Karl Böhm dirigiert Beethoven - Die Sinfonien

  • Dieser Thread wurde erst möglich nachdem ich meine Böhm BeethovenSammlung einerseits, und meine restliche Beethoven.Sammlung andrerseits komplettiert habe - und nun bei Bedarf jederzeit in der Lage bin Vergleiche zu ziehen.


    Diese Vergleiche werden rein subjektiver Natur sein und versuchen mit einfachen Worten die Eindrücke zu schildern die ein Bestimmtes Werk, oder ein bestimmter Satz eines Werkes hinterlässt - gegebenenfalls im Vergleich mit anderen Interpretationen.




    Zu Beginn dieses Threads habe ich mir Die Sinfonie Nr 5 von Beethoven ausgesucht, weil sie einerseits eine der bekanntesten Beethoven.Sinfonien ist, und weil sie mir andrerseits schon vor Jahrzehnten als besonders beeindruckend durch Böhm dirigiert in Erinnerung geblieben ist....


    In meiner Jugend waren es vor allem 2 Interpretationen die mir in Sachen Beethovens Fünfter in Erinnerung geblieben sind. Die von Herbert von Karajan - und die von Karl Böhm.


    Ich hatte die 5. mit Sicherheit schon lange gehört, bevor mir Karajans Version zu Gehör gebracht wurde, denn ich erinnere mich genau an den ersten Eindruck: "Beethoven in Turnschuhen" - war, was ich damals Sagte, mich störten die flotten Tempi. Heute ist das nicht mehr der Fall - aber sie sind eigentlich nur in der ersten Stereofassung von 1960/62 evident. Spätere Fassungen waren "glatter" und - zumindestens subjektiv - langsamer


    Aber zurück zu Karl Böhm


    Als ich seine Fassung mit den Wiener Philharmonikern anfang der 70er Jahre erstmals hörte, da war mein Eindruck. "Thats it !!!" So und nicht anders musste Beethovens 5 klingen. !!


    Das Anfangsmotiv wird weniger drohend wie beispielsweise bei Bernstein (CBS-Aufnahem) und weniger forsch als bei Karajans zuvor genannter "Jahrhundertaufnahme" gespielt - und mag auf manche Hörer im ersten Augenblick enttäuschend wirken.
    Aber der Schein trügt. Wenngleich Böhm anfangs ein gemässigtes Tempo und eine moderate Dynamik präsentiert, wird beides im Laufe des Satztes immer eindringlicher und dramatischer.
    Wonach der 2. Satz sich mit besonders langsamer Lesart anschliesst, gradezu gravitätisch, aber überidisch schön. Fast überraschend fahren die Fanfarentöne drein, extrem Langsam, aber äusserst eindringlich.
    Böhm betont das majaetätisch - erhabene dieses Satzes in meiner Meinung nach unerreichter Weise. Trotz aller Fülle und Wärme dew Klanges bleibt dieser dennoch gut durchhörbar.


    Dem dritten Satz verleiht Böhm etwas geheimnisvolles, dennoch verzichtet er auf Übertreibungen, bringt aber feinste Nunancierungen ins Spiel. Den Übergang zum 4. Satz bringt Karajan dramatischer (Kein Wunder - in dieser Disziplin schlägt er ALLE Einspielungen) aber Böhm ist hier vielleicht ein Quentchen Musikalischer. Ich vermeine zu hören, wie der Tontechniker im Laufe des Übergangs 2mal !! ein wenig nachregelt- weil er sich vor der wahrscheinlich zu Großen Dynamik im Original fürchtet (?)


    Aber nun : Böhm at his best: Man hört den Bruckner- und auch Wagner-Dirigenten. Beeindruckend wie selbstverständlich und doch beeindruckend er die Dynamiksprünge bewältigt - ohne je die Musikalität anzutasten und wie er ohne jegliche Aggressivität ein "strahlendes" Klangbild erreicht. Strahlend geht das Werk zu Ende...


    Und immer wieder durchströmt es mich:
    GENAU so muß es klingen: So und nicht anders !!!


    Ergänzungen, Korrekturen, Widerspruch - oder aber (noch besser !)
    Alternativbeschreibungen der gleichen Aufnahme - sind gern gesehen.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Hallo Alfred,


    auch ich liebe die Schicksalssinfonie über alles. Jedesmal, wenn ich mir neue Boxen (Schallwandler ausgesucht habe, und das ist in den letzten 10 Jahren häufig vorgekommen, da ich die vorhergehenden Boxen immer günstig in Zahlung geben konnte) war beim Anhören der Neuen die Fünfte von Beethoven dabei, weil ich mir einbildete, die Sinfonie kenne ich so gut, nur beim Anhören dieses Werkes kann da Aha-Erlebnis eintreten. Dies vorausgeschickt.


    Der Böhm-Zyklus ist auch nach meiner Auffassung einer der besten. Aber: An Einzelaufnahmen zum Vergleich sind insbesondere bei der Fünften Konkurrenzaufnahmen da, die ebenfalls ihre Meriten haben.


    Ich möchte erwähnen:
    E. Kleiber, Concertgebouw, Decca
    G. Solti, Wiener Philharmoniker, Decca
    C. Kleiber, Wiener Philharmoniker, DG
    G. Wand, NDR-SO, RCA
    B.Drahos, Esterhazy Sinfonia.


    Böhms Interpretation würde ich insgesamt als stimmig beurteilen. Klangtechnisch gibt es aber besseres. C. Cleiber - "spannungsgeladen, dramatischer Elan". B. Drahos - "wie hier das Schicksal an die Pforte schlägt, das zieht den Hörer in den Bann und lässt ihn nicht mehr los; jede Entwicklung des Themas ist getragen von drängender Energie, unerbittlich und konsequent bis zum Finale ". Diesen Rezensionen der von mir besonders geschätzten Fachkritiker möchte ich mich vorbehaltlos anschließen, da ich es beim Abhören der Aufnahmen nachvollziehen kann.


    Trotzdem bleibe ich ein Böhm Fan, auch wegen Mozart (Live-Erlebnisse Salzburger Festspiele 70/71), Richard Strauss und Richard Wagner.


    Liebe Grüße aus Burgdorf


    Liebe Grüße aus Burgdorf


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Karl Böhm war ein durch und durch musikalischer Dirigent und immer werkgetreu. Dadurch strahlen alle seine Interpretationen hohe musikalische Tiefe und Seele aus. Diese "atmende" Intensität zeichnet diesen Dirigenten besonders aus, auch wenn er als Mensch ein Grantler gewesen sein soll. Beweis für "Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust?"
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Man muß hiezu sagen, daß es ZWEI Beethoven Zyklen in Stereo unter Böhm gegeben hat, beide für Deutsche Grammophon, zudem zumindest eine Einzelaufnahme der Neunten für Philips.
    Einer der beiden Zyklen entstand mit den Berliner Philharmonikern, vielleicht waren da vereinzelt noch mono Einspieluinge dabei - ich weiß nicht warum, aber ich habe den Zyklus nie als einheit angeboten gesehen, bzw ich kenne die Aufnahmen überhaupt nur als Zweitaufguß als Vinyl-Schallplatte in der Serie "Resonance", eine Aufnahme davon wurd auch in der Serie "The Originals" veröffentlicht. Hier pflichte ich Gerlach bei: Klangtechnisch gibt es besseres.


    Jedoch die Wiener Aufnahmen - sie sind später entstanden sind klangfarbentreu und durchaus gut aufgenommen, natürlich in DGG-Qualität, und nicht in jener der DECCA......


    Es braucht sich also niemand vor einem "historischen" Klangbild zu fürchten...


    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....