Heinrich von Herzogenberg: Violinkonzert in A-dur WoO 4

  • Ich habe lange gezögert, ob ich das Violinkonzert (1889) von Herzogenberg in einem eigenen Thread vorstellen soll, oder es im allgemeinen Herzogenberg-Thread erwähnen.

    Das war allerdings bevor ich es gehört hatte und seine Geschichte - die man getrost als Leidensweg bezeichen kann - im Booklet nachgelesen habe.

    Herzogenberg hatte einen Satz des Konzerts geschrieben und ihn an den berühmten Geiger und Komponisten Joseph Joachim, mit dem er befreundet war, inklusive Widmung gesandt, in der Hoffnung, dieser würde ihn dazu ermuntern, das offensichtlich begonnene Konzert zu komplettieren. Aber diese Ermunterung blieb aus. Dennoch vollendete Herzogenberg (glücklicherweise !!!) das Stück. Es wurde an Joachim gesandt.

    Dieser druckste ziemlich lange herum, bevor er damit herausrückte, daß ihm das Werk nicht gefiele. Herzogenberg war zerstört. Er sandte das Werk zur Begutachtung an Brahms (auch ein Bekannter von ihm), der das Paket aber nicht mal öffnete. Schließlich gelang es Herzogenberg, der von dem Werk (IMO zu Recht) überzeugt war, ein Treffen mit Joachim zu erreichen, wo man das Werk gemeinsam durchsah und verbesserte. Obwohl Widmungsträger, spielte Joachim das Werk nie (was bei ihm keine Seltenheit war). Joachim versuchte dann andernorts eine Aufführung zu erreichen. Ob dieser Versuch von Erfolg gekrönt war ist nicht überliefert.

    Nun fragt man sich: Wie klingt dieses ungeliebte Kind ?

    Herzogenberg gibt vielleicht einen Hinweis darauf, was damals das Desinteresse von Joachim hervorgerufen haben könnte:

    Er habe, so schrieb er, "dem musikalisch Ausdrucksvollen vor dem technisch Interessanten" den Vorzug gegeben.

    Etwas das IMO nicht zu überhören ist. Das Werk ist klangschön mit warmem fülligen Klang, aber niemals dick oder knallig, sondern harmonisch ausgewogen, brilliant, aber nicht übervirtuos, mit einem sanften Anklang an Brahms (was diesem vermutlich gar nicht recht war) und eindeutig dezenter als Joachims eigene Violinkonzerte. Extreme wird man vergeblich suchen.

    In der Schönheit kann sich das Konzert durchaus mit den Konzerten von Mendelssohn und Bruch messen und es ist mir unverständlich wieso es nicht früher entdeckt wurde.

    Es findet sich alles drin was vom Publikum des 19 Jahrhunderts goutiert wurde....

    Das Werk ist dreisätzig und hat eine Spieldauer von ca 32 Minuten.


    1) Allegro

    2) Andante sustenuto

    3) Allegro


    Es ist Herzogenbergs einziges überliefertes Konzert, zwei weitere, ein Klavier - und ein Cellokonzert - sind verschollen.....




    mfg aus Wien

    Alfred


    Jeder, der versucht aus der großen Herde, die da heißt ›Gesellschaft‹, auszubrechen, ruft das Mißfallen der Herde hervor.

    Francesco Petrarca (1304-1374)