Briefmarke der Portugiesischen Post CTT zu Ehren von Francisco de Lacerda
Francisco Inácio da Silveira de Sousa Pereira Forjaz de Lacerda wurde am 11. Mai 1869 in São Tiago da Ribeira Seca, Kreis Calheta, auf der zu Portugal gehörigen Azoreninsel São Jorge als Sohn von João Caetano de Sousa e Lacerda und Maria da Silveira de Sousa e Lacerda. Seine Eltern gehörten angesehenen azoreanischen Familien an. Bereits mit vier Jahren begann seine musikalische Laufbahn, als ihm sein Vater das Klavierspiel nahebrachte. Er besuchte die Schule auf São Jorge sowie im deutlich größeren Angra do Heroísmo auf der weiter östlich gelegenen Insel Terceira. Entgegen landläufiger Annahme, gab es dort ein reiches kulturelles und musikalisches Leben. Lacerdas erste beide Kompositionen datieren auf 1886: "Uma garrafa de cerveja" für Klavier, das Orchesterwerk "Fanfarra" sowie eine Orchestrierung des Marsches "Tristezas da minha alma" von Pedro de Alcântara, seines Musiklehrers in Angra. 1888 ging er aufs Festland nach Porto, wo er zunächst ein Studium der Medizin anstrebte, dieses aber bald zugunsten einer vollumfänglichen Beschäftigung mit der Musik aufgab. Er nahm Klavierstunden bei António Soler, der ihn zu weiteren Studien in Lissabon animierte, wo er bei António Vieira am Conservatório Real ab 1889 Klavier, Harmonie, Solfeggio (Tonlehre), Italienisch und Vokalensemble studierte. Kurz nach seinem Abschluss wurde er selbst Lehrer für Klavier am Konservatorium. Am 30. August 1892 ehelichte er Isaura Roquette de Campos Soares. Nachdem er 1895 sein erstes Stipendium vom portugiesischen Staat erhalten hatte, zog Lacerda nach Paris, wo er seine Studien bei Péssard (Harmonie), Bourgault-Ducoudray (Musikgeschichte), Libert (Kontrapunkt) und Widor (Komposition, Orgel) fortsetzte. Ab 1897 gehörte er der Schola Cantorum (in der Tradition Francks) an und vertiefte seine Orgelkenntnisse bei Guilmant, beschäftigte sich mit Alter Musik bei Bordes und d'Indy. Bei letzterem intensivierte er seine Fähigkeiten hinsichtlich der Komposition und eignete sich Kenntnisse der Orchesterleitung an. In der Folgezeit feierte er große Erfolge, zumal als Dirigent, und amtierte als erster Direktor der von ihm 1907 ins Leben gerufenen Association des Concerts Historiques de Nantes. Lacerda erwarb sich internationales Ansehen als ausgezeichnter Musiker, nahm sich der Restauration portugiesischer Orgeln an und beschäftigte sich mit der frühen und Volksmusik seines Landes. Neben seiner Tätigkeit als Komponist, Dirigent und Pianist trat er als Dichter, Dozent, Essayist, Musikethnologe, Orchestrator und Maler in Erscheinung. Er stand im Austausch mit wichtigen Persönlichkeiten der internationalen Musiklandschaft und war etwa mit Ernest Ansermet befreundet. Nach dem Tode seines Vaters im Jahre 1913 und aufgrund seiner eigenen angeschlagenen Gesundheit zog es ihn zurück auf die Azoren, wo er den Ersten Weltkrieg und die ersten Nachkriegsjahre verlebte. In dieser Zeit widmete er sich gerade auch der Tradition azoreanischer Musik. 1921 kehrte er ins kontinentale Portugal zurück, wo er sich durch verschiedene Aktivitäten abermals ins öffentliche Leben einbrachte. 1923 gründete er in Lissabon die Gesellschaft "Pro Arte" und das Orquestra Filarmonia. Sein körperlicher Verfall beschleunigte sich Ende der 1920er Jahre und führte zu seinem sukzessiven Rückzug nach Vila Pouca de Aguiar, ins Sanatório de Paredes de Guardão sowie auf die Insel Madeira. Am 17. Juni 1934 verstarb Francisco de Lacerda 65-jährig in der Hauptstadt Portugals an den Folgen einer jahrelangen Tuberkuloseerkrankung. Neben zahlreichen anderen Auszeichnungen und Ehrungen erhielt er die Mitgliedschaft in der französischen Ehrenlegion (als Kommandeur) sowie 1918 die Medalha de Serviços Distintos für seine Anstrengungen in der Bekämpfung der Spanischen Grippe. Die Kreisstadt Calheta auf São Jorge eröffnete 1991 ein ihm gewidmetes Museum.
Burg Almourol, Vila Nova da Barquinha, Portugal
Die Zahl von Lacerdas eigenen Kompositionen ist überschaubar, was nicht zuletzt auf seine mannigfaltigen anderen Verpflichtungen zurückzuführen ist. Seine Werke erfreuten sich bester Rezeption. Anerkennende Worte gab es etwa von seinem Komponistenkollegen Claude Debussy. Lacerdas orchestrales Œuvre beschränkt sich auf wenige Stücke, von denen "Almourol" von 1926 das bedeutendste darstellt. Im Zentrum dieser Tondichtung steht die Burg Almourol auf der gleichnamigen kleinen Insel inmitten des Flusses Tejo bei Vila Nova da Barquinha. "Pantomime - d'un ballet" [Pantomime - eines Ballets] beschreibt klangvoll eine dramatische Handlung. "Dans de le clair de la lune" [Im Mondschein] zeichnet sich durch dunkle Klangfarben aus. "Épitaphe - Sur la tombe d'un héros" [Epitaph - Auf dem Grabe eines Helden] schließlich, ein kleines Juwel, wurde in den 1970er Jahren von Filipe de Sousa wiederentdeckt. Einige seiner "Trovas" (Volkslieder) für Gesang und Klavier orchestrierte der Komponist. Daneben schrieb er eine Bühnenmusik zu Maurice Maeterlincks "L'Intruse" [Der Eindringling] und Stücke für Orgel, Klavier, Gitarre und Trios sowie Streichquartette. Lacerdas Musik weist einen impressionistischen Tonfall auf, der in der Tradition von Franck, Debussy, Fauré, Ravel und Poulenc steht. Fraglos war Francisco de Lacerda der bedeutendste klassische Komponist vom Azoren-Archipel.
Associação Francisco de Lacerda: https://franciscodelacerda.com/
Ruine des Wohnhauses von Lacerda, Fajã da Fragueira, Ribeira Seca, Insel São Jorge, Azoren
Denkmal im Jardim Francisco de Lacerda, Calheta, Insel São Jorge, Azoren
Folgende Orchesterwerke Lacerdas wurden bislang eingespielt:
"Almourol"
"Pantomime - d'un ballet"
"Dans le clair de la lune"
"Épitaphe - Sur la tombe d'un héros"
14 orchestrierte "Trovas"
Elvira Archer, Sopran
Budapester Philharmonisches Orchester
Dirigent: János Sándor
Aufnahme: Hungaroton Studio, Budapest, 2.-6. Juni 1986
CD Portugalsom PS 5004 (2006)
Barcode: 5603559050042
"Almourol"
"Pantomime - d'un ballet"
"Dans le clair de la lune"
"Épitaphe - Sur la tombe d'un héros"
Orchester der Baltischen Philharmonie, Danzig
Dirigent: Mário Mateus
Aufnahme: Baltische Philharmonie, Danzig, April 2003
CD DUX 0461 (2004)
Barcode: 5902547004617