WOLF, Ernst Wilhelm: PASSIONSORATORIUM

  • Ernst Wilhelm Wolf (1735-1792):
    PASSIONSORATORIUM

    (Jesu, deine Passion will ich jetzt bedenken)
    Oratorium in zwei Abteilungen - Libretto von Ludwig Karl Schmidt.


    Besetzung:
    Soli: Sopran, Alt, Tenor, Bass

    Chor: Sopran, Alt, Tenor und Bass

    Instrumentalensemble:

    Flöte, Oboe, Horn, Violine I und II, Viola, Violoncello, Kontrabass und Orgel.


    Das Oratorium wird eröffnet mit dem Choral

    Jesu, deine Passion will ich jetzt bedenken;
    wollest mir vom Himmelsthron Geist und Andacht schenken.
    In dem Bilde jetzt erschein, Jesu, meinem Herzen,
    wie du, unser Heil zu sein, littest alle Schmerzen.

    Der Choraltext stammt von Sigmund von Birken, die Melodie von Melchior Vulpius.

    Ernst Wilhelm Wolf geht in diesem Passionsoratorium einen anderen Weg, als ihn Schütz oder auch Bach eingeschlagen haben. Während die älteren Meister in ihren Werken den Bibeltext vertonen, entfernte sich Wolf, der Protegé von Carl Philipp Emanuel Bach, von dieser Methode und vertonte den freien Text des Dichters Ludwig Karl Schmidt. Wolf ist musikalisch schon als ein Vertreter der Frühklassik wahrzunehmen.


    Die hier vorgelegte Passionsmusik hat Wolf in den Jahren seiner Studienzeit komponiert, es aber nie veröffentlicht. Der Text von Ludwig Karl Schmidt geht von einer Auswahl der in der Bibel erzählten Szenen aus und Ernst Wilhelm Wolf schreibt eine Musik, die weniger die Empörung über Jesu schmerzlichem Tod zum Ausdruck bringt, sondern das Kontemplative in den Vordergrund rückt und damit zu einer fast schon Optimismus ausstrahlenden Stimmung kommt. Insofern muss man feststellen, dass Wolf von Johann Gottlieb Grauns und Karl Wilhelm Ramlers Oratorium „Der Tod Jesu“ inspiriert wurde, dem meistgespielten Oratorium des 18. Jahrhunderts, das er nach eigenem Geständnis sogar auswendig lernte.


    Der Untertitel seiner Passionsmusik (Jesu, deine Passion, will ich jetzt bedenken) ist die erste Zeile des Eröffnungschorals, die, wie in Bachs Passionen, als Kommentar fungieren. Auffällig ist, dass Wolf sehr einfache Harmonien schreibt, was vielleicht der Tatsache geschuldet ist, dass die Gemeinde die über das Oratorium verstreuten Choräle mitgesungen hat, was bei Bach übrigens nicht praktikabel gewesen wäre.


    Die vier geforderten Gesangssolisten sind in diesem Oratorium als Kommentatoren zu denken, die das Geschehen, das in den Rezitativen - Secco oder Accompagnati - berichtet wird. Die Arien, Duette und Chöre sind von Wolf in der A-B-A-Form konzipiert, wobei der B-Teil zum A-Teil in Tempo, Taktart, aber auch in der Orchestration kontrastiert.

    Der Höhepunkt ist zweifellos das vorletzte Stück, das abwechslungsreich mit Rezitativen, Soli und Chören den Schlusspunkt des Oratoriums setzt. In Rezitativen und Soli für alle Stimmen, die in Arien, aber auch in Kanons gesetzt sind, und Chören, die neben Chorälen auch freie Texte interpretieren. Ein weit ausladendes Kompendium aller musikalischen Spielarten, die das Passionsgeschehen vom Gang nach Golgatha bis zum Kreuzestod abbildet.

    Der Schlussgesang dieses Oratoriums ist ein vierstimmiger, einfach gesetzter Gebetschor, in dem Jesu Tod am Kreuz als ein tiefer Schmerz empfunden, aber auch ein Trost für jede Seele sein soll, denn Jesu Blut macht die Herzen der Menschen rein.


    © Manfred Rückert

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    MUSIKWANDERER

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    Hat den Titel des Themas von „FRANCK, César: LES BEATITUDES“ zu „WOLF, Ernst Wilhelm: PASSIONSORATORIUM“ geändert.