Noch ein Abschied: Tobias Richters „Don Giovanni" an der Oper Düsseldorf

  • Sonntag, 17. Mai 2009 - 19.30 - 23.00 Uhr - Deutsche Oper am Rhein, Düsseldorf, Heinrich-Heine-Allee


    DON GIOVANNI
    Dramma giocoso in 2 Akten von Wolfgang Amadeus Mozart


    Dirigent: Hans Wallat
    Inszenierung: Tobias Richter
    Bühne und Kostüme: Gian Maurizio Fercioni
    Chor: Gerhard Michalski
    Orchester: Duisburger Philharmoniker


    Don Giovanni: Bruno Taddia
    Komtur: Thorsten Grümbel
    Donna Anna: Ekaterina Morozova
    Don Ottavio: Mirko Roschkowski
    Donna Elvira: Carol Wilson
    Leporello: Bruno Balmelli
    Masetto: John In Eichen
    Zerlina: Véronique Parize


    Tobias Richter hat diesen „Don Giovanni“ schon 1994 in Straßburg mit mäßigem Erfolg inszeniert und diese Inszenierung auch mit nach Düsseldorf gebracht und damit die Adolf-Dresen-Inszenierung verdrängt, was ihm viel Schelte eingebracht hat.
    Zum Abschied hat er diese – in den Bildern und Kostümen von Gian Maurizio Fercioni – zusammen mit den anderen beiden Da-Ponte-Opern nochmals auf die schachbrettartig geflieste Bühne gebracht. Für viele der Sänger, die gestern Abend (in der Prager Fassung) auftraten, war es ein Abschied, ihre Namen tauchen nicht mehr in der Ensemble-Liste des neuen Intendanten auf.


    Auch der Dirigent, der über 80-jährige Altmeister Hans Wallat, dürfte wohl kaum in das Konzept der neuen Leitung passen. Gestern dirigierte er die Duisburger Philharmoniker – in kammermusikalischer Minimal-Besetzung – geradezu zeitlupenhaft – die Vorstellung dauerte bis 23 Uhr!


    Bei den Sängern hielt sich das Niveau auf gutem Durchschnitt, der Tenor Mirko Roschkowski, der für seine Arie "Il mio tesoro" freundlichen Applaus erntete, hatte gewisse Atemprobleme (auch er im neunen Ensemble nicht mehr dabei). Die Donna Anna der Ekaterina Morozova war nicht gerade hochdramatisch, gut zu gefallen wusste die junge Französin Veronique Parize als Zerline, die ein wenig an die junge Teresa Berganza erinnerte. So gut sie im Duett mit Giovanni und in der „Batti batti“-Arie war, im zweiten Akt im „Vendrai carino“ ließ ihre Kondition allerdings etwas nach. Auch sie verlässt uns zum Saisonende.


    Höflicher Applaus am Ende, die beiden Italiener Bruno Balmelli (Leporello) und Bruno Taddia (Don Giovanni) hatten wohl ein paar „Bravo“-Rufer aus ihrer Heimat oben im 3. Gepäcknetz platziert, aber angesichts der späten Stunde leerte sich das Haus recht schnell! Der Inszenierung dürfte wohl kaum einer eine Träne nachweinen.



    Übigens: Die von Uwe heute im Krefelder „Liebestrank“ gelobte Anke Krabbe bleibt uns im Ensemble erhalten, sie kann also weiter in Krefeld gastieren!


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ist das diese unsäglich langweilige Inszenierung, auf dem Schachbrettboden. Don Giovanni reist mich eigentlich immer mit, aber als ich da war, konnte weder szenisch wie musikalisch irgendetwas mitreißen.

  • Ja, diese Inszenierung ist es. Es gibt viel Platz an der Rampe für die Sänger, um sich in Szene zu setzen - und damit auch Raum für Mozarts Musik.


    Langweilig? - Vielleicht.


    Zumindest wurde auf der Bühne nicht onaniert, ja nicht einmal gepinkelt. Es floß kein Blut, und die betrogene Elvira hat ihren Giovanni nicht mit Sch.. äh ... Exkrementen beworfen.
    Es fuhren auch keine Schützenpanzer auf, es gab keine Massenvergewaltigung.


    Langweilig? - Vielleicht - für einer "Staubi" wie mich höchstens, weil Altmeister Wallat die Tempi etwas (zu) gemütlich nahm.


    Aber da ich in die Oper gehe, um die Musik zu genießen, war es alles in allem doch kein vergeudeter Abend!


    LG


    :hello: :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald,


    wie hat sich der Don Ottavio in dieser Aufführung geschlagen? Leider bleibt diese Rolle oft unerwähnt.


    Wir hatten hier in Stuttgart auch mal eine karierte Raumeinteilung, allerdings in Rautenform. Damals war Herr Blochwitz zu Gast für den indisponierten Herrn Schreier.


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Lieber Siegfried!


    In vielen vorausgegangenen Vorstellungen seit der Premiere wurde der Don Ottavio von Corby Welch gesungen, einem jungen amerikanischen Mozart-Tenor, über den an anderer Stelle bereits mehrfach lobend geschrieben wurde (er hat z.B. in Schwetzingen den "Telemaco" gesungen).
    Am Sonntag war es ein anderer Tenor, Mirko Roschkowski, der im zur Zeit hier laufenden Janacek-Zyklus beschäftigt ist (Kudrjas in "Katja Kabanova). Der Schüler von Edda Moser hielt sich ganz beachtlich, sieht gut aus und muß nicht - wie in anderen Produktionen - den Ottavio als Jammerlappen, sondern als durchaus ansehnliches Mannsbild darstellen.


    Nun wird - ich erwähnte es oben - bei uns die Prager Fassung gegeben - das bedeutet im ersten Akt für Ottavio, dass er nach seinem längeren Rezitativ - wenn alle die (gestrichene) Arie "Dalla sua pace" erwarten, einfach rechts abtreten muss und Leporello die Bühne erobert.


    Im zweiten Akt darf er dann seine Arie "Il mio tesoro intanto" singen, da schlägt er sich ganz ordentlich, aber gegen Ende hatte ich das Gefühl, er hätte da gewisse Atemprobleme bekommen. Allerdings änderte das nichts daran, dass das Publikum ihm sehr viel Applaus nach dieser Arie spendete.


    In der Sängerliste der neuen Spielzeit habe ich seinen Namen jedoch nicht mehr gefunden. Ich glaube allerdings nicht, dass wir uns Sorgen um seine Zukunft machen müssen. Er dürfte durch seine zahlreichen Gastspiele (u.a. in Stuttgart als Lucio Silla) inzwischen ziemlich bekannt sein.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)


  • Nein, ich glaube du verstehst mich falsch. Ich mag durchaus moderne Inszenierungen, kann aber auch sehr gut damit leben, wenn auf einer schönen bühne an der Rampe gesungen wird.
    Was für mich das langweilige (neben der nichtssagenden Inszenierung) ausmachte, war die Tatsache, dass hier eine Repertoire-Vorstellung in ihrer gefürchtesten Form dargeboten wurde. Die Leute standen auf der Bühne oder in ihrem Orchestergraben und machten gerade mal ihren Job. Nicht mehr und nicht weniger. Der berühmte Funke wurde nicht mal sichtbar (ganz zu schweigen vom überspringen), dabei bietet gerade diese Oper genug Möglichkeiten dafür.

  • Lieber WotanCB,


    natülich hast Du - was Deine Ausführungen über eine nichtssagende Inszenierung betrifft - vollkommen recht! Das war leider der Fehler des langjährigen Generalintendanten Tobias Richter: Wenn er selbst inszeniert hat, ging das meist total in die Hose - nicht nur bei den da-Ponte-Opern, aber da ganz besonders. Wie ich in meinem Eröffnungsbeitrag bereits schrieb:


    Zitat

    Der Inszenierung dürfte wohl kaum einer eine Träne nachweinen.


    Mozart ist allerdings dabei unschuldig!


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)


  • Richters Vorgänger hatte auch manch merkwürdige eigene Inszenierung dabei.

    mit freundlichen Grüßen
    Martina
    Auf dem Rohre taugt die wonnige Weise mir nicht!

  • Zitat

    Richters Vorgänger hatte auch manch merkwürdige eigene Inszenierung dabei.


    Na ja, international hatte Kurt Horres aber einen untadeligen Ruf als Regisseur, liebe Martina-Sophie!


    Sein Sohn tritt übrigens als Regisseur - speziell für zeitgenössisches Musiktheater - in seine Fußstapfen: In Düsseldorf inszeniert Gregor Horres im kommenden Frühjahr "Das Gesicht im Spiegel" von Jörg Widmann.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hallo, ich kann Harald nur zustimmen: Unter Horres war die Rheinoper top. Bei Richter fand ich sie allerdings auch noch gut, wenn auch schon etwas weniger. Wie es jetzt wird, da habe ich ein wenig Befürchtungen.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose

  • Tut mir leid, manchmal hänge noch an der Ära Barfuss. Hänge also noch weiter zurück.


    Und der Ring von Horres hat mir nun absolut nicht zugesagt, mit dem Bonsaibäumchen in Hundings Hütte - nein, ich weiß nicht.

    mit freundlichen Grüßen
    Martina
    Auf dem Rohre taugt die wonnige Weise mir nicht!

  • Zitat

    Tut mir leid, manchmal hänge noch an der Ära Barfuss. Hänge also noch weiter zurück.


    Das geht mir ähnlich, liebe Martina-Sophie. Ich finde, das Thema sollten wir vertiefen, im richtigen Thread, nämlich hier:


    Deutsche Oper am Rhein


    LG :hello: Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)