Ein dänischer Romantiker - Hakon Børresen

  • Hallo Taminos,
    heute möchte ich euch wieder einen skandinavischen Komponisten vorstellen, von dem ich bis vor ein paar Monaten noch nie gehört habe.


    Es ist ...

    Hakon Børresen


    1876-1954




    Wie auch bei Herrn Nielsen der Lebenslauf in Stichpunkten:


    1876 - am 2. Juni als Sohn einer Kaufmannsfamilie in Kopenhagen geboren ( kompletter Name : Axel Ejnar Hakon Børresen )


    bis 1895 - Unterricht in Klavier, Violoncello, Violine und Theorie


    1895- Vater besucht mit seinem Sohn Johan Svendsen um sich ein Urteil über das Talent des Sohnes zu holen, da dieser den Wunsch hegt, Komponist zu werden.


    1897- Orchesterfantasie Thor kører til Jotunheim


    ab 1901- Privatstunden bei Svendsen


    1901- Uraufführung seiner 1. Sinfonie durch Svendsen ; erhält Ankersche Legat: alle musikalischen Kreise stehen ihm offen.


    Ab 1902- lebt als freischaffender Komponist in Kopenhagen


    1904- Sinfonie Nr. 2 , Violinkonzert G-Dur


    1914-17- komponiert die Oper Kaddara


    1919- Børresens populärstes Werk , die Oper Der königliche Gast wird uraufgeführt


    1924-1949- Vorsitzender des Dänischen Komponistenverbandes


    1927- UA Sinfonie Nr. 3


    1954- stirbt am 6. Oktober in Kopenhagen





    Nun wieder zu den existierenden Aufnahmen.




    Die einzige Aufnahme die ich bisher von ihm kenne. Wie auch bei Nielsen ist es mir bei der Farbigkeit und der vorzüglichen Instrumentation der Werke ein Rätsel wie ein solcher Komponist in Vergessenheit geraten konnte.


    Die Sinfonie Nr. 2 ist ein sehr interessantes farbenfrohes Werk mit dem Untertitel: Das Meer.
    Der Untertitel ist verständlich, da man sich bei den ersten beiden Sätzen wirklich das Zusammenspiel der Wellen vorstellen kann. Die anderen beiden Sätze sind mir leider nicht so sehr im Gehör geblieben wie die vorhergegangenen. Insgesamt jedoch auch ein kleiner Schatz.


    Die 3. Sinfonie ist sehr lebhaft und ebenfalls farbenfroh. Hier sticht für mich der letzte Satz heraus der oft wie ein kleiner Galopp anklingt. Das besondere daran ist für mich, dass die tiefen Streicher an den Stellen besonders herausragen was einen ganz besonderen Charakter hat. Ich kann mir da gut einen schnellen doch recht schwerfälligen Lauf vorstellen, wie wenn man im Sportunterricht über diese hyperweichen Matten laufen muss. Ansonnsten ist der Satz wohl am dramatischsten gestaltet.


    Wie im vorherigen kann man nur sagen, dass es eine Schande ist, dass diese Werke nicht öfter im Konzertsaal zu hören sind.



    Auch eine CD in meinem Besitz die mein CD-Spieler permanent nicht abspielen möchte ( der spinnt eh momentan ein wenig, wird Zeit, dass ein neuer kommt ! )


    Auf der CD sind folgende Werke enthalten:
    Sinfonie Nr. 1
    Serenade für Streicher, Horn und Pauken
    Nordische Volksmelodien






    Hier auch das Violinkonzert neben der 1. Sinfonie



    Hier sein populärstes Werk, seine Oper " der Königliche Gast " .



    Viel Spaß beim Lesen und ich würde mich über Anregungen freuen die mir helfen würden, wie ich Musik besser beschreiben kann!


    LG
    CHrissi

  • Wenn Christian Biskup in seinem Bericht schreibt "Die anderen beiden Sätze sind mir leider nicht so sehr im Gehör geblieben wie die vorhergegangenen." dann ist das eine treffende Bezeichnung - nicht nur für Børresen, sonder für die meisten skandinavischen Musiker.
    Ungeachtet dessen ist Børresens Musik durchaus hörenswert.
    Geheimnisvoll raunend, wie aus dem Nichts kommend beginnt die erste Sinfonie bis die Musik allmählich anschwillt und sich krafftvoll ihren Weg bahnt, bis sie durch eine Sequenz abgelöst wird, die (mich) ein wenig an Mendelssohns Scherzi erinnert. Soweit der Beginn des ersten Satzes.
    Die Sinfonie wurde 1901 unter der Stabführung von Børresen Lehrer Johan Svendsen uraufgeführt, und war ein großer Publikumserfolg.
    Einer der einflußreichsten Musikkritiker schrieb eine meiner Meinung nach zwiespältige Rezension, wo die lobenden Worte die eigentliche Kritik umhüllten.
    Er wies darauf hin, daß der Komponist noch sehr jung , naiv und direkt komponiere und sich nicht in künstlicher Tiefsinnigkeit versuche - dies alles sei sehr sympathisch. Der Lehrer Svendsen sei in jedem Ton erkennbar.Ich teile diese Ansicht nicht - und heutige Kritiker meinen eher Anklänge an Tschaikowsky wahrzunehmen.
    Die Tendenz, das Orchester gelegentlich im Pianissimo verschwinden zu lassen wurde indes auch erwähnt - und hier pflichte ich dem Rezensenten der Uraufführung bei.
    Børresens Stil ist spätromantisch gefärbt, Modernismen wird man bei ihm nicht finden.
    Das beantwortet auch die Frage von Christian Biskup, wieso ein solcher Komponist in Vergessenheit geraten konnte.
    Der Harenberg Konzertführer - er ruhe in Frieden - erwähnt Børresen (fast möchte ich sagen: erwartungsgemäß) nicht.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Liebe Taminos,


    ich kann Euch die freudige Mitteilung machen, dass eine weitere CD mit einem Werk Börresens herausgekommen ist.
    Es handelt sich um die Oper Kaddara.



    Die Oper, die ich später nochmal genauer vorstellen werde, war bei ihrer Uraufführung ein glänzender Erfolg.
    Sie wurde nicht nur wegen ihres ungewöhnlichen Handlungsortes - nämlich Grönland - und der orginal grönländischen Kostümen, sondern auch wegen den farbigen und teils grönländisch anmutenden Musik und Sprache zu einem großen Erfolg der bis 1946 anhielt, bevor die Oper bis vor kurzem verschwand.


    Die vorliegende CD ist die Erstaufnahme des Werkes und wurde von der Opera Ruse Bulgarien eingespielt.
    Die Aufnahme ist recht solide jedoch kein Meisterwerk. Die Sänger sind durchweg zufriedenstellend, Maria Hanke als Sopran (nur eine kleine Nebenrolle) und besonders Elisabeth Hanke als Alt sind sehr solide und haben tolle Stimmfarben.
    Das Orchester ... naja, ich glaube da wäre einiges mehr gegangen, witzigerweise (?!) schwächeln die Streicher teils ganz schön, die Bläser hingegen sind sehr gut.


    Wie gesagt, später kommt mehr. Dies ist nur ein erster Tipp!
    Beste Grüße

  • Liebe Taminos,


    nachdem ich gestern mal wieder eine Sinfonie von Hakon Børresen gehört habe und wieder so begeistert war, habe ich mir heute nochmal alle seine Sinfonien angehört. Als seine beste empfinde ich seine dritte in C-Dur, die 1931 auch als einzige gedruckt wurde. Die Sinfonie ist dem Orchester der Königlichen Oper Kopenhagen gewidmet und trägt die Opusnummer 21. Die vier Sätze ( Andante - Adagio - Allegretto moderato - Rondo ) werden ohne Pause attaca gespielt.


    Der erste Satz beginnt mit dem kraftvollen Haupthema in e-Moll, welches jedoch schnell abklingt und einem ruhigen zweiten Thema Platz gibt. Die Stimmung schwankt zwischen geheimnisvoll und leidenschaftlich. Doch bald wird die Musik immer feierlicher, freudig und wird zu einem der schönsten Momente der Sinfonie. Rhythmisch steigert sich Børresen Raffinesse immer mehr. Das zweite Thema erscheint leicht versteckt in der Oboe und steigert sich zu einem dramatischen Höhepunkt, der kraftvoll aufgelöst wird. Das zweite Thema wird immer ausdrucksvoller, verliert jedoch bald wieder an Intensität und lässt das wiederkehrende erste Thema umso stärker erscheinen. Nach einer wunderschönen neuen Melodie scheint ein mächtiger Ausbruch den Satz zu beenden, doch das nun in C-Dur gestelle Hauptthema leitet in das Adagio über.
    Der zweite Satz wird zu Beginn von einem cantilenen Thema geprägt, wird jedoch bald unruhig. Die Spannung löst sich in einen Teil voller Schönheit auf, der leise verklingt.
    Das Allegretto ist ein kleiner Walzer, der in seiner Leichtigkeit etwas an Tschaikowsky erinnert. Ein belebterer Zwischenteil wirkt wie ein harscher Bauerntanz bevor der Walzer, nun in größerer Besetzung wiederkehrt. Eine geheimnisvolle Überleitung leitet in den letzten Satz ein.
    Das Rondo ist von fast slawischen Charakter und beginnt mit einer lauten Tutti, die schnell in den fast grotesken A-Teil einleitet. Dieser steigert sich wie beim Bolero durch hinzufugen von Instrumenten und wird stetig wilder. Der B-Teil ist weitaus cantilener, leicht leidenschaftlich und ändert sich schnell zu einer kontrapunktisch hervorragend gearbeiten Variation vom A-Teil und steigert sich erneut bis zu einer Tutti. Die Leidenschaft kommt nochmal kurz erneut durch, bevor der A-Teil wiederholt wird. Dieser wandelt sich von c-Moll nun in C-Dur und führt zu einem strahlenden Ende.



    Die Aufnahme von CPO unter Ole Schmidt kann ich sehr ans Herz legen. Sein Fokus liegt auf der reinen Schönheit der Melodie und den zahlreichen Farben der fabelhaft orchestrierten Partitur und vernachlässigt dabei vielleicht ein wenig den Rhythmus. Dennoch ziehe ich diese Aufnahme der von Naxos vor, spiegelt sie doch den Geist Børresen m.E. am besten wieder.


    Liebe Grüße
    Christian


  • Lieber Christian,
    danke für die interessanten Berichte. Denke aber bitte daran, auch in den Mitsommernächten sollte man ausreichend schlafen, oder ist das schon das Training für den kommenden Dirigenten und seine Nacheinsätze?


    Herzlichst
    Operus

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