CREDO-Vertonungen

  • Salut,


    inspiriert von der heutigen Sendung auf EINSfestival zu Luigi Boccherinis heutigem 200. Todestag: Der 18jährige Boccherini wollte in kirchliche Dienste aufgenommen werden und musste so - quasi als "Eintritskarte" - eigens dafür eine geistliche Komposition abliefern. Er wählte die liturgischen "Credo"-Verse.


    Ich hörte die Komposition heute erstmalig und fand sie sehr schön; sie erinnerte mich insgesamt stilistisch sehr stark an Mozarts Krönungs-Messe, die allerdings einige Jahre später entstanden ist.


    Ich nehme an, es wurde die Aufnahme "Credo a 4 voci con stromenti" in der Einspielung der Cappella St. Cecilia, Orchestra del Teatro di Lucca, seiner in der Toskana gelegenen Geburtsstadt, gezeigt.


    Leider konnte ich kein Cover finden.


    Welche vokalen Credo-Vertonungen gibt es noch, welche mögt Ihr, welche nicht?


    bien cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Ulli, hübsches Thema


    Credo-EINZELVERTONUNGEN ausserhalb des Rahmens einer komplett vertonten Messe dürften wohl eher selten sein (gerade auch wenn man an Einzelvertonungen des Glorias denkt).
    Das einzige mir bekannte Einzel-Credo ist Vivaldis Credo RV 591, daß ich in der Einspielung Carlo Maria Giulinis mit den Berliner philharmonikern bei Sony habe (1991). Was ich dazu sagen soll, weiß ich nicht, nettes Werk, nicht mehr und nicht weniger würde ich sagen. Hab mich aber nicht gründlich damit auseinandergesetzt.


    Penderecki hat noch ein einzelnes Credo geschrieben, das dann mit seiner Messe verwachsen ist, kann das sein? Kenn ich aber noch nicht, obwohl ich mir seit Wochen vorehme die "Polnische Messe" bei Naxos zu kaufen.


    Gruß, Markus

  • Hallo Markus,


    verwechselst Du da was oder fehlt mir eine Info?


    Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Penderecki hat noch ein einzelnes Credo geschrieben, das dann mit seiner Messe verwachsen ist, kann das sein? Kenn ich aber noch nicht, obwohl ich mir seit Wochen vorehme die "Polnische Messe" bei Naxos zu kaufen.


    Das Credo kenne ich auch nicht, Rilling hat es eingespielt:



    Aber auf Naxos ist mir bisher nur das "Polnische Requiem" bekannt, in dem ein Credo wohl fehl am Platze wäre. Das Requiem ist in der Tat ein "Work in progress", für das Penderecki immer wieder Einzelsätze schrieb, die er dann zur gesamten Komposition hinzufügte. Wenn ich mich nicht irre, schreibt er auch gerade noch einen neuen Epilog, Papst Johannes Paul II. gewidmet....


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Salut,


    na, es muss ja nicht unbedingt ein "freistehendes" Credo sein. Dennoch finde ich es seltsam, dass es verhältnismässig wenige losgelöste musikalische Glaubensbekenntnisse gibt.


    Wie gesagt, das Bochherini-Credo lohnt sich absolut, es ist keineswegs langweilig, homophon wie polyphon, von andächtig bis freudestrotzend.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Claus,


    Du hast natürlich recht, mein Fehler! Ein Credo und ein auf Raten entstandenes Requiem, das freilich kein Credo beinhaltet...


    (daran sieht man mal wieder, daß man um 1:09 Uhr nach einer Flasche Rotwein besser nix mehr posten soll...)


    Habe leider immernoch keine Aufnahmen von Pendereckis Werken, bekenne mich öffentlich zu diesem Un-Zustand.


    Markus

  • Lieber Markus,


    ich versuche mir, nach einer Flasche guten Rotens das Posten immer zu verkneifen, es funktioniert auch nicht immer ;) Nicht schlimm, kleine Irrtümer können ja schnell geklärt werden....


    Wenn Du Dich mit Pendereckis Chorwerk vertraut machen willst, sind die beiden bisherigen Naxos-Einspielungen unter Wit (eben das Requiem und die Lukaspassion) ganz sicher gute und preiswerte Möglichkeiten - soweit ich weiss, spielt Wit auch das Orchesterwerk Pendereckis ein, da kenne ich aber noch keine Aufnahme. Das "Credo" wird sicher in der Reihe auch noch kommen, darauf warte ich, denn offen gestanden habe ich mit den jüngeren Werken Pendereckis bisweilen so meine Probleme....


    Beste Grüsse,


    Claus

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • So, jetzt ist mir doch noch ein "Credo" eingefallen. Allerdings eines, das nicht das übliche Glaubensbekenntnis vertont, sondern einen Auszug aus dem Matthäusevangelium (5, 38-39). Es handelt sich um Arvo Pärts 1968 komponiertes "Credo" für Klavier, gemischten Chor und Orchester.


    Das Stück basiert auf dem C-Dur-Präludium aus dem Wohltemperierten Klavier von Bach - es ist sozusagen die musikalische Chiffre für den Glauben an Erlösung im Sinne Jesu, von der das Stück spricht. Dieser durchaus leicht kitschig wirkenden Ebene stehen "schwarze" Passagen gegenüber, das Chaos und den Unbill des Lebens und der Welt symbolisierend. Teilweise sind die Spieler in diesen Abschnitten angehalten, zu improvisieren.


    Ich gestehe, das ich das Stück für sich gesehen gar nicht so schlecht finde, obwohl es diesen leicht kitschigen Beigeschmack hat. Aber es teilt sich sehr unmittelbar dem Hörer mit. Und das, finde ich, ist auch eine Qualität.


    Es liegt eine hervorragende, sehr persönliche Einspielung mit der Pianistin Hélène Grimaud, dem Schwedischen Rundfunkchor und -orchester unter Esa-Pekka Salonen auf Deutsche Grammophon vor, in einem nicht unintelligent gekoppelten Programm, das für alle die, die ihre Sammlung nur rein alphabethisch nach Komponistennachnamen schematisieren, freilich ein Gräuel sein muss (Corigliano, 2x Beethoven, Pärt). Was sie verpassen!!!



    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hallo Claus,


    ich kann deine Ansichten voll bestätigen.
    Vor ein paar Wochen habe ich diese Einspielung des Credo im Radio gehört und war begeistert.
    Eines der wenigen modernen Stücke, das sich mir unmittelbar erschloss. Wunderbar diese Verbindung von Barock und Moderne.



    Gruß, Peter.

  • Zitat

    Ich gestehe, das ich das Stück für sich gesehen gar nicht so schlecht finde, obwohl es diesen leicht kitschigen Beigeschmack hat


    Salut,


    ich kenne das Stück zwar [natürlich] nicht, aber könnte der von Dir angesprochene "Beigeschmack" etwas mit Gounod zu tun haben?


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Lieber Ulli,


    nein, das hat nichts mit Gounod zu tun. Es liegt ein wenig an der Art, wie Pärt den Bach hier einsetzt. Nicht unbedingt am Anfang, aber am Ende nach der Chaospassage, wenn etwa die ersten Violinen Melodie in der rechte Hand der letzten vier Takte süsslich doppeln. Aber, wie gesagt, im Kontext des Stückes macht es auch wieder Sinn.


    Beste Grüsse,


    C.


    P.S.: @peter ja, ich glaube durchaus, dass das Stück in seiner sehr unmittelbaren Ansprache nicht übel geeignet ist, einen in der "Moderne" unbewanderten Hörer neugierig zu machen (er wird verblüfft zugeben müssen, dasss selbst der ausgedehnte "Chaotische" teil durchaus Spass machen kann - und das nicht im negativen Sinne).....

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    wenn etwa die ersten Violinen Melodie in der rechte Hand der letzten vier Takte süsslich doppeln[...]


    Salut, Claus,


    neuer Versuch: Könnte auch die Interpretation sein!? Mit "Doppeln" meinst Du Oktavieren?


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Lieber Ulli,


    ich glaube, es liegt nicht an der Interpretation (ich meine aber auch, dass gar keine andere auf Tonträger vorliegt), die (leicht!) kitschigen Stellen scheinen mir werkimanent zu sein.


    Mit "doppeln" meinte ich, dass die ersten Violinen die Stelle quasi "colla parte" mit der rechten Klavierhand mitspielen (ob sie oktavieren, kann ich gerade nicht beschwören, das müsste ich nochmal hören), was die an sich eher "unschuldige" Stelle verromantisiert, sozusagen.


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Salut, Claus


    Du hattest zwar erwähnt, dass das Credo auf dem PI des WTK basiert, nicht aber, dass ein solches auch zum Instrumentarium dieses Werkes gehört. Nun verstehe ich es. Ich kann mir die Stelle entsprechend vorstellen. Nun haben wir gleich zwei Probleme:


    [1] Ist "Verromantisieren" gleichbedeutend mit "Kitsch"?
    [2] Ich glaube, der "Kitsch"-Thread wird jetzt doch bald erforderlich.


    Wir hatten bereits bei den Ungarischen Tänzen dieses Thema.


    Meinst Du wirklich, dass Penderecki ein "kitschiges" Credo - zumindest stellenweise - komponiert hat?


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Lieber Ulli,


    Zitat

    Original von Ulli
    Du hattest zwar erwähnt, dass das Credo auf dem PI des WTK basiert, nicht aber, dass ein solches auch zum Instrumentarium dieses Werkes gehört.


    Freilich hatte ich das erwähnt, und zwar im ersten Posting, in denen ich das "Credo" von Arvo Pärt (nicht jenes von Penderecki, dass ich, wie ich oben schrieb, gar nicht kenne) erwähnte. Siehe hier:


    Zitat

    Es handelt sich um Arvo Pärts 1968 komponiertes "Credo" für Klavier, gemischten Chor und Orchester.


    Zitat

    Nun verstehe ich es. Ich kann mir die Stelle entsprechend vorstellen. Nun haben wir gleich zwei Probleme:


    [1] Ist "Verromantisieren" gleichbedeutend mit "Kitsch"?


    Natürlich nicht. Aber wenn Du Dir die CD besorgst und Dir die entsprechende stelle anhörst, wirst du sofort nachfühlen können, was ich meine (wie gesagt, hier stört das leicht kitschige gar nicht, es ist im Werkkontext logisch und konsequent)


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)