Netania Davrath ist eine Sopranistin, die 1931 in der Ukraine geboren wurde und 1987 starb – wo, das war bisher nicht zu ermitteln. Lebensdaten sind offenkundig rar. Fest steht wohl, dass sie 1948 mit ihrer Familie nach Israel auswanderte. Sie studierte in Jerusalem, später auch in Düsseldorf und schließlich an der Juilliard School bei der Mezzosopranistin Jennie Tourel, die ihrerseits aus Weißrussland stammte. Bertarido hatte nach der Davrath im Rahmen des Rätsel-Threads Who is Who in Oper und Konzert? suchen lassen. Er wird nichts dagegen haben, dass ich ihn zitiere: Die Sängerin scheint mir zumindest in Europa recht unbekannt zu sein, und selbst die englische Wikipedia-Seite bietet nur spärliche Informationen. Für ausführlichere Angaben muss man auf die hebräische Seite zurückgreifen (nicht dass ich Hebräisch könnte, aber Google Translate hilft). Über ihre Opernauftritte weiß ich nicht viel, außer dass sie Engagements in Boston und an der Lyrischen Oper in Chicago hatte und natürlich im ersten israelischen Opernhaus aufgetreten ist. Plattenaufnahmen kenne ich hier keine. Etwas mehr ist von ihr als Konzert- und Liedsängerin überliefert. Sie hat mit Bernstein, Stokowski, Barbirolli und Abravanel zusammengearbeitet, mit letzterem und dem Utah Symphony Orchestra hat sie u. a. Honeggers "Le Roi David" aufgenommen, und sie hat bei Abravanels Mahler-Zyklus mitgewirkt (in der Vierten), der ja einer der ersten Gesamtaufnahmen der Symphonien überhaupt war. Das alles ist bei Vanguard Records erschienen. Am bekanntesten ist aber wohl ihre Aufnahme von Canteloubes "Chants d'Auvergne", die auch heute noch oft als Referenz genannt wird.
Mme. Corteste überraschte mit der Lösung des Rätsels. Und Caruso41 konnte sogar noch ein eigenes Konzerterlebnis beisteuern, verbunden mit dem Hinweis auf die Doppel-CD von Vanguard "Great Russian Arias and Art Songs". Er schrieb in seinem Beitrag: Da singt sie all die wundervollen Sopranarien aus den Opern von Rimski-Korsakoff, Tschaikowski, Glinka, Borodin sowie Lieder russischer Komponisten mit Klavierbegleitung durch Erik Werba! Darunter eine sensationell intensive Aufnahme der Lieder und Tänze des Todes. Sicher die einzige Aufnahme mit einer Sopranistin, die nicht hinter Galina Vishnewskaya verblasst.
Ich kannte die Sängerin bis dahin nicht. Das fachte meine Neugierde an. Also machte ich mich auf die Suche und habe auch etliche Dokumente auf YouTube gefunden, darunter Heitor Villa-Lobos' "Bachianas Brasilieras" No. 5 mit Leonard Bernstein am Pult der New Yorker Philharmoniker bei einem seiner berühmten Young People's Concerts.
Ein Stück, das einst durch Bidy Sayao weltberühmt berühmt wurde, für die es komponiert war. Es bildet den Kern, den Ausgangspunkt der gesamten "Bachianas Brasilieras". Wie die Sayao hatte auch die Davrath eine relativ kleine Stimme, die sie aber so fokussieren konnte, dass sie gewiss auch in größte Säle bestehen konnte. Meinerseits kann ich das nur anhand ihrer Aufnahmen beurteilen. Es kann sich auch um ein Fehlurteil handeln. Ich würde von einer Naturstimme sprechen, die keiner Schule zuzurechnen ist. Eine Stimme voller Poesie und Exotik. Auch hiermit der Sayao ähnlich. Und wenn es nicht zu weit hergeholt scheint, meine ich auch eine kleine Prise Yma Sumac herauszuhören. Die Karriere dürfte den spärlichen Informationen zufolge nur kurz gewesen sein. Ich habe mich mal im rumgehört. Wen ich auch frage nach dieser Sängerin, kennt sie oder hat zumindest von ihr gehört.
Ihre Aufnahmen haben inzwischen weitgehend Seltenheitswert. Was auf CD gelangte, ist oft vergriffen. Einiges ist ohnehin nur auf LP zu haben. Bertrand hatte Beispiele genannt. Mir ist - ebenfalls von Honegger - noch eine "Judith" aufgefallen:
Ihre CDs sind oft vergriffen, einiges ist nur auf LP zu haben.
Ich bin sehr dankbar, dass ich im Forum auf diese Sängerin aufmerksam wurde. Vielleicht weiß wer mehr und kann dieses Thema, das ich mir nicht unter den Nagel reißen wollte, weiterführen. Mir lag nur daran, dieser Künstlerin einen eigenen Thread zu widmen.
Gruß Rheingold