• cd EMI 1998



    London Symphony Orchestra; Antonio Pappano: 3,5 - Eigentlich mag ich ja Pappanos Dirigate, aber hier hat er sich offensichtlich im Komponisten geirrt.


    Werther: Roberto Alagna 3 - Die Aufnahme kam schon etwas spät für ihn, und Werther sollte nicht schon weinerlich sein, bevor ihn das Schicksal trifft


    Charlotte: Angela Gheorghiu 3 - Zu puccinesk, zu sehr Primadonna. Charlotte ist keine Butterfly, und wenn sie als Sopran zu sehr in die Tiefe muss, hat sie eine zweite Stimme, was alles sehr uneinheitlich macht. Eine Fehlbesetzung, gegen die auch heftiges Agieren nicht hilft.


    Albert: Thomas Hampson 4 - Sängerisch in Ordnung, aber auch er hat den Puccini-Virus und schmalzt deshalb für meinen Geschmack zu sehr


    Sophie: Patricia Petibon 4,5 - Die einzige, die eine Vorstellung davon zu haben scheint, in was für einer Oper sie sich befindet. Zu schade, dass sie ausgerechnet in der schwächsten der renommierten Aufnahmen steckt.


    Die Übrigen (Bailli, Schmidt Johann u.a.): 4,5 - Bei ihnen findet richtig gute französisische Oper statt, wenn Pappano sie lässt.


    Wertung 22,5/6 = 3,75


    TQ: 4 - Eigentlich nicht schlecht und sehr voll klingend, aber mit merkwürdigen Dynamiksprüngen z. B. im ersten Einsatz Alagnas


    Schon Pappanos MANON hatte bei einem hervorragenden Dirigat eine bedenkliche Neigung in Richtung Puccini, aber hier übertreiben es alle massiv. Das macht aus dieser sehr fragilen Oper, bei der Atmosphäre und Zwischentöne ungeheuer wichtig sind, ein Starvehikel, was ihm - auch wegen der "Traumpaar"-Kalkulation der Besetzung der Charlotte, die schlicht daneben liegt - überhaupt nicht bekommt. Schade um die superbe Sophie Patricia Petibons.


    :hello: Jacques Rideamus


    Links:
    Opernführer: MASSENET Jules: WERTHER
    "Werther" von Jules Massenet

  • cd Philips 1981



    Royal Opera House Covent Garden Orchestra; Colin Davis - 5 (Hier hat Davis eine ähnliche Sternstunde erwischt wie bei seinen TROYENS und dem BENVENUTO CELLINI. Gerade wie er die zarteren Passagen der Partitur zur Geltung bringt, ohne im Dramatischen der Orchesterzwischenspiele übertrieben oder weichlich zu erscheinen, ist vorbildhaft)


    Werther: José Carreras - 4,5 (nur sein recht unidiomatischer Akzent und eine Neigung zur Weinerlichkeit verhindern die Bestnote, aber Tonproduktion und Spiel sind großartig und wären ansonsten absolut rollendeckend)


    Charlotte: Frederica von Stade - 5** (eine hinreißende, wirklich optimale Interpretation. Hier singt keine Tragödin, sondern ein junges Mädchen, dem seine Verantwortung über den Kopf wächst. Diese Sängerin wurde offenbar für Massenet geschaffen - s. a. ihre CENDRILLON und CHERUBIN - , und man möchte meinen, Massenet habe, als er dieses Werk schrieb, Frederica von Stade im Ohr gehabt, wenn er sie sich schon hätte vorstellen können)


    Albert: Thomas Allen - 4,5 (neben der weiblichen Hauptrolle kann man nur schwächer sein, aber man könnte ihm fast glauben, dass Charlotte die Entscheidung zwischen den beiden Männern schwer fällt, so distinguiert singt er, bevor er zum Schluss zum überzeugend Eifersüchtigen wird ohne den Scarpia hervor zu kehren)


    Sophie: Isobel Buchanan - 4 (Tadellos, aber im Vergleich mit der intensiven Gestatung Patricia Petibons deziediert nachrangig. Dennoch ist sie keineswegs eine Schwachstelle der Aufnahme)


    Die Übrigen: 4,5 (Sehr gute Besetzung, ohne dass jemand herausragte.)


    TQ: 4,5 (Tadellos ohne spektakulär zu sein oder sein zu wollen)


    Gesamtwertung: 27,5/6 = 4,58


    Diese Aufnahme war für mich das unübertreffliche Ideal, bis Patricia Petibon bewies, dass man die Sophie noch besser machen kann und ich gegenüber dem doch heftigen Akzent von José Carreras kritischer wurde. Dennoch bleibt die Aufnahme eine optimale und für mich bislang unübertroffene. Es muss nicht jeder der gleichen Meinung sein, aber jeder, der den WERTHER mag und erst recht alle, die damit teilweisae Probleme haben, sollte die Aufnahme kennen. Vielleicht kann sie dem abhelfen, denn ein besseres Plädoyer für die Oper kenne ich nicht.

  • cd EMI 1969



    London Philharmonic Orchestra; Michel Plasson - 4,5 (eine gute Interpretation, die mir aber das Atmosphärische zu sehr zugunsten des Dramatischen vernachlässigt)


    Werther: Alfredo Kraus - 4 (ein nobler, kultiviert gestaltender Sänger, dem ich aber niemals die zum Suizid führende Verzweiflung abnehme. Seine Sprachprobleme sind geringer als die von Carrras, aber auch merklich)


    Charlotte: Tatjana Troyanos - 4 (Für mein Gefähl passt ihr reiches Timbre nicht zu Charlotte, der sie etwas zu Mütterliches gibt, was bei dieser Rolle ohnehin gefährlich nahe liegt. Gesungen ist das aber sehr gut)


    Albert: Matteo Manuguerra - 3,5 (Nicht schlecht, aber er italianisiert mir die Rolle zu sehr)


    Sophie: Christine Barbaux - 3,5 (Unauffällig, aber deshalb auch nicht beeindruckend)


    Die Übrigen: 4,5 (Hervorzuheben wäre Jules Bastin als Bailli, aber alle tragen dazu bei, dass hier tatsächlich eine französische Oper sehr gut aufgeführt wird)


    TQ: 4,5 (Gut gestaffelt, aber nicht so eindrucksvoll wie die Phillips-Aufnahme)


    Gesamtwertung: 24/6 = 4


    Man lasse sich durch die zurückhaltenden Einzelbewertungen nicht täuschen: die Aufnahme gibt einen recht guten Eindruck von der Oper, aber das Bessere und besonders Passende, und das liegt eindeutig bei Davis, ist doch der ärgste Feind des Guten.


    :hello: Jacques Rideamus

  • cd EMI 1968



    Orchestre de Paris; Georges Pretre - 4 (Er folgt der Partitur aufmerksam und engagiert. Zuweilen scheint mir das Dirigat etwas zu routiniert, aber schlecht ist es beileibe nicht, nur eben auch nicht besser als z.B. die Leistung Plassons, der die bessere Technik auf seiner Seite hat. Davis' Leistung erscheint mir deutlich differenzierter und atmosphärischer)


    Werther: Nicolai Gedda - 4,5 (Eine tadellose und enorm idiomatische Leistung. Wenn mir irgendetwas fehlt, dann die Überzeugng, dass hier ein junger Mann von romantischem, verzweifeltem Feuer agiert)


    Charlotte: Victoria de los Angeles - 5 (Besser, differenzierter und letztlich überzeugender kann man das wirklich nicht singen. Wenn mir Frederica von Stade noch einen Tick besser erscheint, dann hat das - neben der sehr wichtigen Prägung durch ihre Einspielung - vor allem mit dem noch wärmeren Stimmcharakter zu tun)


    Albert: Roger Soyer - 4,5 (Er macht an idiomatischer Konsequenz gut, was ihm gegenüber Thomas Allen an Noblesse fehlt. So ist er ebenfalls überzeugend, wenn auch nicht überwältigend)


    Sophie: Mady Mesplé - 4 (Sie eine Schwachstelle der Aufnahme zu nennen, wäre wirklich übertrieben, aber ihre Zwitscherstimme macht die Sophie zu soubrettig. Hätte ich vorher nicht schon Patricia Petibon gekannt, wäre mein Urteil vielleicht etwas positiver ausgefallen)


    Die Übrigen: 4,5 (absolut kompetent und rollendeckend)


    TQ: 4


    Gesamtwertung: 26,5/6 = 4,42


    Als Ganzes ist die Aufnahme keineswegs schlechter als die von Colin Davis, auch wenn der Unterschied in meiner Gesamtwertung das nahe legen könnte. Letztlich gibt der für mich überzeugendere Dirigent den Ausschlag, denn die Qualität der Sänger hält sich, auf das Ganze gesehen, auf extrem hohem Niveau die Wage. Pretre hat die marginal besseren Sänger, Davis das überzeugendere Liebespaar. Der kleine Unterschied in meiner Begeisterung für beide Aufnahmen mag auf das Element der Prägung durch die Davis-Aufnahme zurück zu führen sein, aber wer die Oper kennt und mag, oder von ihren besten Seiten kennen lernen will, sollte eigentlich beide Aufnahmen kennen, denn sie sind der Maßstab, an dem alle anderen gemessen werden müssen.


    :hello: Jacques Rideamus

  • EMI 1968



    Orchestre de Paris; Georges Prêtre - 4,5 (Eine typische Prêtre-Leistung, wenn ich das so ausdrücken darf: kompetent, mit Stil, und sogar durchaus überzeugend - aber für die Höchstnote ist es mir zu wenig beeindruckend.)


    Werther: Nicolai Gedda - 5 (Meine erste Wahl in französischen Opern: so stilsicher und idiomatisch wie er singt kaum ein Tenor nach 1960. Seine Interpretation ist hier wiederum sehr sensibel: sein Werther ein empfindsam-romantisch-schwärmerischer junger Mann, auch leidenschaftlich, aber letztlich zu wenig mannhaft, um über den Dingen zu stehen.)


    Charlotte: Victoria de los Ángeles - 5+ (Der absolute Höhepunkt der Aufnahme: eine nuancenreiche und einfühlsame Interpretation, die kaum zu übertreffen ist! Besonders ihre herausragende Briefszene ist ein Erlebnis!)


    Albert: Roger Soyer - 4 (Tadellos, aber mir bisweilen zu wenig böse. Mein idealer Albert muss das gespaltene Verhältnis zu Werther auch stimmlich zum Ausdruck bringen können.)


    Sophie: Mady Mesplé - 3,5 (Ich mag ihr Stimmchen einfach nicht wirklich, schon gar nicht für die Sophie, aber muss nach nochmaligem Nachhören doch zugeben, dass sie zumindest im zweiten Akt ein paar ziemlich gute Passagen singt...)


    Die Übrigen: 4,5 (auf hohem Niveau und von sehr französischem Gepräge, selbst Brühlmann und Käthchen sind hervorragend! (:D) )


    TQ: 4


    Gesamtwertung: 26,5/6 = 4,42


    Somit komme ich auf das selbe Gesamtergebnis wie Jacques Rideamus, aber mit leicht differierenden Einzelwertungen. Ein großer Vorteil dieser Aufnahme ist, dass alle perfektes Französisch singen und sich bestens mit dem französischen Stil auskennen. Darüberhinaus wäre es zumindest für jeden Fan der französischen Oper ein Versäumnis, das geniale Rollenporträt von Victoria de los Ángeles nicht zu kennen!

  • DVD (TV) Opus Arte 1986



    Prager Sinfonierorchester; Libor Pesek - 4 (eine im Ganzen durchaus werkgerechte, wenn auch gelegentlich arg plakative Darstellung, sieht man von den starken Kürzungen ab, die aber wohl nicht primär Pesek anzulasten sind)


    Werther: Peter Dvorsky - 4,5 (stimmlich einer der überzeugendsten Werthers, der auch eine gute Figur macht, durch die nicht sehr überzeugende Synchronisationsarbeit im Endergebnis des Films aber doch Abstriche in Kauf nehmen muss)


    Charlotte: Brigitte Fassbaender: 5 - (noch eine ideale Charlotte, deren Partie zum Glück fast vollständig erhalten blieb. Überwältigend ihre Darstellung und Schönheit vor allem im ersten Teil)


    Albert: Michal Docolomanský/Hans Helm (Gesang) - 2 (die Kombination aus mittelmäßigem Gesang und total hölzernem Darsteller führt zum eklatanten Totalausfall in einem achtbaren Film)


    Sophie: Magdaléna Vásaryová/Magdéna Hajossyová (Gesang) - 3 (mit den Kürzungen tat man ihr einen Gefallen, denn auch bei ihr überzeugt die Synchronisation der Rolle nicht. Ihre jeweiligen Aufgaben bewältigen Darstellerin und Sängerin aber akzeptabel)


    Die Rollen der Übrigen wurden so drastisch gekürzt, dass ein Vergleich mit den anderen Aufnahmen unfair wäre


    Regie: Peter Weigl - 4,5 (Besonders zu Beginn überzeugen seine Landschaftsbilder als Ersatz für die gestrichenen atmosphärischen Passagen des Originals. Gegen Ende wird er eintöniger, aber da gibt das Libretto auch nicht sehr viel mehr her)
    TQ: 4


    Gesamtwertung: 23/6 = 3,83


    Eigentlich läuft die Aufnahme außer Konkurrenz, denn um einen Spielfilm abzugeben, wurde vor allem im ersten Akt, aber auch sonst derart drastisch gekürzt, dass man die Tonspur schon als besseren Querschnitt bezeichnen muss. Das aber ist er im doppelten Wortsinn, denn die Hauptpartien wurden selten glücklicher besetzt als hier und sind es allein schon wert, diesen WERTHER zu kennen. Der Film sollte also mindestens allen willkommen sein, die sich im ersten Akt langweilen, denn die nunmehr in der Musik fehlende Atmosphäre wurde durch etwas kitschige, aber durchweg adäquate Bildkompositionen recht glücklich ersetzt. Damit gehört der Film fraglos zu den besseren von Peter Weigls nicht immer überzeugenden Opernverfilmungen, ersetzt aber dennoch eine vollständige Aufnahme bzw. Aufführung nur bedingt.


    :hello: Jacques Rideamus

  • cd Erato 1996



    Orchestre National de l'Opéra de Lyon; Kent Nagano - 5** (das beste, weil schlankeste und unsentimentalste und gefühlt auch schnellste Dirigat dieser Oper, das ich kenne. Einzig Colin Davis reicht da noch heran. Man höre sich nur mal den luftigen Schluss des ersten Aktes an, der zart und dramatisch ist, wo nötig, aber nirgendwo verdickt. Da er sich zudem auch nicht zu schade ist, wo angebracht auch dem populistischen Affen Zucker zu geben, wüsste ich nicht, was man da noch besser machen könnte.)


    Werther: Jerry Hadley - 4,5 (Ein wunderbarer Werther, der mit Carreras die Stimmschönheit und Jugendlichkeit teilt, die für mich bei dieser Figur unabdingbar sind, aber mit der Sprache weit besser zurecht kommt. Unarten wie die auch in ihrer relativen Zurückhaltung immer noch überflüssige Tendenz zum Schluchzen etc. trüben den Eindruck geringfügig, aber ohne die wäre er perfekt)


    Charlotte: Anne Sofie von Otter - 5 (noch eine ideale Charlotte, nicht so fragil wie Victoria de los Angeles, nicht so warm wie Frederica von Stade, eher - ähnlich wie Fassbaender - die all zu früh zur Reife gedrängte, junge Frau, aber dafür glaubt man ihr die Gewissenhaftigkeit, mit der sie ihr Versprechen gegenüber der Mutter erfüllt, wie auch die Gewissensqualen. Auch ihre Gesang ist hinreißend - man höre nur ihre Briefarie)


    Albert: Gérard Théruel - 4 (singt tadellos, aber aus der - zugegeben undankbaren - Rolle kann man doch gestalterisch etwas mehr machen)


    Sophie: Dawn Upshaw - 5 (sie schafft es tatsächlich, Patricia Petibon, die noch eine Sur idiomatischer ist, das Wasser zu reichen. Auch hier singt ein junges Mädchen, das mehr Tiefe hat, als man zunächst glauben möchte, und keine Soubrette - und singen tut sie das alles auch hinreißend)


    Die Übrigen: 5 (Ich wüsste kaum, wie man da noch viel besser machen kann, denn wenn die auffäliger großartig wären, würden sie ihre Rollen sprengen)


    TQ: 5 (Für den heutigen Bedarf nach Zimmerlautstärke ist das dynamische Spektrum fast schon zu sehr ausgenutzt, aber das kann man schlecht den Technikern anlasten. Schade nur, dass man den einer Boygroup entlaufenen Leonardo di Caprio-Verschnitt auf die Box gepappt hat, zumal die damit erhofften Teenie-Assoziationen genau das Gegenteil dessen sind, was Nagano anstrebt)


    Gesamtwertung: 28,5/6 = 4,75


    Fast habe ich schon die Befürchtung, zu unkritisch zu sein, denn vom Papierwert her hätte ich die Aufnahme keineswegs an der Spitze erwartet, eher unter den achtbaren, aber zu internationalen Prestigeprodukten. So bin ich froh, die Aufnahme erst nach den bereits besprochenen kennen gelernt zu haben, denn nun kann ich sicher sein, wie vorzüglich alle Beteiligten die besondere Mischung des Werkes aus deutschem Schauplatz und Hintergrund und der französischen Sicht darauf auch im Vergleich mit der stärksten Konkurrenz treffen. Mir ist schleierhaft, warum diese Aufnahme nicht nur nicht viel häufiger gefeiert, sondern so gut wie nie erwähnt wird, bislang auch nicht einmal in Tamino. Der Star der Aufnahme ist fraglos Nagano, den ich allen Konkurrenten mit der möglichen Ausnahme von Colin Davis vorziehe, der aber auch von seiner ganzen Besetzung optimal unterstützt wird. Mit dieser möglichen Einschränkung gilt: trotz der für mich unverzichtbaren Aufnahmen von Davis und Pretre ist diese Aufnahme für mich augenblicklich der Referenz-Werther!


    :hello: Jacques Rideamus

  • DVD TDK 2005



    Orchester der Wiener Staatsoper; Philippe Jordan - 4 (ordentliches Dirigat auf hohem Niveau, aber oft auch etwas pauschal und nicht sehr differenziert in der Dynamik, außer an den ganz dramatischen Stellen, wo er's krachen lässt)


    Werther: Marcelo Alvarez - 4,5 (auf cd wäre es eine 5. Hervorragend und ganz ohne weinerlichen Tonfall gesungen. Dass er meinem Bild von einem Werther so gar nicht entspricht, dafür kann er nichts, und dass er kein Vollblutschauspieler ist, wohl auch nicht. Immerhin bemüht er sich sehr)


    Charlotte: Elina Garanca - 4,5 (ganz hervorragend gesungen und wundervoll gespielt, aber einen Tick zu sehr Tragödin von Anfang an. Der halbe Punktabzug soll Raum dafür lassen, dass sie wahrscheinlich noch mehr Differenzierung drin hat. Mit noch mehr Erfahrung in der Rolle könnte sie aber eine ideale Charlotte sein)


    Albert: Adrian Eröd - 4 (der Gestaltung seiner Rolle bekommt die Regie, die sehr viel hinzu erfindet, enorm, aber rein stimmlich entspricht er mir etwas zu sehr dem drögen Charakter, den er hier spielen soll, so dass die beabsichtigte dämonische Dimension seines Charakters vor allem aus seinen stummen Auftritten resultiert, die ihm der Regisseur reichlich schenkt)


    Sophie: Ileana Tonka - 4 (auch ihr bekommt die DVD besonders gut, denn sie spielt ganz hervorragend, und wird dazu von der Regie geradezu beflügelt. Auf cd wär's aber nur eine 3, denn reinstimmlich ist sie leider etwas dünn und unflexibel)


    Die Übrigen: 3,5 (sie stören nicht, fallen aber erst recht nicht besonders auf, außer durch ein ziemlich unidiomatisches Französisch)


    Regie: Andrei Serban: 4,5 (mit die beste Personenregie, die ich je in einer Operninszenierung gesehen habe, aber die unnötige Verlagerung in die 50er Jahre funktioniert nicht richtig und bringt zu wenig Mehrwert, obwohl Elina Garanca als Wiedergängerin von Grace Kelly höchst attraktiv ist. Nur ist sie das leider in der falschen Rolle und Oper, denn die Charlotte ist alles andere als eine femme fatale. Nicht einmal eine wider Willen. Auch stören mich oft die zu vielen Großaufnahmen der Bildregie, die vor allem Marcelo Alvarez überhaupt nicht gut tun, aber dafür kann Serban nicht unbedingt etwas)


    TQ - 4 (kann ich aber nicht wirklich beurteilen, da ich nur die TV-Aufzeichnung kenne und nicht die DVD).


    Gesamtwertung: 29/7 = 4,14


    Hätte ich diese Aufführung live gesehen, wäre ich wahrscheinlich außerordentlich angetan, wenn nicht gar begeistert gewesen, denn hier wird leidenschaftliche Oper auf höchstem Niveau geboten. Im Vergleich mit den besten Tonaufnahmen gibt es aber doch noch einigen Spielraum nach oben. Dennoch ist dies meine eindeutige Empfehlung für eine DVD des Werkes, und nicht nur, weil die Oper im Gegensatz zu Peter Weigls Film ungekürzt gegeben wird. Diese Aufführung veträgt bestimmt auch ein häufiges Ansehen, vielleicht gewinnt sie sogar noch dabei, denn der Einfallsreichtum der Regie, vor allem aber ihre Liebe zum Detail, die von allen vier Hauptdarstellern rückhaltlos geteilt wird, beeindrucken enorm. Im letzten Akt kommt auch noch eine kongeniale Bildregie hinzu, die allerdings vorher gelegentlich etwas mehr Distanz hätte wahren dürfen.


    :hello: Jacques Rideamus

  • DVD Virgin 2006



    Orchestre National du Capitole de Toulouse; Michel Plasson - 3 (Liegt es an der konzertanten Aufführung, dass er so viel heftiger auftrumpft als auf seiner cd mit Alfredo Kraus? Er kennt - oder erreicht - so gut wie kein Piano, lässt das meiste mittellaut spielen und kennt eigentlich nur eine Variante, nämlich das Fortissimo. Damit macht er aus diesem atmosphärischen Werk eine große Oper, die auf Kosten seiner besonderen Qualitäten zu sehr nach Verdi klingen will)


    Werther: Thomas Hampson - 4 (Man kann verstehen, dass er diese Traumrolle auch als Bariton einmal singen wollte, wenn es schon eine Fassung für seine Stimme gibt, und er macht das auch sehr gut, aber er bleibt durchgängig ein vorzüglicher Sänger, dem man an mancher Überforderung im Volumen anmerkt, dass ihm ein differenzierteres Dirigat wie das von Nagano oder Colin Davis mehr gelegen hätte)


    Charlotte: Susan Graham - 4,5 (Eigentlich steckt auch diese wunderbare Sängerin hier in der falschen Oper, der sie sich ganz anheim gibt, aber sie macht das so grandios, dass ich beim strengsten Willen nur einen halben Punkt Abzug dafür geben kann, dass sie eigentlich die Rolle verfehlt. Prachtvoller kann man die Rolle kaum singen. Gestalterisch aber tut sie wenig mehr als das Notwendigste, und deshalb ziehe ich mindestens de los Angeles, von Stade, Fassbaender und auch Garanca vor. Garancas Auffassung ist zwar sehr ähnlich, aber sie hat den Vorteil, die Rolle ausspielen zu dürfen, was sie mit großer Hingabe macht)


    Albert: Stephane Degout - 3,5 (er macht seine Sache zwar recht gut, aber diese Rolle wird in einer konzertanten Aufführung zur fast unwichtigen Randfigur degradiert)


    Sophie: Sandrine Piau - 3,5 (für sie gilt das Gleiche. Sie singt gut, kommt aber nicht zur Geltung)


    Die Übrigen möchte ich nicht in die Bewertung einbeziehen, denn sie können hier nicht mehr als ordentliche Stichwortgeber sein, was sie gut ausfüllen - aber auch nicht mehr.


    Regie: 4 (Da der Bildregisseur bei dieser konzertanten Aufführung nur bedingte Möglichkeiten hat, kann man ihn dafür loben, das er die Orchesterpartitur gut nachvollziehen lässt und auf überflüssige Mätzchen verzichtet. Nicht mehr, aber zum Glück auch nicht weniger)


    TQ: 4,5 (sehr gute Tonqualität und sauberes Bild)


    Gesamtwertung: 22,5 / 6 = 3,75


    Im Textthread habe ich mich schon über die Sinnhaftigkeit der Aufzeichnung einer konzertanten Aufführung auf DVD ausgelassen. Ohne das Bild wäre meine Beurteilung womöglich etwas negativer ausgefallen, da sich die Aufführung dann mit den regulären Gesamteinspielungen hätte messen lassen müssen und noch störender aufgefallen wäre, dass hier eigentlich ein Missverständnis vorliegt, was die besondere Qualität der Oper angeht. Die superbe Leistung Susan Grahams, aber auch die von Thomas Hampson (und natürlich die Bariton-Fassung) lohnen die Kenntnis der DVD für Fans Massenets, der Oper und der Sänger allemal. Wer aber nur die Oper in einer guten und werkgerechten Einspielung haben will, sollte zu einer der anderen Aufnahmen greifen.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Royal Opera House Covent Garden Orchestra; Colin Davis - 5


    Werther: José Carreras - 4,5


    Charlotte: Frederica von Stade - 5


    Albert: Thomas Allen - 4,5


    Sophie: Isobel Buchanan - 4


    Die Übrigen: 4,5


    TQ: 4,5


    Gesamtwertung: 27,5/6 = 4,58



  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Label: RCA


    Deutsches Symphonieorchester Berlin; Vladimir Jurowski - 5
    Werther: Ramón Vargas – 5+++
    Charlotte: Veselina Kasarova - 5
    Albert: Christopher Schaldenbrand - 5
    Sophie: Dawn Kotoski - 4
    Die Übrigen: 4


    TQ: 5


    Gesamtwertung: 28/6 = 4,67

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")