Mozart und die Freimaurer

  • Lieber Ulli


    Denke ich nicht. Obwohl Mozart den Klang von Klarinette und Bassetthorn sehr schätzte, ist mehr im Stück verborgen. Da hat es Dissonanzen und ihre Auflösung, die mir auffallen. Dur- und Mollwechsel, wie das ineinander verwoben ist, ich kann mich daran nicht satt hören.

    Walter Benjamin hatte auf seiner Flucht einen Koffer bei sich. Was würdest du in deinen Koffer packen? Meiner ist gepackt.



  • Da hat es Dissonanzen und ihre Auflösung, die mir auffallen. Dur- und Mollwechsel, wie das ineinander verwoben ist, ich kann mich daran nicht satt hören.

    :thumbup:

    Man muß nur den Schuh umdrehen, dann wird ein Spieß daraus.
    (Johann König)

  • Die Familie von Thun – Zwischen Aufklärung, Esoterik und Musikförderung

    In meiner Büchersammlung befindet sich ein besonderes Werk, das vielleicht auch für einige im Forum von Interesse sein könnte:

    „Aufklärung oder Illuminismus?“ – Die Enzyklopädie des Grafen Franz Josef Thun, verfasst von Ivo Cerman.

    Das Buch erschien 2015 als Band 82 der renommierten Reihe Contubernium im Franz Steiner Verlag.


    Franz Josef Graf von Thun (1734–1801) und seine Frau Maria Wilhelmine (1744–1800) sind vor allem als bedeutende Förderer Wolfgang Amadeus Mozarts in Erinnerung geblieben.

    Mozart selbst nannte den Grafen den „sonderbaren Cavalier“. Hinter dieser Formulierung verbarg sich ein vielschichtiger Charakter: Während seine Zeitgenossen ihn primär als Geisterbeschwörer, Magnetiseur und Esoteriker wahrnahmen, war er zugleich ein gebildeter Adeliger mit starkem Interesse an Philosophie, Natur- und Geistesgeschichte.


    Im Jahr 2009 wurde im Familienarchiv Thun-Hohenstein ein bislang unbekanntes Manuskript entdeckt: eine private Enzyklopädie, in der der Graf seine Gedanken über Kosmos, Mensch, Gesellschaft und Revolution niederschrieb.


    Der Historiker Ivo Cerman erschloss und kommentierte diese Quelle in seinem Buch – und stellt sie in den Zusammenhang des sogenannten Illuminismus, einer esoterisch geprägten Spielart der Aufklärung.


    Dank dieser Entdeckung wird deutlich, wie stark die geistigen Strömungen der Zeit – zwischen Vernunftglauben, Mystik und gesellschaftlicher Reform – ineinandergriffen.


    Cerman, 1976 geboren, lehrt Neuere Geschichte an der Südböhmischen Universität in České Budějovice. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf der Adelskultur sowie auf der Philosophie- und Bildungsgeschichte Mitteleuropas.

    Die Familie Thun – Eine lange Tradition von Einfluss, Bildung und Kunstförderung

    Die Familie von Thun entstammt ursprünglich dem südtirolerischen Castelfondo und entwickelte sich seit dem 12. Jahrhundert zu einem weitverzweigten Adelsgeschlecht mit großem Einfluss im Heiligen Römischen Reich. Bereits 1495 erhielt sie den erblichen Reichspanierherrenstand, 1604 den Freiherrenstand, und 1629 wurde sie in den Reichsgrafenstand erhoben.

    Mehrere ihrer Mitglieder wirkten als Fürstbischöfe oder Erzbischöfe – etwa in Passau, Salzburg, Trient, Gurk und Seckau – und spielten damit auch eine zentrale Rolle in kirchlichen, politischen und kulturellen Belangen.


    Johann Ernst Graf von Thun (1643–1709) war ein besonders prägender Fürsterzbischof von Salzburg. Er setzte bedeutende architektonische und bildungspolitische Akzente – etwa durch die Errichtung der Felsenreitschule, der Pferdeschwemme und zahlreicher Kollegien. 1701 stiftete er den Rupertiorden. Zwar hatte er – wie schon sein Halbbruder Guidobald von Thun – wenig Neigung zur Musik jenseits ihrer kirchlichen Funktion, dennoch kam es während seiner Regentschaft zu einer kurzen Blüte höfisch-repräsentativer Opernpflege in Salzburg, an der auch Heinrich Ignaz Franz Biber beteiligt war.


    Jakob Maximilian Graf von Thun (1681–1741), sein Verwandter zweiten Grades, war von 1709 bis 1741 Bischof von Gurk und ein ausgesprochener Musikliebhaber. Ihm wurde 1709 eine Vespersammlung von Benedikt Anton Aufschnaiter gewidmet. Auch sein Neffe Joseph Maria Graf von Thun (1713–1763), später Bischof von Gurk und Passau, setzte sich für Musik und Theater ein.

    Johann Joseph Franz von Thun und seine Familie – Förderer Mozarts

    Die Musikbegeisterung setzte sich in der nächsten Generation fort:

    Johann Joseph Franz Graf von Thun (1711–1788), ein direkter Vorfahr Franz Josefs, war nicht nur Mäzen, sondern auch Gastgeber zahlreicher musikalischer Soireen. In seinem Prager Palais entstand das sogenannte „Thunsche Theater“, das zwischen 1735 und 1794 bestand. Er unterhielt eine eigene Kapelle, zu der Musiker wie Jan Václav Stich und Christoph Schimke gehörten, und veranstaltete regelmäßig Hauskonzerte in Linz.


    Wolfgang Amadeus Mozart war mit der Familie persönlich verbunden: Bereits im Oktober 1762 spielte er im Palais des Grafen in Wien. Bei späteren Reisen nach Linz (1783) und Prag (1787) war er erneut dort zu Gast – wahrscheinlich verdankt die berühmte Linzer Symphonie (KV 425) diesem Aufenthalt ihre Entstehung. Auch in Briefen von Leopold Mozart wird die Familie mehrfach erwähnt; alle elf Kinder des Grafen kannten die Familie Mozart.

    Franz Josef Graf von Thun – Zwischen Mystik und Musik

    Franz Josef, der Sohn Johann Josephs, war eine außergewöhnliche Gestalt der Spätaufklärung. Er beschäftigte sich intensiv mit Esoterik und Magnetismus und wurde in den 1780er Jahren Mitglied der Freimaurer. Es gilt als möglich, dass er selbst Mozart in die Freimaurerloge einführte – was seinem eigenen mystischen Weltbild entsprach.


    Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Frage nach der mysteriösen Person, die Mozarts Requiem in Auftrag gab. Die populäre Darstellung, Antonio Salieri habe inkognito den Auftrag erteilt, wie es der Film Amadeus nahelegt, entspricht nicht den historischen Tatsachen. Vieles deutet stattdessen darauf hin, dass der Auftraggeber aus dem direkten Umfeld Franz Josefs oder sogar der Familie Thun selbst stammte.


    Mozart war Mitglied zweier Logen, die in einer gewissen Konkurrenz zueinander standen. Beide wollten den berühmten Komponisten exklusiv für sich gewinnen. Diese Konkurrenz war von symbolischem Gewicht – und wurde nicht immer mit ganz „reinen Händen“ ausgetragen. In diesem Licht erscheint die späte Komposition des Requiems auch als Teil einer größeren symbolisch-politischen Auseinandersetzung innerhalb der freimaurerischen Szene Wiens.

    Maria Wilhelmine von Thun – Die still einflussreiche Mäzenatin

    Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf Mozart hatte auch Maria Wilhelmine von Thun, geborene Gräfin von Uhlfeld, Tochter aus dem Hause Lobkowitz.

    Sie war eine musikalisch gebildete Frau, Schülerin von Wenzel Birck, und galt als hochangesehene Gastgeberin in der Wiener Gesellschaft. Ihr Salon war ein Ort des geistigen Austauschs – Musiker, Dichter und Philosophen fanden dort ein offenes Ohr und ein interessiertes Publikum.


    Für Mozart war sie weit mehr als eine bloße Unterstützerin: Sie verschaffte ihm Zugang zu den wichtigsten Kreisen der kaiserlichen Hauptstadt und trug wesentlich zu seinem gesellschaftlichen Ansehen bei.

    "Ὁ βίος βραχύς, ἡ δὲ τέχνη μακρή, ὁ δὲ καιρὸς ὀξύς, ἡ δὲ πεῖρα σφαλερή, ἡ δὲ κρίσις χαλεπή." Ἱπποκράτης