder Archäologe sein. Trotzdem haben die biblischen Themen hier mit 6.500 Zugriffen doch einiges Interesse hervorgerufen (und stellen etwa 10% der Gesamtzugriffe dar).

    Mit dem neuen Thema möchte ich herausstellen, wie faszinierend die Welt des Altertums war, in kultureller, aber besonders auch in religiöser Hinsicht. Mit neuen archäologischen Techniken ist man ja im Moment dabei, das Alte Ägypten neu zu entdecken, bzw. auszugraben (viele Filme gibt es dazu bei Phoenix oder ZDF.info). Der israelische Archäologe Israel Finkelstein hat mit seinen Büchern einen ganz neuen Blick auf die Geschichte der beiden Staaten Israel (Nordreich) und Judäa (Süden) gelenkt. Anders als im Alten Testament dargestellt, war nämlich das Nordreich das bedeutendere Reich, nicht Judäa, trotz der Könige, beginnend mit Saul, David, Salomo und den folgenden Königen in beiden Reichen. Von David und Salomo sind keine originalen Schriften und auch keine Überreste von Bauten erhalten, auch nicht vom ersten Tempel.



    Anders als der Titel dieses threads vermuten lässt, ist das AT nicht die einzige Quelle. Hinzu kommen apokryphe Schriften; die einen auf dem Boden des Judentums, die anderen als Ergänzung zum neutestamentlichen Kanon, um dessen Umfang in den ersten Jahrhunderten sehr gerungen wurde. Auch die Schriftrollen von Qumran sowie der Talmud sind wichtige Quellen. Unentbehrlich sind dabei die Geschichtsbücher des Flavius Josephus ("Jüdische Altertümer" und "Der jüdische Krieg", wo Josephus den Untergang des jüdischen Staates und die völlige Zerstörung Jerusalems durch die Römer schildert (70 post). Erst war ich ein wenig erschreckt über die 1500 kleingedruckten Seiten, dann aber doch fasziniert.

    Warum sind Obamas Memoiren so dick (700 S.). Damit Trump sie nicht liest.

  • Vorwort 2 (23.3.2023)

    Die Methode der Darstellung wird eine Art Puzzle sein, d.h. jeder Geschichte, jeder Beitrag steht für sich, getreu dem guten alten Monty-Python-Prinzip "... und nun zu etwas völlig anderem..."

    Dazu wird entweder zitiert oder zusammengefasst berichtet und auch kommentiert, wenn es nötig ist.

    Für zwei Bereiche kann eine Kenntnis des Altertums wichtig sein. 1. Für die Literatur. Hierfür war jahrhundertelang die Kenntnis der Bibel selbstverständlich; Goethe hatte sie, er hatte schon als Knabe hebräisch gelernt.

    2. Für die Musik. Die gesamte geistliche Musik hat ihren Schwerpunkt im AT wie im NT, daneben stehen dann auch liturgische Texte wie die "Missa" und die umfangreichen Marienkompositionen im katholischen Bereich. Ich werde daher dank YT viel Musik zitieren und dazu auch die Texte mit abdrucken.

    Auch dieses Thema beschäftigt sich nicht mit Kirchenpolitik oder dem Konfessionsstreit, allerdings wie bisher auch mit dem Fundamentalismus, der ja in den USA eine bedeutende Rolle spielt.

    Die Bibel ist leider, wie alle religiösen Texte aller Religionen, humorfrei. Zwei kleine Andeutungen gibt es in der Genesis.

    Zum einen geht Gottvater persönlich in der Abendkühle spazieren, zum anderen, in der Geschichte vom Turmbau zu Babel,

    muss er sich tief herunterbeugen, um dieses "gewaltige" Bauwerk überhaupt sehen zu können.

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    2 Mal editiert, zuletzt von Dr. Pingel ()

  • Palestrina (1525-1594) Sicut lilium - Tallis Scholars (24.3.2023)


    Das Hohelied wird uns noch öfter begegnen, daher hier nur ein erstes Beispiel.



    Text: Sicut lilium inter spinas (Dornen), sic amica mea, inter filias Adae (Adams). Allelujah.


    Der Text ist aus HL 2,2, dort ist allerdings von einer Rose die Rede; das Allelujah fehlt natürlich auch.

    Auch die Töchter Adams sind im hebräischen Text nur "Mädchen". Man sieht hier schon, dass das originale Liebeslied "getauft" wird.

    Nachtrag: ein Blick in mein Hebräischlexikon lehrt mich, dass es doch komplizierter ist. "schuschan" (hier "schoschannah") bedeutet tatsächlich meist "Lilie", aber auch diverse andere Blumen. Daher lassen wir Lilie gelten, "Rose" passt aber besser.

    Warum sind Obamas Memoiren so dick (700 S.). Damit Trump sie nicht liest.

  • Wie kam Pontius Pilatus ins Credo?

    (28.3.2023)


    Teil 1


    Vor vielen Jahren habe ich mal an einer Jahrestagung der Evangelischen Kirche im Rheinland teilgenommen, die für Hebräischlehrer bestimmt war. Man kann auch heute noch an jedem Gymnasium Hebräisch lernen, muss dafür aber weit fahren, weil es nur an zentralen Orten stattfndet. Ich war kein Hebräischlehrer, durfte aber teilnehmen. Es war schon imposant, denn alle hatten ihre dicke schöne Biblia Hebraica mit; ich auch, und ich besitze sie noch heute

    (mir muss mal einer beibringen, wie man in diesem Thema hebräisch schreiben kann. Einige Kollegen haben ja kyrillisch, arabisch und sogar chinesisch in ihren Texten. Ich kann es nicht lesen, aber es gibt immer ein gutes Bild ab).

    Am Ende des ersten Tages fühlte ich mich wie jemand, der auf einem Hollandrad an der Tour de France teilnimmt. Es ging gar nicht so sehr um die Sache, da konnte ich einigermaßen mithalten. Was ich nicht kannte, waren die Sprachregelungen. So war es streng verpönt, das Wort "Altes Testament" in den Mund zu nehmen. Das triggerte sofort eine Rüge, denn unser AT ist im Judentum kein Altes Testament, denn es folgt ja auch kein Neues Testament. Was bei uns AT heißt, ist im Judentum "Tanach". Was dazu gehört, ist im Judentum, Hellenismus (Septuaginta), Latein (Vulgata) und bei den gegenwärtigen Konfessionen unterschiedlich und hier nicht relevant. Ich werde hier aus praktischen Gründen. immer vom Alten Testament (AT) reden und nicht vom Tanach.

    Hebräisch: das Alter dieser Sprache ist mit etwa 3000 (ante) anzusetzen, die ersten Texte stammen aus 1000 (ante). Etwa um 200 (post) starb es aus. Es wurde wiederbelebt bei der Gründung des Staates Israel und ist die offizielle Amtssprache; auch die Buchstaben werden wie früher geschrieben, auch läuft die Schrift von rechts nach links. Schon im Alten Testament gibt es zwei Arten der Notierung, die eine ohne VKL (Vokale), die andere nennt man Punktierung, weil die Vokale als Punkte drunter oder drüber gesetzt werden. Ich stelle mir vor, dass bei der Wiedervereinigung (1989) die beiden Ehemaligen beschlossen hätten, zum Mittelhochdeutschen zurückzukehren ("Ich saz uf einem steine und dachte bein mit beine" - "Ahi, wie kristenliche nu der babest lachet". Walther von der Vogelweide). Das Hebräische wurde zwar von vielen gesprochen, vor allem von allen Juden bis heute verstanden, denn es ist die Sprache des jüdischen Kultes, auch bis heute und zwar in aller Welt.

    Noch interessant ist, dass es im Hebräischen keine kleinen Buchstaben gibt und dass man es nicht kursiv schreiben kann, es sei denn, man legt sich eine eigene Kursivschrift zu. Man nennt diese Art der Schrift auch Quadratschrift, weil alle Buchstaben in ein Quadrat passen. Es ist eine sehr schöne Schrift, die man sorgfältig schreiben muss. Ich habe sie auch immer als Geheimschrift verwendet, was dann ergab: deutscher Text, hebräische Buchstaben, von rechts nach links. Das knackt niemand.


    Teil 2


    In dem Buch "Nachmittage" von Ferdinand von Schirach findet sich folgender kleine Text (Nr. 4, Auszug).

    Der Autor berichtet von einem französischen Freund, der getreu an allen katholischen Riten teilnahm, obwohl er Atheist war, weil "er höflich sein wolle". (In Deutschland ist es z.B. üblich, in der Synagoge als Mann eine Kippa zu tragen. Dr.P.)

    Bei den alten Griechen und im römischen Reich war es egal, was man glaubte, man musste nur die religiösen Riten einhalten, das verlangte die Staatsraison. Erst mit den Christen wurde das anders und damit begannen die Verfolgungen.

    Zitat v. Schirach: "Im Johannes-Evangelium sagt Jesus, er sei 'gekommen, um Zeugnis für die Wahrheit abzulegen.' Pilatus fragt darauf hin: 'Quid es veritas?' Das ist wohl das Klügste, was man nach einem solchen Satz sagen kann. Pilatus wendet sich ab, eine Antwort erwartet er nicht. In Wirklichkeit kann es dieses Gespräch nicht gegeben haben Jesus sprach nur Aramäisch und vielleicht ein wenig Griechisch. Wahrscheinlich sind sich die beiden nie begegnet."

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    Einmal editiert, zuletzt von Dr. Pingel ()

  • Teil 3 - Aramäisch

    (29.3.2023)


    Aramäisch war im westlichen Orient die lingua franca, so wie heute das Englische auf der Welt ("bad English" meinte König Charles III. dazu). Man kennt es aus Dokumenten schon im 10. Jh. (ante). Bis heute gibt es christliche Aramäer im Nahen Osten, besonders in der Türkei, im Libanon, in Israel, aber auch in Westeuropa, die in ihren Gottesdiensten auch aramäisch sprechen. Im 7. Jh. (post) löste das Arabische das Aramäische ab.

    Im NT gibt es noch einige aramäische Wörter: abba (Vater), Golgotha, maranatha.

    Man kann davon ausgehen, dass Jesus und seine Jünger wie auch die ersten christlichen Gemeinden aramäisch gesprochen haben.

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  • Teil 4 Griechisch

    (30.3.2023)


    Griechisch war zuerst die allgemeine Sprache im westlichen Mittelmeer, wurde zur Zweitsprache im Römischen Reich, neben Latein, und breitete sich dann auch nach Kleinasien aus, wahrscheinlich bestärkt durch die Eroberungszüge Alexanders.

    Es hat überdauert bis heute; hier ist es modernisiert als Neugriechisch, die Schrift ist geblieben.

    Das Griechisch, das im Römischen Reich gesprochen wurde, war nicht das klassische Griechisch von Homer, Aristoteles, Platon, Sophokles, dazu die Werke der Mathematik und Astronomie. Es war eine Art einfaches Griechisch, eine lingua franca wie heute das Englische. Der Name für diese Sprache war "koiné diálektos" (Akzente=Betonung), also die gemeine (gemeinsame) Sprache. Die Kreuzesinschrift bei Jesus lautete INRI (lat.), dazu wird informiert, dass sie in drei verschiedenen Sprachen dort stand.

    Das bekannteste Buch in koiné ist das Neue Testament. Für mich war das ein Glück, denn ich musste im Studium Griechisch und Hebräisch nachholen. Das Griechische fiel mir nicht so leicht, wir lernten es mit Xenophon, der so langweilig war, wie wir das aus der Schule schon mit Cäsar erlebt hatten. Als ich mein Graecum dann hatte, habe ich in meiner Studentenbude die Grammatik mit Wucht an die Wand geworfen und nie wieder angesehen. Das Glück im Griechischen ist, dass die koiné des NT ziemlich leicht ist. Nicht nur das, sondern wir hatten dann alle ein Neues Testament, bei dem die linke Seite das griechische Original bot, die rechte Seite die lutherische Übersetzung. Die Abweichungen schrieb man sich drüber.

    Wie Pontius Pilatus genau ins Credo kam, wissen wir noch nicht, aber es ist gut, mal zu wissen, welche Sprachenvielfalt im Römischen Reich herrschte. Einen analogen Zustand haben wir heute in unseren Regional - und S-Bahnen, bei dem auch ab und zu jemand Deutsch spricht (hier im Ruhrgebiet auf jeden Fall - eigene jahrelange Erfahrung!).

    Warum sind Obamas Memoiren so dick (700 S.). Damit Trump sie nicht liest.

    Einmal editiert, zuletzt von Dr. Pingel ()

  • :angel::pfeif::untertauch: (2.4.2023)


    Lieber Moses, beim Zug durch das Rote Meer habe ich mitbekommen, dass einige deiner Leute Fische und Pflanzen eingesteckt haben. Ich fordere dich hiermit auf, diese zurückzubringen. Auch Bemerkungen wie "Na super, jetzt müssen wir auch noch kilometerlang trockenen Fußes über diesen bescheuerten Ozeanboden latschen..." sind überhaupt nicht witzig.

    MfG Jahwe

    Warum sind Obamas Memoiren so dick (700 S.). Damit Trump sie nicht liest.

  • 7.4.2023 (Karfreitag)


    Alle Fundamentalisten und Evangelikalen, aber auch konservative Katholiken, denken, dass sie die Nachkommen der Jünger Jesu sind. In Wahrheit sind sie die Nachkommen der Pharisäer.

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  • Leonard Cohen

    Hallelujah





    Dieses Lied ist eines der bekanntesten von Leonard, oft gecovert.

    Eine Würdigung kann ich hier nicht leisten. Es gibt aber bei Wikipedia gute Artikel, auch eine deutsche Übersetzung mit Hinweisen auf die alttestamentlichen Anspielungen. Interessant ist die die Erwähnung der Strophen, die später dazu kamen.



    Warum sind Obamas Memoiren so dick (700 S.). Damit Trump sie nicht liest.

  • Daniel Kahn

    Leonard Cohens Halleluja auf Jiddisch


    ttps://www.youtube.com/watch?v=XH1fERC_504

    Warum sind Obamas Memoiren so dick (700 S.). Damit Trump sie nicht liest.

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  • Fundamentalismus à la carte

    Folge 1


    Wir leben in einer Zeit, in der der Fundamentalismus gegen die Demokratie und Aufklärung zu siegen scheint. Hier schildere ich nur den religiösen Fundamentalismus, wie er bei den Evangelikalen bei uns, aber besonders in den USA verbreitet ist. Obwohl Trump in ethischer Hinsicht gerade das Gegenteil von einem frommen Christen darstellt, wird er von den Evangelikalen als Quasi-Messias betrachtet (Videos bei YT).

    Vor Jahren gab es einen Artikel im Internet, der sich anhand der Methode der paradoxen Intervention mit Gesetzen aus dem AT beschäftigte. Ich habe diesen Artikel jetzt umgestellt, verändert, gekürzt, erweitert und ihm vor allem eine neue Textgestalt gegeben, da das Original verloren ging.

    Anlass war eine amerikanische Fernsehsendung, in der ein Moderator auf Fragen nach biblischen Themen antwortete. Zentral war die Frage nach der Gültigkeit der Gesetze über Homosexualität. Der Moderator: In Leviticus (3.Mose)18,22 steht, dass Homosexualität ein Gräuel ist. 18, 29: man soll sie ausrotten.


    Diese Argumentation wird abgeschwächt, indem man sagt: Wir töten sie ja nicht.

    Aber damit verletzen sie das Gesetz, das die Tötung vorschreibt. Eine andere Geschichte ist diese: man sieht einen bekannten evangelikalen Fernsehprediger aus einem Bordell herauskommen. Eine Überwachungskamera filmt das, und es verbreitet sich im Internet. Das Gesetz wäre: sofortige Steinigung des Predigers und der Prostituierten. Stattdessen tritt er in seiner eigenen Fernsehshow auf und heult allen was vor und bittet wegen seiner Missetat vermehrt um Spenden! Fundamentalismus à la carte!


    Warum sind Obamas Memoiren so dick (700 S.). Damit Trump sie nicht liest.

  • Folge 2


    Die Methode der paradoxen Intervention des Autors ist die, dass er weitere Gesetze aus dem Pentateuch (1.-5. Mose), vor allem aus dem Buch Leviticus heranzieht und untersucht, ob oder wie man sie heute noch anwenden kann. Natürlich ist leicht zu sehen, wie absurd der Gedanke ist, Gesetze aus dem AT heute zu verwenden. Allerdings muss man sagen, dass im heutigen Israel viele Gesetze noch gelten. Ein großer Streitpunkt ist im Moment des Krieges, dass die ultraorthodoxen Juden nicht zum Militärdienst herangezogen werden und diejenigen, die es freiwillig tun, von ihren Gemeinden verachtet und gemieden werden.


    Schweine

    Lev. 11,8: das Berühren der Haut eines Schweines macht unrein. Durfte man Lederbälle (etwa beim Fußball) anfassen oder waren dabei Handschuhe vorgeschrieben?


    Haare und Tattoos

    Bei Männern ist es verboten, sich die Haare schneiden zu lassen, inklusive Barthaare und Haare an den Schläfen: Lev. 19,27. In Vers 28 wird verboten, sich wegen eines Toten die Haut zu ritzen. Ich nehme an, dass das eine Sitte des überwältigenden Klagens um einen Toten war. Aber es wäre doch ein Leichtes, aus diesem Gesetz ein allgemeines Tattooverbot herauszuschnitzen.


    Frauen

    Frauen sind in der Phase der Menstruation unrein (Lev.15, 19-24). Alles, was sie berühren, wird ebenfalls unrein. Wie ist das in der U-Bahn? Dürfte ich eine Frau danach fragen?

    Alle amerikanischen Städte müssten riesige Zeltstädte vor ihren Toren haben, in denen dann die Frauen während ihrer Periode leben.

    Nach der Geburt eines Jungen ist eine Frau eine Woche unrein, bei einem Mädchen sind es zwei.

    In Israel waren Frauen vor allem dazu bestimmt, Kinder zu bekommen, besonders Jungen.

    Das ist übrigens auch ein Hauptargument, warum Homosexualität tabu war: es kamen keine Nachkommen dabei heraus. Weibliche Homosexualität wird im AT überhaupt nicht erwähnt, weil das weit außerhalb jeder Vorstellung eines frommen Juden lag.

    Warum sind Obamas Memoiren so dick (700 S.). Damit Trump sie nicht liest.

  • Folge 3

    Opfer


    Das Alte Testament ist voll von Opfervorschriften, die zumeist im Buch Leviticus stehen. Seltsam für uns ist, dass da offen steht, dass Jahwe mit Opfern beschwichtigt werden muss und Brandopfer für Jahwe einen lieblichen Geruch erzeugen (Lev. 1,9). In der Religionswissenschaft gibt es den t.t. dafür: "Beschwichtigungsopfer". Eine seltsame Vorstellung, aber aus vielen Religionen bekannt. Umfangreich wird genau beschrieben, welche Art von Opfern es gibt, welche Tiere geopfert werden dürfen. Dabei spielen Rinder die Hauptrolle. Man fragt sich aber, wo die vielen Rinder herkamen, denn die Israeliten durchzogen eine Steinwüste, in der es praktisch keine Pflanzen gab, schon gar kein Gras.

    Opfer waren so heilig, dass es ein Opferverbot für alle Menschen (Männer natürlich, Frauen durften überhaupt nicht selber opfern) mit Behinderungen und Makel gab, also: blind, lahm, entstellt, bucklig, mit Missbildungen, Flecken im Auge, beschädigte Hoden, gebrochene Hand, gebrochener Fuß. Die Vorstellung war diese, dass damit der Altar entheiligt wurde.

    Nach der Zerstörung des Tempels und der Vertreibung der Juden aus Jerusalem wurde der Opferkult gänzlich aufgegeben.


    Sklaven


    Früher habe ich hier schon berichtet, dass es den Israeliten durchaus gestattet war, Sklaven zu halten, Männer wie auch Frauen. Nach einer gewissen Zeit war es den Sklaven erlaubt, um die Freilassung zu bitten. Die wurde gewährt, aber wenn der Sklave Frau und Kinder hatte, durfte er sie nicht mitnehmen. Wenn der Sklave aber Sklave bleiben wollte, wurde er an den Türpfosten gelehnt und mit dem Ohrläppchen daran festgenagelt. Das war der Ritus für diesen Vorgang.

    Jetzt zitiere ich mal den Amerikaner, der diese ganze Sache aufgebracht hat in (Italics):

    Ich würde gerne meine Tochter in die Sklaverei verkaufen, wie es nach Exodus 21,7 erlaubt ist. Aber was wäre heutzutage der angemessene Preis?

    In Lev. 25,44 wird festgestellt, dass ich männliche und weibliche Sklaven besitzen darf, wenn ich sie von benachbarten Nationen erwerbe. Ein Freund meinte, dass das auf Mexikaner zutreffe, aber nicht auf Kanadier. Warum darf ich keine Kanadier besitzen?


    Landwirtschaft


    (auch hier zitiere ich)

    Mein Onkel hat einen Bauernhof. Er verstößt gegen Lev. 19,19, weil er zwei verschiedene Saaten auf ein und demselben Feld anbaut. Darüberhinaus trägt seine Frau Kleider, die aus zwei verschiedenen Stoffen gemacht sind (Baumwolle/Polyester). Außerdem flucht und lästert er sehr oft.

    Ist es wirklich notwendig, dass wir den ganzen Aufwand betreiben, das komplette Dorf zusammenzuholen, um sie zu steinigen (Lev. 24, 10-16)?


    Warum sind Obamas Memoiren so dick (700 S.). Damit Trump sie nicht liest.

  • Folge 4


    Sabbatjahr


    Dieser Begriff ist ja jetzt auch bei uns heimisch, sowohl in der Sprache wie auch im Berufsleben. Im AT steht seine gesetzliche Regelung in Lev. 25, 1ff.

    Es bezieht sich auf die Landwirtschaft. 6 Jahre dürfen die Felder bestellt werden, dann müssen sie 1 Jahr brach liegen. Was ohnehin dort wächst, also nicht gepflanzt ist, darf gegessen werden.


    Erlassjahr

    (ebenfalls Lev. 25)

    Nach 7 Sabbatjahren gibt es ein sog. Erlassjahr, also das 50. Jahr. Hier ist vorgeschrieben, dass alle Schulden erlassen werden und jeder wieder zu seinem Besitz kommt. Das ist hier nur das Gesetz, wie es durchgeführt wurde, weiß ich jetzt nicht.


    Zinsverbot


    Lev. 25, 35-37

    Wenn dein Bruder neben dir verarmt und sich nicht mehr halten kann, so sollst du dich seiner annehmen...und du sollst nicht Zinsen von ihm nehmen noch Aufschlag...


    John Grisham erzählt in seinem Buch "The Painted House" von seiner Kindheit auf einer Baumwollfarm in Arkansas. Eines Tages richtet ein Sturm mit langanhaltendem Regen bei der benachbarten armen Bauernfamilie eine völlige Verwüstung an, sodass die Ernte vernichtet wird, ebenso Hof und Scheune und den Menschen nur mit dem, was sie anhaben, davonkommen. Die Familie von John Grisham nimmt sie auf, sie werden in der Scheune untergebracht, sie bekommen zu essen, eine schwangere junge Frau ist auch dabei.

    Das könnte eine Konkretisierung der damaligen Gesetze sein.






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  • Folge 5

    "...à la carte"


    Als jemand, der selber vergeblich mit christlichen Fundamentalisten "gekämpft" hat, weiß ich, wie gefährlich diese Weltanschauungen sind. "Gegen Intoleranz ist Intoleranz erlaubt, ja sogar notwendig", sagt Popper. Neben direkter Konfrontation ist Satire ein weiteres Mittel, dessen Wirkung aber eher in der Selbstvergewisserung besteht. Das liegt oft schon daran, dass die Satire von den Adressaten gar nicht als solche begriffen wird, denn Fundamentalismus paart sich gerne mit Dummheit oder Sturheit.

    Auf die Entwicklung des Fundamentalismus weltweit, ideologisch oder machtbesessen, etwa bei grassierenden Verschwörungstheorien, kann ich hier nicht eingehen.

    Das Spezielle an meiner Darstellung von Fundamentalismus ist der Zusatz "à la carte"; d.h., dass man sich die fundamentalistische Idee zusammenbastelt und verteidigt. Dagegen ist Satire ein gutes Mittel. Das bedeutet auch, dass Satire etwas ganz anderes ist als Comedy. Satire muss so böse sein wie der Gegenstand, gegen den sie sich richtet. Karl Kraus ist hier ein großes Vorbild, aber es gibt auch die scheinbar heitere Variante, etwa in Nestroys "Lumpazivagabundus". Nestroy ist sozusagen eine lustige, aber dennoch schwarze Satire.


    Folge 6

    Bedeutung der Gesetze im Judentum


    Viele der Gesetze, denen wir in allen Varianten hier in meinem Schreibtisch begegnet sind, können sehr skurril wirken, vor allem, wenn sie willkürlich angewendet werden oder wirklichkeitsfremd sind.

    Viele jüdische Gesetze aus der Zeit des AT waren damals sehr fortschrittlich, weil sie den Menschen auch Freiheiten gaben, die sonst in den orientalischen Despotien nicht vorhanden waren. Das ist etwa die Einführung des Sabbats für Mensch und Tier, also regelmäßige Freizeit. Auch die oben geschilderten Gesetze zum Sabbatjahr, Erlassjahr und zum Zinsverbot sind sonst aus dieser Zeit nicht bekannt. Sabbatjahr und Erlassjahr sind zusätzlich eine umweltbewusste Maßnahme zur Erholung der Natur. Ein anderes Gesetz verbietet das Abholzen von Fruchtbäumen, wenn man Holz für eine Belagerung braucht.

    Ein anderes Gesetz verbietet, dass man Tieren beim Dreschen das Maul zubindet. Das geschah, damit sie keine Körner fressen.

    Besonders auffällig ist ein Gesetz über den Wehrdienst. Junge Männer brauchten nach ihrer Heirat ein Jahr nicht ins Heer. Leicht zu sehen, dass natürlich auch der Staat davon profitierte, denn mit diesem Jahr war gewährleistet, dass die Frau mit Sicherheit schwanger wurde

    Allerdings zeigten gerade die Sabbatgesetze auch skurrile Seiten, die bis heute andauern. Bei Aufzügen etwa ist es Arbeit, wenn man den Knopf zum Rufen oder Fahren drückt, also verboten. Das Fahren ist keine Arbeit. Lösung: der "Sabbataufzug", der selbstständig die ganze Zeit fährt.

    Ein anderes Gesetz ist dieses: "Du sollst das Böcklein nicht in der Milch seiner Mutter kochen." Das führt dazu, dass in jüdischen Haushalten wie in den öffentlichen Einrichtungen niemals Fleisch und Milchprodukte zusammen auf einem Teller sein dürfen. Die Lösung: doppeltes Geschirr (selbst erlebt auf einer Israelreise mit dem Schiff).

    Besonders anstößig sind heute für viele Israelis die Gemeinden der orthodoxen Juden. Man erkennt sie an ihrer Kleidung, sie üben keine Berufe aus, nur das Thorastudium zählt. Sie erkennen auch den israelischen Staat nicht an, sondern wollen das alte Israel zurück. Das wird in der israelitischen Öffentlichkeit sehr kritisch gesehen. Richtig feindselig beurteilt die israelische Öffentlichkeit gerade in der jetzigen Kriegssituation (Gaza und Libanon), dass der Kriegsdienst für orthodoxe jüdische Männer freiwillig ist. Diese Soldaten verlieren aber damit ihren Platz in der Gemeinschaft (in den USA hat man eine ähnliche Situation bei den Amish).

    Warum sind Obamas Memoiren so dick (700 S.). Damit Trump sie nicht liest.

  • Folge 7

    Fazit


    Fundamentalismus ist an sich immer gefährlich, vor allem, wenn er sich gegen die richten, die nicht mitmachen. Die Religionen sind in der Regel fundamentalistisch, wobei sie in der Bekämpfung der Ungläubigen unterschiedliche Arten von Gewalt anwenden.

    Zum Aufbau einer einheitlichen Ideologie gibt es verschiedene Methoden, eine sperrige Wirklichkeit zu entschärfen; das Beispiel hier ist die Stellung zum Thema "Homosexualität".

    Besonders kennzeichnend im evangelikalen Bereich ist die Auswahl der aus dem AT "importierten" Gesetze.

    Im ethischen Bereich importiert man vieles, im sozialen Bereich aber nicht.

    Steuerhinterziehung, Ausbeutung, Betrug, egoistische Einstellungen: das wird alles nicht als verwerflich übernommen; ja sogar der neue Präsident, der alle diese Eigenschaften verkörpert, wird von Evangelikalen als "Messias" betrachtet (dazu gibt es YouTube-Beispiele hier im Schreibtisch unter Satire).

    Warum sind Obamas Memoiren so dick (700 S.). Damit Trump sie nicht liest.