HIP für Anfang 19. Jhdt???

  • Zitat

    Original von Luis.Keuco
    ...ich habe langsam den Eindruck, dass eine eigene Werkinterpretation losgelöst von historischen Vorgaben anscheinend nicht mehr erlaubt ist.


    Erlaubt ist, was man mag. Willst Du es modern haben... Deine Wahl. Wenn Du eine CD-Ausführung findest, die nach Deinem Geschmack ist, wohlan, dann kaufst Du sie.
    Ich dagegen bekomme allmählich den Eindruck, als ob einen Kreuzzug gegen HIP gepredigt wird. Statt sich um Fakten zu kümmern, werden Nebensächlichkeiten herbei geholt. Um ein Beispiel zu geben "Wenn Beethoven heute gelebt hätte, hätte er für einen Steinway komponiert". Tatsache ist aber, das während Beethovens Leben es kein derartiges Klavier gab.


    Zitat

    Wenn man Werke für einen Musiker (zB Haydns Cellokonzerte) geschrieben hat, weshalb dann nicht auch so, dass man auf die Unfähigkeit des einen oder anderen Rücksicht nehmen musste und sich das durch eine moderne Interpretation ganz anders darstellen lässt.


    Vide oben.


    Zitat

    Zuletzt noch: Manches, was HIP gespielt wird, klingt gut, ist aber sicher nicht historisch fundiert.


    Jedenfalls viel historischer fundiert, als Du hier behauptest. Denn wenn man durch einige Quellen eine Ahnung bekommt, wie damals irgendwo musiziert wurde, hat man zugleich das Bild für ganz Mittel- und West-Europa. Das wurde bereits einmal hier ausführlich diskutiert. Änderungen in Spielweise, Kompositionsweise, Instrumentarium, waren ziemlich schnell verbreitet.


    LG, Paul

  • Zitat

    Ich wollte mit meinem Beitrag nur gegen das Diktat einer möglichst originalgetreuen Klangwiedergabe gleich welchen Werkes anschreiben.


    so was gibts, ein Diktat der HIP Bewegung ??? *staun*



    Zitat

    Muss das Berliner Stadtschloss in seiner barocken Fassade wieder hergestellt werden? Hat die moderne Architektur nichts anderes zu bieten?


    Schon, aber hier geht es darum, wenigstens ein Stück des alten Berlins wieder zu erleben.
    Eine Stadt ohne historische Gebäude - selbst wenn sie nachgebaut, oder wiederaufgebaut sind, bleibt gesichtslos, aber das ist ein anderes Thema.



    Zitat

    Jeder nach seiner Fassong, wie der Berliner sagt. Aber ich habe langsam den Eindruck, dass eine eigene Werkinterpretation losgelöst von historischen Vorgaben anscheinend nicht mehr erlaubt ist.


    Ganz im Gegenteil, denn genau das macht ein Teil der HIP Bewegung.
    Darum ging es ja hauptsächlich, sich von den Dogmen und der bisherigen Tradition zu befreien.


    Zitat

    Und das, obwohl doch auch der HIP-Interpret oftmals nur aus einem vagen und/oder schmalen Quellensatz die damalige Aufführungspraxis erforschen kann und vielleicht unklar ist, ob man auf bestimmte Einschränkungen Rücksicht nehmen musste.


    Die Bibliotheken sind voll mit Quellen, nur ist bisher nicht allzuviel davon gesichtet worden - ein Mangel an Quellen herrscht wirklich nicht.



    Zitat

    Wenn man Werke für einen Musiker (zB Haydns Cellokonzerte) geschrieben hat, weshalb dann nicht auch so, dass man auf die Unfähigkeit des einen oder anderen Rücksicht nehmen musste und sich das durch eine moderne Interpretation ganz anders darstellen lässt.


    Das verstehe ich überhaupt nicht - wieso sollten heutige Musiker auf modernen Instrumenten generell bessere Musiker sein ???




    Zitat

    Zuletzt noch: Manches, was HIP gespielt wird, klingt gut, ist aber sicher nicht historisch fundiert.


    da würden mich Beispiele interessieren.



    Abgesehen davon behauptet keiner, dass er Musik so interpretieren würde, wie sie vor 300 Jahren geklungen hat - schlicht deshalb weil es Unsinn ist und nicht beweisbar.
    Man kann sich nur über die alten Instrumente, die alte Verzierungs- und Improvisationskunst sowie die Spieltechniken annähern.
    Oder wie Rene Jacobs es sagte, "ich kann keine authentische Barockmusik machen, ich kann nur mich selbst authentisch machen"



    Ich denke auch dieser Unsinn von Adorno, bezogen auf die "Alte Musik Bewegung" ist genauso ein Mißverständnis.
    (Im übrigen ist es schon seltsam wieso es verboten sein soll Monteverdi, Händel und Vivaldi zu spielen wärend Bach, Mozart und Beethoven in seinem Dogmatismus widerrum erlaubt ist - Unsinn hoch drei.... :no: aber der Mann hatte sowieso keine Ahnung von Kunst :stumm:


    Ich würde in dieser Beschäftigung mit dem Vergangenem und der völligen Neuinterpretation eher den Beginn einer neuen Renaissance sehen.


    Denn es ist eben keine Reproduktion sondern eben eine ganz freie Interpretation die auf historischen Grundlagen fußt und sich immer weiter entwickeln wird.
    Das wird auch sehr bald auf andere Künste übergreifen - siehe mich :D

  • Lieber musicophil,


    du sagst:


    Zitat

    Oh nein?? Dann hast Du nicht verstanden, wofür HIP steht.


    :no:


    Da tust du mir unrecht, ich habe nämlich in etwa zur gleichen Zeit, als HIP von Barock auf Klassik übergegriffen hat, angefangen, mich intensiv mit der Klassik (Epoche) zu befassen, wobei ich natürlich bei den mir vom Barock her schon bekannten Ensembles und Interpreten geblieben bin. Mit der Folge, dass fast das ganze Orchester- und Bühnenwerk von Mozart, Haydn, Beethoven, Schubert plus diverser Zeitgenossen eben genau in HIP bei mir im Regal steht und das meiste davon mir als Basics für Interpretationsvergleiche u. ä. dient.


    Und ich habe es freudigst begrüßt, wie HIP auch auf das 19. Jhdt. übergegriffen hat und dort dümpelt es jetzt halt wohl im Zuge der Krise in der ersten Hälfte herum, obwohl die Situation der Musik des 19. Jhdt. meines Erachtens durchaus vergleichbar ist, mit der Situation des Barocks und der Klassik vor HIP.


    In diesen gut 20 Jahren nun hat es aber auch einige Stil-Blüten gegeben, deren prominenteste vielleicht diese Leonoren-Einspielung von Gardiner ist:
    Eine zeitgenössische Fantasiefassung mit gesprochenem Text, im "alten Stile" mit alten Instrumenten gespielt, der gegenüber eine Leonore in der Fassung von 1805 steht, die von Blomstedt partiturgetreu mit einem konventionellen Orchester eingespielt worden ist.


    Frage: Welche Variante kommt nun der Uraufführung am nächsten, welche ist mehr HIP?


    Speziell zum Fassungsproblem sei noch angemerkt, dass dies gerade im 19. Jhdt. im Bereich der Oper eigentlich nicht mehr ignoriert werden kann, geht es doch dort soweit, dass nicht mehr nur ein Ballett mal verschwindet oder eine Arie ausgetauscht wird, sondern ganze Akte wegfallen, ausgetauscht oder hinzugefügt werden, genauso, wie es mehr als genug Werke gibt, deren Orchestrierung im Glücksfall von anderen Komponisten völlig umgebaut worden ist, z.B. Don Carlos o. Boris Godunov.
    Das soll aber jetzt nicht heißen, dass irgend einer Fassung der Vorzug gegeben werden soll, sondern nur, dass sämtliche Fassungen eines Werkes (oder wenigstens die wichtigsten) gleichberechtigt und mit der gleichen Ernsthaftigkeit wiedergegeben nebeneinander stehen und ich selbst entscheiden kann, welche mir am besten gefällt.
    Wenn dies dann auch noch im Sinne der jeweiligen HIP geschehen würde, dann :jubel::jubel::jubel:


    Viele Grüße
    John Doe
    :hello:

  • Lieber Luis.Keuco,


    Zitat

    Wenn man Werke für einen Musiker (zB Haydns Cellokonzerte) geschrieben hat, weshalb dann nicht auch so, dass man auf die Unfähigkeit des einen oder anderen Rücksicht nehmen musste und sich das durch eine moderne Interpretation ganz anders darstellen lässt.


    Wenn ein Solist meint, der Solopart eines Haydn-Konzertes sei ihm zu simpel, dann darf er diesen selbstverständlich ändern, bloß hört es halt dann je nach Grad der Veränderung auf, ein Konzert von Haydn zu sein.
    Siehe dazu Schönbergs Konzert für Streichquartett und Orchester nach einem Concerto Grosso von Händel und seinem Cellokonzert nach Monn.


    :hello:
    John Doe

  • Zitat

    Original von John Doe
    In diesen gut 20 Jahren nun hat es aber auch einige Stil-Blüten gegeben, deren prominenteste vielleicht diese Leonoren-Einspielung von Gardiner ist:
    Eine zeitgenössische Fantasiefassung mit gesprochenem Text, im "alten Stile" mit alten Instrumenten gespielt, der gegenüber eine Leonore in der Fassung von 1805 steht, die von Blomstedt partiturgetreu mit einem konventionellen Orchester eingespielt worden ist.


    Frage: Welche Variante kommt nun der Uraufführung am nächsten, welche ist mehr HIP?


    Es gibt keine selig machende HIP-Aufnahme. Denn keiner kann behaupten zu spielen wie damals. Weder Gardiner, noch Blomstedt. Blomstedt wirkt zwar partiturgetreu, aber nicht mit Instrumentarium wie damals. HIP ist nicht so dogmatisch zu behaupten "so muß es". Und Freiheit zum ändern gab es immer.
    Ich habe nicht genau begriffen, was Du meinst mit "zeitgenössische Fantasiefassung". Ist das eine Fassung eines Zeitgenossen Beethovens. Oder eine Fassung eines Zeitgenossen Gardiners? Ich vermute das erste.
    Dann hat diese Fassung jedenfalls das Recht zu behaupten "Ich soll gebracht werden, wie es damals üblich war".
    Mehr HIP ist dann zweifelsohne Gardiner; mehr Uraufführung getreu ist Blomstedt.


    Für mich wäre dann die Antwort "Ich will vermutlich beide haben".


    Du hast aber auch was anders gesagt


    Zitat

    Das soll aber jetzt nicht heißen, dass irgend einer Fassung der Vorzug gegeben werden soll, sondern nur, dass sämtliche Fassungen eines Werkes (oder wenigstens die wichtigsten) gleichberechtigt und mit der gleichen Ernsthaftigkeit wiedergegeben nebeneinander stehen und ich selbst entscheiden kann, welche mir am besten gefällt.


    Das habe ich - vermutlich wegen mangelnder Sprachkenntnis gelang es mir nicht - versucht öfter zu sagen.


    Ich gebe Dir ein anderes Beispiel: Glucks Orpheus. Welche Fassung ist "richtiger"? Die Italienische Wiener, wobei Orpheus heute durch eine Altistin (bzw Countertenor) gesungen wird. Oder die spätere Französische Pariser Version, wobei der Orpheus ein Tenor ist.


    HIP kümmert sich nicht darum. Sagt dagegen, daß alle Versionen ihre Daseinsberechtigung haben.
    Wenn Du von Mercadante mal die Geschichte der Oper Ginevra liest, bekommst Du fast einen Lachkrampf. Es ist ob Mercadante für jede neue Aufführung etwas änderte. Und oft sind es auch noch tief greifende Änderungen.
    Die Gründe waren viele: Sänger, die die Forderungen nicht gewachsen waren (oder umgekehrt); Orchester, die ja oder nein groß waren: Musik, die das Publikum nicht so gefiel; usw.
    Auch Mozart hat etwas derartiges getan. Als sein Le Nozze in Wien ausgeführt werden sollte, hatte er da einen Bariton, der hoch singen konnte. Und darum schrieb er Musik für diesen Mann um. Muß jetzt jeder Bariton die hohe Lage singen???


    LG, Paul

  • Zitat

    Ich gebe Dir ein anderes Beispiel: Glucks Orpheus. Welche Fassung ist "richtiger"? Die Italienische Wiener, wobei Orpheus heute durch eine Altistin (bzw Countertenor) gesungen wird. Oder die spätere Französische Pariser Version, wobei der Orpheus ein Tenor ist.



    beide Fassungen haben die gleiche Bedeutung - zudem sind es für mich zwei eigenständige Werke, denn die italienische Fassung von 1764 und die französische Fassung von 1774 sind schon recht unterschiedlich, nicht nur wegen einigen Arien und Balletten, vor allem auch an der Sprache.



    Allerdings sollte man die frz. Fassung von 1774 nicht mit der wesentlich späteren Fassung von Berlioz verwechseln.

  • Zitat

    Original von der Lullist


    beide Fassungen haben die gleiche Bedeutung - zudem sind es für mich zwei eigenständige Werke, denn die italienische Fassung von 1764 und die französische Fassung von 1774 sind schon recht unterschiedlich, nicht nur wegen einigen Arien und Balletten, vor allem auch an der Sprache.


    Allerdings sollte man die frz. Fassung von 1774 nicht mit der wesentlich späteren Fassung von Berlioz verwechseln.


    Die letztere Version ist für mich nicht mehr Gluck, sondern Gluck-Berlioz. Genau wie man auch redet über das "Ave Maria" von Bach-Gounod. Oder über "den Messias" von Händel-Mozart, bzw bearbeitet durch Mozart.


    LG, Paul

  • Hallo musicophil,


    mit "zeitgenössisch" habe ich gemeint, dass Gardiner sich aus den drei existierenden Fassungen von Leonore/Fidelio eine eigene Fassung mit hohem 1805er-Anteil erstellt hat, deren einzelne Nummern nicht durch die originalen Sprechtexte, sondern durch einen völlig andersartigen Dichtertext, gesprochen von einem einzigen sonst nicht in die Oper involvierten Schauspieler, verbunden sind. Die Musik als solche ist aber HIP.
    Ähnlich, weil kein Fassungs-Mix, verhält es sich doch auch mit Weils Freischütz, in dem die gesprochenen Teile dieser Oper durch gesprochene Reflexionen/Monologe von Samiel ersetzt sind, weswegen diese Oper in dieser bis jetzt einzigen HIP-Fassung eine Richtung bekommt, die sie davor nie gehabt hat.


    Als extremstes Beispiel möchte ich Uri Caines Diabelli anführen, eine zeitgenössische (gegenwärtige) Orchestrierung der Diabelli-Variationen von Beethoven, wiedergegeben mit Instrumenten der Beethovenzeit vom Concerto Köln. Rein von der Logik her, könnte man jetzt natürlich sagen, HIPer geht`s nicht mehr, aber :D


    Aber was ich eigentlich sagen will, ist, dass eine Oper in HIP in erster Linie doch Oper bleibt und ihre ganze Dramaturgie erhalten bleiben muss. D.h. gerade von einer HIP-Oper muss ich Fassungsreinheit
    erwarten, sollte sie nach einen allgemeingültigeren Anspruch streben, dann gibt es doch den Anhang. Östman hat es mit seinen Drottingholmern vorgemacht, in dem er seinem Prager Don Giovanni in einer Anhang-CD die Wiener Änderungen beigefügt hat, oder McGegan, der seiner Aufnahme vom Messias sämtliche von Händel vorgesehenen Alternativarien und -chöre beigefügt hat.


    Gut dass auch Glucks Orpheus erwähnt worden ist, von dem ich ebenfalls alle Fassungen einschließlich der von Berlioz kenne. Ich will keine missen, weil jede auf ihre Art und Weise gut ist und ich würde es als schrecklich empfinden, wenn aus dem "best of" all dieser Fassungen gleichsam ein Super-Orpheus zusammengestellt werden würde, der übrigens nie HIP sein könnte, weil in diesem Fall genau wie bei Caines Diabelli es dem Originalklang der Originalkomposition ermangelte.


    Viele Grüße
    John Doe


    P.S. eine Gluck-Wagner Iphigenie aus dem Jahr 1847 gibt es übrigens auch. Sie wird von unseren Wagnerianern bloß immer übersehen.

  • Lieber John Doe (und auch alle anderen),


    ich meinte meine Aussage dahin gehend, dass viele Werke für einen Musiker geschrieben wurden. Das gab es nicht nur in lang vergangenen Jht., sondern auch im 20. Jht. oder 21. Jht. (s. zB Rostropovich).


    Meine Aussage zielte mehr darauf, ob nicht auch einmal ein Stück so geschrieben wurde, einen Musik oder eine Instrumentengruppe eher zu vernachlässigen, weil die so schlecht waren, das aber eigentlich wenig Sinn macht, wenn man das Stück mit ausgezeichneten Musikern aufgeführt hätte. War aber nur so eine Überlegung :wacky:.


    Ansonsten soll wirklich jeder hören, was er möchte. Ich sorge mich eben nur darum, dass aus einer durchaus berechtigten Aufführungsalternative eine wilde Mode wird, der alles und jedes zum Opfer fällt, bis das Pandel umschlägt und keimer mehr HIP hören möchte.
    So ein bisschen wie Tennisübertragungen im deutschen Fernsehen. Mit Becker und Graf kam Tennis in Mode und bald konnte man noch jedes Jugendturnier der Gurkentruppe vom Nachbarort im Fernsehen anschauen. Dann war der Markt übersättigt, die Helden waren abgetreten und Tennis verschwand in der Versenkung und kommt jetzt langsam wieder.
    Wirklich: Nichts gegen alternative Darstellungen. Aber stellt euch mal vor, der Stadtrat kommt auf die Idee zu sagen, dass man die Planstellen im Orchester um 2/3 kürzen könnte, weil HIP ja auch geht und dann braucht man doch gar nicht mehr so viele teure Musikerplanstellen.


    Ansonsten: Ich bin für Versuche offen. Bei Wagner allerdings wird die Sache vielleicht heikel, weil man da den Ansatz Wagners eines Gesamtkunstwerkes unter Live-Bedingungen (bitte nie vergessen: Es wurde ja nie für die CD Musik geschrieben, sondern ausschließlich für die Live-Darbietung) mit einem Bayreuthsound im Studio mit Originalinstrumenten nicht so ohne weiteres nachahmen kann.


    Und ganz zum Schluss ein Ordnungsruf: Das Thema heisst HIP für Anfang 19. Jht.? Was haben da Gluck und Mozart mit zu tun?

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  • Zitat

    Meine Aussage zielte mehr darauf, ob nicht auch einmal ein Stück so geschrieben wurde, einen Musik oder eine Instrumentengruppe eher zu vernachlässigen, weil die so schlecht waren, das aber eigentlich wenig Sinn macht, wenn man das Stück mit ausgezeichneten Musikern aufgeführt hätte. War aber nur so eine Überlegung


    naja der Chor den Bach hatte muß eine kleine Katastrophe gewesen sein :D



    aber solche Sachen sind natürlich überliefert, es gibt z.B. für einige Opern aus dem Barock schwere und leichte Versionen von Arien.
    Man denke z.B. nur an Mozarts Idomeneo.



    Ansonsten glaube ich, dass die Interpretation immer einer Mode unterworfen ist.
    In 20 Jahren wird sich die Interpretations mit Sicherheit völlig gewandelt haben.
    Was z.B. langsam verschwindet ist, das man alles mit Dauervibrato spielen muss - und das ist auch gut so.



    Zitat

    Wirklich: Nichts gegen alternative Darstellungen. Aber stellt euch mal vor, der Stadtrat kommt auf die Idee zu sagen, dass man die Planstellen im Orchester um 2/3 kürzen könnte, weil HIP ja auch geht und dann braucht man doch gar nicht mehr so viele teure Musikerplanstellen.


    mich würde es wundern wenn eine solche Person überhaupt weiß was HIP ist .... die meisten kennen nichtmal den Unterschied zwischen Cembalo und Cello. :rolleyes:


    Zitat

    Ansonsten: Ich bin für Versuche offen. Bei Wagner allerdings wird die Sache vielleicht heikel, weil man da den Ansatz Wagners eines Gesamtkunstwerkes unter Live-Bedingungen (bitte nie vergessen: Es wurde ja nie für die CD Musik geschrieben, sondern ausschließlich für die Live-Darbietung) mit einem Bayreuthsound im Studio mit Originalinstrumenten nicht so ohne weiteres nachahmen kann.


    den Sound kann man aber auch nicht mit normalen Instrumentarium im Studio nachahmen - also ist es unnötig darüber zu debattieren.


    Ich denke man sollte erstmal damit experimentieren, wie Wagner mit den Instrumenten und Spiel- / Gesangstechniken klingen würde, die zu seiner Zeit üblich waren.
    Bisher haben solche Versuche ausnahmslos interessante Ergebnisse erbracht, erstmal gewöhnungsbedürftig und ausbaubar - aber das ist doch gerade das aufregende - mal ausgetretene Pfade zu verlassen.





    Zitat

    Und ganz zum Schluss ein Ordnungsruf: Das Thema heisst HIP für Anfang 19. Jht.? Was haben da Gluck und Mozart mit zu tun?


    das waren nur Beispiele um bestimmte Verhältnisse zu erklären - auf irgendwas muss man sich ja beziehen, oder ?
    Zudem sind beide Komponisten für die nachfolgende Musik extrem wichtig.


    Berlioz hätte seine Trojaner niemals ohne sein "Gluck und Rameau Studium" schreiben können.
    Les Troyens ist eine echte Tragèdie Lyrique in dieser Tradition.

  • Zitat

    Original von Luis.Keuco
    Ansonsten soll wirklich jeder hören, was er möchte. Ich sorge mich eben nur darum, dass aus einer durchaus berechtigten Aufführungsalternative eine wilde Mode wird, der alles und jedes zum Opfer fällt, bis das Pandel umschlägt und keimer mehr HIP hören möchte.


    Lieber Luis Keuco,


    HIP will nicht zwingen. Versucht das Werk so viel wie möglich klingen zu lassen, als es komponiert wurde. Denn dann klingt es vermutlich am schönsten. Gab es damals kein Steinway, dann sollte man auch nicht ein Steinway benützen. Das ist nicht eine Mode, sondern ein Versuch die Musik so viel wie möglich Recht zu tun.
    Willst Du das nicht, dann eben nicht.


    Zitat

    Ansonsten: Ich bin für Versuche offen. Bei Wagner allerdings wird die Sache vielleicht heikel, weil man da den Ansatz Wagners eines Gesamtkunstwerkes unter Live-Bedingungen (bitte nie vergessen: Es wurde ja nie für die CD Musik geschrieben, sondern ausschließlich für die Live-Darbietung) mit einem Bayreuthsound im Studio mit Originalinstrumenten nicht so ohne weiteres nachahmen kann.


    Ich weiß nicht, wie weit das Nachahmen von Räume jetzt gelungen ist. Es würde mich aber nicht wundern, wenn auch der Bayreuthklang einmal täuschend aus dem Computer kommt.


    Zitat

    Und ganz zum Schluss ein Ordnungsruf: Das Thema heisst HIP für Anfang 19. Jht.? Was haben da Gluck und Mozart mit zu tun?


    Da wurde das Beispiel der Leonore/Fidelio gegeben. Nicht komplett original Beethoven. Nur um zu zeigen, daß es aber auch Beispiele gibt, die vom Komponisten selbst sind, nannte ich Gluck. Ich nannte aber auch Mercadante.


    Und Mozart wurde nur genannt als Reaktion auf Berlioz' Bearbeitung von Glucks Orpheus. Ebenso wenig wie man Berlioz' Bearbeitung original nennen darf, ebenso wenig darf man Mozarts Bearbeitung von Händels Messiah als original verkaufen. Sie ist nun mal eine Bearbeitung.


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von John Doe
    Aber was ich eigentlich sagen will, ist, dass eine Oper in HIP in erster Linie doch Oper bleibt und ihre ganze Dramaturgie erhalten bleiben muss. D.h. gerade von einer HIP-Oper muss ich Fassungsreinheit
    erwarten, sollte sie nach einen allgemeingültigeren Anspruch streben, dann gibt es doch den Anhang. Östman hat es mit seinen Drottingholmern vorgemacht, in dem er seinem Prager Don Giovanni in einer Anhang-CD die Wiener Änderungen beigefügt hat, oder McGegan, der seiner Aufnahme vom Messias sämtliche von Händel vorgesehenen Alternativarien und -chöre beigefügt hat.


    Lieber John Doe,


    Da haben wir einander gefunden. Denn genau das ist es, was für mich auch zu HIP gehört.


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von der Lullist
    aber solche Sachen sind natürlich überliefert, es gibt z.B. für einige Opern aus dem Barock schwere und leichte Versionen von Arien.
    Man denke z.B. nur an Mozarts Idomeneo.


    Willst Du sagen, daß es von Idomeneo eine leichte und eine schwere Fassung gibt?
    War der Grund nicht, daß diese Oper bei der Wiederaufführung in Wien für Idamante statt einen Kastraten einen Tenor bekam.
    Für ihn (+ Violine) schrieb Mozart damals doch die (Konzert)Arie "Non temer, amato bene" (KV 490). Und noch mehr wurde geändert. Das geschah aber nur, weil ein Tenor den Idamante singen würde.


    LG, Paul

  • Nö Raaf schaffte seine Partie nicht mehr, er war ja bereits ein alter Sack, seine große Zeit lag Jahre zurück.


    Von "Fuor del mar" gibt es zwei Versionen, eine mit Koloraturen, eine ohne bzw. reduziert.