"Klemperer ohne Schlecken"
"Die Musik ist nicht dazu da, daß sie wie ein Eiscreme geschluckt wird. Nichts gegen Eiscreme, und nichts gegen ein Steak, aber das sind ganz andere Dinge. Schon das scheußliche Wort `Kunstgenuss´ ist wohl Klemperer auch ein Abscheu gewesen. Deshalb ist Klemperer mit keinem Dirigenten, den ich kenne, vergleichbar gewesen. Ein seltsames Paradox, er ist selbst gar kein so logischer Typ. Aber sobald er dirigiert, ist das enorm. Unemotional zugleich, aber ohne Triebhaftigkeit, ohne Düsternis, und vor allen Dingen ohne Schlecken, ohne Konsumschlecken."
Ernst Bloch , ca. 1972, zitiert im Abschnitt "Zeitzeugen über Otto Klemperer" von Eva Weissweiler, freie Schriftstellerin und Filmautorin, Köln, in ihrem Buch "Otto Klemperer - Ein deutsch-jüdisches Künstlerleben" von 2010.
Die Stimmen der Zeitzeugen Klemperers faszinieren mich immer wieder. Wenn ich bei der Lektüre seine Haffner-Interpretation höre, muss ich an alles andere als an Eiscreme denken. Auch Mozart-Perücken und Lackschuhe kommen mir dabei nicht in den Sinn. "Ach spiel´ mir noch einmal das Menuetto" - da ist nichts süß und bloß melodisch, da "stampft" es im typischen Klemperer-Rhythmus. Einfach nur herrlich!