Theater Erfurt

  • Liebe Strano,


    offensichtlich ein Intendant mit Rückgrat. Gerade Carmen musste doch arg unter dem Regietheater leiden und die dann noch mal in historisch genauen Kostümen UND Bühnenbild zu inszenieren, da gehört schon Mut dazu!


    P.S.: Ich war wirklich bei den Frankfurter Königskindern geneigt, den Zuschauerraum zu verlassen. Hätte Weigle nicht so herrlich musiziert und wären die Sänger nicht derart perfekt gewesen, ich hätte es getan - noch vor der Pause! So habe ich immer wieder die Augen geschlossen und mich davontragen lassen.

  • Das Opernhaus Erfurt (dessen Architektur mir so gar nicht gefallen will) hat die Hänsel und Gretel Inszenierung schon seit mind. 8 Jahren im Spielplan. Sie ist sehenswert, mit viel Wald, märchenhaft dazu. Gleichzeitig mit dieser Hänsel und Gretel-Inszenierung hat Giancarlo del Monaco in Erfurt eine "Hänsel und Gretel für Erwachsene" inszeniert. Mit Sexorgien, Saufen, ohne märchenhafte Züge. Diese ist so durchgefallen, daß sie nach 4 oder 5 Aufführungen gestrichen wurde. Sie war auch nicht jugendfrei, wie früher im Kino, wenn mal etwas Nacktes zu sehen war.


    Die Bilder der Carmen machen mir Mut, Erfurt ist nur eine Autostunde von meinem Heimatort entfernt. Ich werde das Geschehen beobachten und vielleicht wieder einmal in unsere Landeshauptstadt fahren. Danke für den Tip. Ich hatte Erfurt eigentlich abgeschrieben.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Der Schweizer Guy Montavon ist seit ca. 10 Jahren in Erfurt, vorher war er einige Zeit am Stadttheater Gießen, als ich dort wohnte und vergleichsweise häufig ins Theater gegangen bin. Natürlich hat er als Intendant das meiste nicht selbst inszeniert. Meinem Eindruck nach hat er immer versucht, ein abwechslungsreiches Programm, auch was die Inszenierungsstile betrifft. Von dem, was er selbst inszenierte, kann ich mich bewusst nur noch vage an eine Tosca erinnern, die vermutlich für viele hier auch schon zu modern gewesen wäre, aber keineswegs provokant oder überzeichnet.
    An Opern habe ich in der Zeit noch Rigoletto (das dürfte vor Montavon gewesen sein, ca. 1994), Attila, Mozarts Figaro und Entführung, Fidelio, Purcells Dido & Aeneas und auch Raritäten wie Max Brandts "Maschinist Hopkins" (sehr faszinierend) und Marschners "Templer und die Jüdin" (natürlich mit Nazi-Uniformen, nicht so toll, liegt aber auch am Stück) gesehen (mehr fällt mir gerade nicht ein). Das meiste davon würde ich eher gemäßigt modern nennen, allzu traditionell war es aber auch nicht (und Fidelio in einer etwas ärgerlichen Mischfassung mit Elementen der älteren "Leonoren").
    Es gab aber auch durchaus Provokantes in Stücken wie Wedekinds "Lulu" oder einer Theaterfassung von "Clockwork Orange" (bei letzterem ist eine Freundin in der Pause gegangen, weil es ihr zu brutal war)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)