Lieber Alfred,
etwas weiter oben greifst Du die Kleinschreibung an. Darf ich Dich ganz vorsichtig darauf hinweisen, daß diese nicht zwangsläufig ein Ausdruck moderner Gesinnung ist? Es könnte ja auch ein extrem geschichtsbewußtes Gedankengut dahinterstecken, immerhin wurde bis zum Barock alles klein geschrieben. Und die Brüder Grimm, wahrscheinlich die besten Germanisten der gesamten Sprachgeschichte, plädierten in ihrem Wörterbuch ebenfalls für die Kleinschreibung.
Aber das nur am Rande.
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Ratlos macht mich das Zitat von Widor (übrigens auch Kleinschreibung, hier aber wahrscheinlich willkommener aus inhaltlichen Gründen... :D) :
Zitatbei dieser ganzen "abhärtung" stellt sich natürlich auch die frage, wie die (vor allem klassikinteressierten) jugendlichen auf moderne musik (ich sage einfach mal alles ab messiaen) reagieren mögen. ich kenne es von mir und auch anderen meines alters, die musik machen, dass cluster und alles, was in die richtung geht, nichts besonderes oder für's ohr ungewöhnliches darstellen und sich daraus auch natürlich auch ein ganz anderes hörgefühl entwickelt.
Messiaen verwendet Cluster.
Bartók verwendete schon vor Messiaen Cluster.
Die Komponisten nach Messiaen verwenden eher keine Cluster.
Welche Akkorde gehen in die "Richtung" Cluster?
Wenn ein Komponist wie etwa Henze kaum je Cluster verwendet (und wenn, dann fast ausschließlich als Farbwert innerhalb eines relativ strengen Satzes) - geht das dann in Richtung Cluster oder eher in Richtung Bach? Und ist das jetzt gut anhörbar, schlecht anhörbar oder gar nicht anhörbar.
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Was mich mit der Zeit wirklich nervt, sind diese Diskussionen, die merklich ohne Kenntnis der jeweiligen Komponisten und Werke geführt werden. Alles, was nach Messiaen (beliebigen anderen Namen bitte selbst einsetzen) komponiert wurde, wird über einen Leisten gehauen und - natürlich - verurteilt. Das Äquivalent wäre, wenn ich sagte: "Bach, Beethoven, Verdi, alles der gleiche Quargel, nix als Tonarten".