ULLMANN, Viktor: DER KAISER VON ATLANTIS

  • Viktor Ullmann (1898 – 1944)



    DER KAISER VON ATLANTIS


    oder Die Todverweigerung


    Spiel in einem Akt op. 49



    Libretto: Peter Kien (1919 – 1944)
    Entstehung: 1943 - 1944
    Uraufführung der "originalen" Niederschrift: 1989, Berlin
    Uraufführung der quellenkritischen Neuausgabe: 22.04.1992, Saarbrücken
    Dirigent: Mark Pinzow
    Verlag: Edition Schott, Mainz
    Dauer: ca. 60 Minuten



    Personen:


    Kaiser Overall - Bariton
    Der Lautsprecher - Bass
    Der Tod - Bass
    Harlekin - Tenor
    Ein Soldat - Tenor
    Bubikopf, ein Soldat - Sopran
    Der Trommler - Mezzosopran / Alt



    Orchester:


    1 Flöte (auch Piccoloflöte)
    1 Oboe
    1 Klarinette in B
    1 Alt-Saxophon in Es


    1 Trompete in C


    Kleine Trommel
    Becken (hängend)
    Triangel
    Tamtam (groß)


    Tenor-Banjo (auch Gitarre)


    Cembalo (auch Klavier)
    Harmonium


    1 Violine I
    1 Violine II
    1 Viola
    1 Violoncello
    1 Kontrabass (mit 5. Saite)



    Handlung:


    Prolog (Melodram)


    Der Lautsprecher stellt die einzelnen Personen der Oper vor.


    „Hallo, hallo!
    Sie hören jetzt: Der Kaiser von Atlantis, eine Art Oper in vier Bildern.“


    Bild I


    Irgendwo


    Harlekin und Tod beklagen, dass die Menschen das Lachen verlernt haben und den Tod nicht mehr ehren.


    "Hörst du, wie sie mich höhnen?
    Die Seelen nehmen kann nur ich! Die Fahnen vorantragen!
    Meine große Vergangenheit!
    Eure große Zukunft!"


    Der Tod findet sich verhöhnt und zerbricht sein Schwert: Die Menschen können von nun an nicht mehr sterben.


    "Ich mache die Zukunft der Menschen groß und lang!"


    Bild II


    Im Kaiserpalast


    Der Kaiser stellt fest, dass die Hingerichteten nicht sterben und verkündet seinen Untertanen, dass sie ihm das Geheimmittel zum ewigen Leben zu verdanken haben.


    "Wir, Overall, der Einzige, schenken unseren verdienten Soldaten ein Geheimmittel zum ewigen Leben."


    Bild III


    Im Krieg aller gegen alle


    Da die Menschen einander nicht mehr umbringen können, ruhen die Waffen. Ein Mädchen und ein Soldat begegnen sich wieder als Menschen.


    "Drücken nicht die schweren Waffen deine zarten Schultern wund!
    Ich will's nicht, du sollst nicht leiden, schau, die Welt ist hell - und bunt."


    Bild IV


    Im Kaiserpalast


    Harlekin beschwört Kindheitserinnerungen des Kaisers. Der Tod verspricht Erlösung, wenn der Kaiser als erster zu sterben bereit ist.


    "Ich will versöhnt sein, wenn du das Opfer bringen kannst, als erster den neuen Tod zu leiden."


    Epilog


    Bubikopf, der Trommler, Harlekin und der Lautsprecher huldigen den Tod, der die Menschen vom Leid erlöst.


    "Komm Tod, du unser werter Gast,
    in unsers Herzen Kammer.
    Nimm von uns Lebens Leid und Last,
    führ uns zur Rast nach Schmerz und Jammer."



    Über das Werk:


    Die Oper „Der Kaiser von Atlantis“ entstand 1943 im KZ Theresienstadt für ein im Lager gegründetes Kammerensemble. Das Stück wurde zwar im Lager geprobt, die Uraufführung schließlich jedoch untersagt. Bei seiner Deportation nach Auschwitz übergab Ullmann sämtliche im Lager entstanden Kompositionen seinem Mithäftling Utiz, so auch das zahlreiche Striche und verschiedene, teils geschwärzte Textvarianten aufweisende Autograph der Oper sowie eine handschriftliche und eine maschinenschriftliche Fassung des Textbuchs. Diese Quellen entgingen so der Vernichtung.


    Das Stück, zunächst als Legende bezeichnet, wird vom Komponisten in seiner Partitur als „Spiel in einem Akt“ charackterisiert. Ullmann übernimmt einzelne Partien des Textes in gesprochenem Modus als Dialoge ohne Musik, andere als Rezitative. Die Musiknummern sind in der Regel relativ kurz; die Formbildung reicht vom Melodram des Prologs bis zur großen Arie.


    Die erste Aufführung, die so eng wie möglich an der originalen Niederschrift ausgerichtet war, fand 1989 in der Neuköllner Oper statt. Die Uraufführung der quellenkritischen Neuausgabe fand am 22.04.1992 am Saarländischen Staatstheater Saarbrücken statt.



    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht