ADAMS, John: DOCTOR ATOMIC

  • John Adams (*1947):
    DOCTOR ATOMIC

    Oper in zwei Akten

    Libretto von Peter Sellars

    Originalsprache: Englisch.


    Uraufführung am 1.Oktober 2005 in der San Francisco Opera.


    Die Personen der Handlung:

    J. Robert Oppenheimer, US-Physiker deutscher Herkunft (Bariton)

    Kitti, seine Frau (Sopran)

    General Leslie R. Groves (Bass)

    Edward Teller, US-Physiker ungarischer Herkunft (Bass)

    Jack Hubbard, Meteorologe (Bariton)

    Robert Wilson, Physiker und Idealist (Tenor)

    Captain James Nolan (Bariton)

    Pasqualità, Kindermädchen (Alt)

    Leutnant Bush (Tenor)

    Ein Bube

    Tänzer

    Kinder

    Chor / Statisterie: Dienstboten, Soldaten, Männer und Frauen.


    Ort und Zeit: Los Alamos, New Mexico/USA, im Jahre 1945.


    Vorbemerkung.

    In den Forschungslaboren von Los Alamos in New Mexiko wurde ein geheimes Projekt der US-Regierung gestartet, das General Groves, der militärische Leiter des Projekts, „Manhatten-Projekt“ bezeichnete, und das nichts anderes ist, als die Entwicklung der Wasserstoff-Bombe. Die Verantwortlichen in Washington hatten das Projekt angestoßen, weil die Geheimdienste von den Plänen der Nazis und der Japaner berichteten, in die Entwicklung der Atombombe zu investieren. Das Resümee dieser Berichte war düster: Die Achsenmächte Deutschland und Japan wären dann in der Lage, das Kriegsgeschehen zu dominieren - und das musste unbedingt verhindert werden. Die Folge war in Los Alamos hoher Arbeitsdruck bei den Wissenschaftlern.


    Erster Akt.


    1.

    Die Wissenschaftler stehen vor einem ethischen Konflikt: Der Physiker Edward Teller sieht sich schon mitschuldig am Tode unschuldiger Menschen, wenn er weiter an der Forschung einer Kernwaffe von ungeahnter Zerstörungskraft mitwirkt.


    Ganz anders ist sein Kollege Julius Robert Oppenheimer gestrickt: Der Physiker mit deutschen Wurzeln sieht in seiner Arbeit kein Problem und informiert Teller, dass die Entscheidung der US-Regierung in Washington zugunsten der Entwicklung der Kernspaltungs-Bombe endgültig gefallen sei und nicht, wie es Teller bevorzugt hätte, der Kernschmelzung.


    Edward Teller gibt aber nicht auf. Er legt Oppenheimer einen Brief seines Kollegen Leo Szilard vor, der von den Wissenschaftlern fordert, politisch-moralische Verantwortung für die Atombombe zu übernehmen. Das aber ist für J. Robert Oppenheimer keine Option, denn sein Argument lautet, dass die Politiker in Washington zu entscheiden hätten.


    Als Oppenheimer zu Ohren kommt, dass auch der junge Physiker Robert Wilson quer schießt, weil er fordert, dass man ein Kolloquium zum Thema Der Einfluss der Bombe auf die Zivilisation abhalten solle, greift er ein und untersagt das „Gespräch“. Trotzdem beharrt Wilson darauf, dass man das Kaiserreich Japan nicht ohne Vorwarnung atomar beschießen dürfe. Oppenheimer vertritt jedoch wiederum eine andere Auffassung: Er meint, dass nur ein überraschender Angriff den gewünschten abschreckenden Effekt erzielen würde. Im übrigen hätte das Pentagon auch bereits so entschieden. Der Test der Wasserstoff-Bombe müsse wie geplant stattfinden.


    2.

    In der Ehe von Julius Robert Oppenheimer und seiner Frau Kitty kriselt es; die Ehepartner finden keine gemeinsame Linie mehr. Kitty hat resignierend resümiert: Die, die am sehnlichsten den Frieden wünschen, setzen ihr Leben für den Krieg ein.


    3.

    Die Natur greift in den von Menschen geplanten Test der Atom-Bombe ein: In der Nacht vom 15. auf den 16. Juli soll, wie der Wetterdienst mitteilt, ein großes Unwetter über dem Testgelände niedergehen und damit, zumindest vorläufig, den Test verhindern.


    Auch General Leslie R. Groves und der ihm zur Seite stehende, aber nicht unterstellte Meteorologe Jack Hubbard streiten sich über den richtigen Zeitpunkt des Bomben-Testes. Der General besteht auf einer genauen Wetter-Vorhersage. Der Test wird in der Folge auf 05.30 verschoben.


    Die psychische Situation der unterschiedlichsten Personen sind auch unterschiedlichster Art: Der Armeearzt James Nolan beispielsweise warnt vor dem atomaren Fallout bei der Explosion und dessen gesundheitliche Auswirkungen auf die nahe am Experiment arbeitenden Menschen. Die meisten Wissenschaftler stellen eine nervliche Anspannung fest: Etliche erwarten einen Erfolg und sind darum zum Jubeln bereit; andere befürchten ein Desaster und wollen deshalb zumindest innerlich jubeln. Auf jeden Fall ist die nervliche Anspannung der Wissenschaftler kritisch zu sehen.


    General Groves bleibt dabei, er sieht im Wetter über dem Testgelände das Hauptproblem. Physiker Oppenheimer muss seine innerlichen Konflikte allein ausfechten: Zerschlage mein Herz, dreifaltiger Gott, sagt er zu sich.


    Zweiter Akt.


    1.

    In dieser Nacht des Bomben-Tests hat Kitty Oppenheimer eine Vision von Auferstehung nach dem Tod, aber auch von Krieg und Leben: Ich sage nun, dass der Geist jenen Frieden braucht, der Frieden ist, nicht das Ausbleiben des Krieges, sondern die wilde, stetige Flamme.


    Orchesterzwischenspiel: Regen über den Sangre de Cristo Bergen.


    2.

    Es ist der 16. Juli 1945 und gerade Mitternacht. Wie vom Wetterdienst angekündigt ist das Unwetter aufgezogen und Meteorologe Hubbard und Physiker Wilson treffen sich genau um diese Zeit, um letzte Vorbereitungen zum Test der Bombe zu treffen. Der Zuschauer bemerkt jedoch, dass beide Angst vor dem Test und deren Folgen haben.


    Militärs und Forscher haben Los Alamos, das meilenweit vom Testgelände entfernt liegt, verlassen. Kitty Oppenheimer beschäftigt sich mit dem Kindermädchen Pasqualità, indem sie ihr ein Lied vom Frieden vorsingt. Ihr sieben Monate altes Mädchen wird unruhig, weshalb das Kindermädchen ein Wiegenlied anstimmt.


    General Groves sorgt sich um die politischen Folgen in Washington, wenn es zu einer weiteren Verschiebung des Tests kommt. Teller versucht erneut, Oppenheimer seine Bedenken dergestalt, dass die Bombe eine viel größere Kraft entfalten könnte als bisher angenommen, nahezubringen. Und so angesprochen zu werden nimmt Oppenheimer dem Kollegen Teller übel und weist ihn deutlich in die Schranken. Hubbard teilt mit, dass es Aussicht auf Wetterbesserung am frühen Morgen gibt. Der Test auf 05.30 Uhr wird von den Verantwortlichen bestätigt.


    3.

    Im Angesicht der unwiderruflich verrinnenden Zeit bis zur Explosion erleben alle Beteiligten ihre persönlichen Visionen, Ängste und Hoffnungen. Darunter auch Stimmen, die vor erdatmosphärischen Störungen warnen.


    4.

    Fünf Minuten vor dem Test-Start endet der Regen tatsächlich und der Himmel klart auf. Alles ist bereit. Oppenheimer bekommt plötzlich schreckliche Visionen: Herr, diese Dinge liegen schwer auf dem Herzen.


    Die Bombe explodiert bei Zero minus one…


    © Manfred Rückert

    unter Hinzuziehung des Klavierauszugs aus dem Verlag Boosey & Hawkes

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