Eine recht glückvolle Besetzung ließ wieder viele Wagner-Freunde in das Winter-Bayreuth in die Deutsche Oper Berlin pilgern. Auf den Spielplan stand Wagners Fest-Oper: „Die Meistersinger von Nürnberg“. In diesem Werk verknüpft der Komponist geschickt die Tradition des Nürnberger Meistergesang, deren bekannteste „Meister“ Michael Behaim, Hans Rosenblüth, Hans Folz und - einen der Wagnerschen Protagonisten - Hans Sachs waren, mit der Problematik dem Neuen offen gegenüber zu stehen. Es ging Wagner darum, darzustellen, dass ein Werk nicht durch Kritiker als lebenstauglich bekrittelt werden sollte, sondern wie dieses in der Öffentlichkeit ankommt.
Die Inszenierung von 1993 stammt noch vom alten Hausherrn Götz Friedrich. Diese kann man per DVD im heimischen Wohnzimmer erleben. Der Regisseur vermeidet wie eigentlich immer so auch hier zu starke Überzeichnungen. Stattdessen hielt er sich stark an die Anweisungen des Komponisten. Interessant ist immer wieder, wie jeder Regisseur das Ende der Oper deutet. Friedrich lässt Stolzing nach der mahnenden Schluss-Ansprache des Hans Sachs („Ehrt eure deutschen Meister“) die Meister-Kette annehmen. Die Bühnenbilder gestaltete Peter Sykora sehr zweckentsprechend.
RICHARD WAGNER
DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG
Oper in drei Aufzügen
Libretto von Richard Wagner
Uraufführung am 21. Juni 1868 am Königlichen Hof- und Nationaltheater München
Premiere an der Deutschen Oper Berlin am 1. Mai 1993
Musikalische Leitung
DONALD RUNNICLES
Inszenierung
GÖTZ FRIEDRICH
Bühne
PETER SYKORA
Kostüme
KIRSTEN DEPHOFF
PETER SYKORA
Chöre
WILLIAM SPAULDING
Hans Sachs
JAMES JOHNSON
Veit Pogner
KRISTINN SIGMUNDSSON
Kunz Vogelsang
THOMAS BLONDELLE
Konrad Nachtigall
SIMON PAULY
Sixtus Beckmesser
MARKUS BRÜCK
Fritz Kothner
STEPHEN BRONK
Balthasar Zorn
JÖRG SCHÖRNER
Ulrich Eißlinger
PETER MAUS
Augustin Moser
BURKHARD ULRICH
Hermann Ortel
KLAUS LANG
Hans Schwarz
JÖRN SCHÜMANN
Hans Foltz
HYUNG-WOOK LEE
Walther von Stolzing
KLAUS FLORIAN VOGT
David
PAUL KAUFMANN
Eva
MICHAELA KAUNE
Magdalena
ULRIKE HELZEL
Ein Nachtwächter
KRZYSZTOF SZUMANSKI
CHOR DER DEUTSCHEN OPER BERLIN
ORCHESTER DER DEUTSCHEN OPER BERLIN
James Johnson gab einen soliden Sachs, der mit den Höhen seiner Partie so seine Probleme hatte. Ferner ist anzumerken, dass er wenig Ausstrahlungskraft besitzt und von seinem Widersacher Beckmesser (Markus Brück) gesanglich und rollengestalterisch weit überflügelt wurde. Brück bot ein wahres Kabinettstück seiner Rollenauslegung des Beckmesser. Die Wandlungsfähigkeit des Sängers ist immer wieder verblüffend. Kristinn Sigmundsson sang einen wackeren Pogner. Mit der Partie des Stolzing trumpfte Klaus Florian Vogt auf. Er verfügt von Hause aus nur über eine kleine Stimme, die Probleme hat, in einem großen Opernhaus überhaupt durchzukommen. Dank der kammermusikalischen Begleitung des Orchesters konnte Vogt ein beachtenswertes Rollenporträt abliefern. Sein schöner jugendlich-frischer Tenor sorgte an diesem Abend für starken Beifall. Michaela Kaunes Eva war hier und da in den Höhen etwas schrill, bot aber insgesamt eine sehr gute Leistung. Auch Paul Kaufmann als David und Ulrike Helzel als Magdalena rundeten mit ihrem Gesang das hohe Niveau des Abends ab.
Auch an diesem Abend konnte man die herausragenden Leistungen des Chors der Deutschen Oper Berlin bewundern und bejubeln (Einstudierung: William Spaulding). Er war wieder sehr stark in das Bühnengeschehen integriert.
Als wahrer Glücksfall für die Deutsche Oper Berlin erweist sich die Entscheidung, Donald Runnicles als neuen Generalmusikdirektor zu engagieren. Er sprang für den ursprünglich vorgesehenen Dirigenten Stefan Anton Reck ein, der abgesagt hatte. Vom Breitwand-Wagner-Sound keine Spur! Wie schon in seinem „Tannhäuser“-Dirigat punktet er auch hier mit seiner kammermusikalischen Durchleuchtung der Partitur. So konnte man den Gesang auf der Bühne verfolgen, der nie vom Orchester zuzudecken drohte. Grandios!
Insgesamt war das ein herausragendes Musiktheater-Erlebnis.
LT