Debussy - Orchesterwerke

  • La Mer


    1. Barenboim



    Im letzten Jahr, zum 80. Geburtstag von Martha Argerich, erschien diese Aufnahme. La Mer ist mit Barenboims Hausorchester, der Staatskapelle Berlin, im Wiener Musikvereinsaal aufgenommen. Für mich ist die beste Debussy-Orchesterplatte Barenboims seine vollauf gelungene alte Aufnahme mit dem Orchestre de Paris mit Printemps und Le Martyre de Saint Sebastien. Die neue Aufnahme hier ist auch sehr gut anzuhören, aber insgesamt ist mir Barenboims Debussy zu pastos. Es fehlt diese gewisse französische Feinheit.


    2. Abbado


    Eine dicke Empfehlung besonders für Wolfgang (teleton) ist Abbados Konzertmitschnitt aus Luzern. Da wird hoch virtuos mit viel Leidenschaft musiziert - wahrlich fulminant, so dass der Funke überspringt. Wie ich gesehen habe, ist die CD einzeln wohl leider nicht mehr erhältlich:



    3. Boulez


    An Boulez führt kein Weg vorbei. Meine erste Schallplatte mit La Mer war die alte CBS-Studioaufnahme, die ich auch heute noch in dieser Box besitze (in einer älteren Ausgabe). Sie darf eigentlich in keiner CD-Sammlung fehlen:



    Seine neuere Aufnahme habe ich nicht!


    4. Celibidache


    Celibidache und Debussy - das gehört schlicht zusammen. Die impressionistischen Feinheiten schillernder Farben - bei ihm, dem Doctor subtilis unter den Dirigenten, bekommt man sie geboten, dazu mit einem immer durchsichtigen Klang. Ich habe beide Aufnahmen - die ältere aus Stuttgart mit den hochinteressanten Proben und die neuere aus München:




    5. Karajan


    Karajan ist ein Klangästhet ohne Frage - das zu bestreiten, wäre unsinnig. Nur ist der Karajan-Sound bei Le Mer einfach kein "französischer" Debussy. Da fehlt die französische Clarte. Mit einem Wort: Es passt nicht so recht, auch wenn die künstlerische Qualität exquisit ist.


    6. Toscanini


    Dieser Konzertmitschnitt in Mono ist schlicht ein Ereignis: Toscanini zeigt, wie "sinnlich" er dirigieren kann mit einer bei keiner anderen Aufnahme so zu spürenden geradezu berstenden Spannung. Die dramatischen Züge von La Mer bringt Niemand so heraus. Wer diese wahrlich umwerfende Aufnahme einmal gehört hat, vergisst sie nie mehr! Garantiert! :)


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    Schöne Grüße

    Holger

  • Interpretationen bedeutender Namen der Dirigenten-Gilde wurden im thread erwähnt.


    Diese preiswerte Box mit 9 CDs des Labels Naxos enthält alle Orchesterwerke Claude Debussys, auch Bearbeitung seiner Klavierwerke für Orchester. Das Orchestre National de Lyon und der Dirigent Jun Märkl setzen die geforderte Klanglichkeit in Perfektion um. Französische Clarté ertönt aus den Lautsprechern. Die Tonmeister haben eine sehr gute Arbeit geleistet.



    Eine Besondernheit berücksichtigt die Werkzusammenstellung: Komponistenkollegen und Dirigenten haben das Potential der für die Tasten des Klaviers geschaffenen Werke Debussys erkannt und für das Zusammenspiel der Orchester-Instrumente zu Papier gebracht. Von den 29 Werken der Box wurden 14 Werke von ihnen arrangiert und bearbeitet.


    Prélude à l'apres-midi d'un faune

    La mer

    Jeux

    Children's Corner (orchestriert von Caplet)

    Pelleas et Melisande-Symphonie (arrangiert von Constant);

    Nocturnes Nr. 1-3 (orchestriert von Jarrell)

    Images Nr. 1-3;

    Sarabande aus Pour le piano (arrangiert von Ravel)

    Danse "Tarentelle styrienne" (arrangiert von Ravel)

    Marche écossaise sur un theme populaire (Orchesterversion)

    La plus que lente (Orchesterversion)

    Symphonische Fragmente aus "Le Martyre St. Sebastien"

    Khamma

    Fanfare d'ouverture & Le Sommeil de Lear aus "Le Roi Lear"

    Cortege et Air de danse aus L'Enfant prodige

    La boîte a jououx (orchestriert von Caplet)

    Le triomphe de Bacchus (orchestriert Gaillard)

    6 Epigraphes antiques (orchestriert von Ansermet)

    En blanc et noir (orchestriert von Holloway)

    Petit Suite (orchestriert von Büsser)

    Suite bergamasque (orchestriert von Caplet)

    L'Isle joyeuse (orchestriert von Molinari)

    Préludes Heft 1 & 2 (orchestriert von Matthews)

    Printemps

    Estampes Nr. 1 & 2

    Symphonie h-moll (orchestriert von Finno)

    Fantaisie

    Rhapsodie Nr. 1 für Klarinette & Orchester

    Danses sacree et profane

    Ich bin soweit, in meinen Beiträgen Rechtschraibfehler stehen zu lassen als menschlicher Protest gegen die perfekte KI-Welt.



  • Diese preiswerte Box mit 9 CDs des Labels Naxos enthält alle Orchesterwerke Claude Debussys, auch Bearbeitung seiner Klavierwerke für Orchester.

    Lieber Moderato,


    besten Dank für den Tip! :) Interessant an dieser Box finde ich, dass da etliche Werke bekommt, die man sonst einzeln kaum erhält. Bei manchen Orchstrierungen von Klavierwerken von anderen Komponisten muss ich allerdings sagen - solche sind in der Debussy-Box von Simon Rattle, die ich habe - doch sehr parfumiert wirken.


    Schöne Grüße

    Holgrt

  • Lieber Dr. Holger Kaletha


    Kennt man die originalen Werke Claude Debussys im Klaviersatz muss der Höreindruck der Orchestrierungen ein "parfümierter" sein. Die Rattle-Aufnahmen kenne ich nicht.


    Die Kunst des Arrangeurs oder Bearbeiters besteht darin, den Charakter des Werkes beizubehalten, dabei die Klanglichkeit der Instrumente zu berücksichtigen, was die Struktur nicht verschleiern soll.


    Umgekehrt ist auch gefahren. Vom Orchesterwerk La Mer gibt es eine Fassung für Klavier zu vier Händen.


    Die Pianisten der Aufnahme, Mayumi Kameda & Jean Jacques Balet, haben die Transkription erstellt. Die Struktur der drei Teile wird so verdeutlicht. Was verloren geht ist die differenzierte Klanglichkeit des Orchesterapparates, die Claude Debussy subtil eingesetzt hat.


    Ich bin soweit, in meinen Beiträgen Rechtschraibfehler stehen zu lassen als menschlicher Protest gegen die perfekte KI-Welt.



  • Kennt man die originalen Werke Claude Debussys im Klaviersatz muss der Höreindruck der Orchestrierungen ein "parfümierter" sein. Die Rattle-Aufnahmen kenne ich nicht.


    Die Kunst des Arrangeurs oder Bearbeiters besteht darin, den Charakter des Werkes beizubehalten, dabei die Klanglichkeit der Instrumente zu berücksichtigen, was die Struktur nicht verschleiern soll.

    Dem stimme ich zu. Ich bin zwar wahrlich kein Debussy-Experte und kann deshalb nur Partei für die Orchestrierung eines Werkes ergreifen, doch die "Petite Suite" in der Orchestrierung von Henri Büsser ist meiner bescheidenen Meinung nach wirklich ein Meisterwerk. Ich habe das Stück selber schon im Orchester gespielt und erst im Nachhinein das Original für Klavier vierhändig kennengelernt. Was Büsser hier aus der Klavierpartitur gezaubert hat, ist wirklich großartig, wundervolle Musik mit riesigem Farbenreichtum. Das orchestrale Klangspektrum kommt dem Werk sehr zugute, man achte nur mal auf die delikate Harfeneinbindung etwa im Menuett, zum Niederknien schön!


    Liebe Grüße

    Amdir

  • Kennt man die originalen Werke Claude Debussys im Klaviersatz muss der Höreindruck der Orchestrierungen ein "parfümierter" sein. Die Rattle-Aufnahmen kenne ich nicht.


    Die Kunst des Arrangeurs oder Bearbeiters besteht darin, den Charakter des Werkes beizubehalten, dabei die Klanglichkeit der Instrumente zu berücksichtigen, was die Struktur nicht verschleiern soll.

    Lieber Moderato,


    ich stehe vielen dieser Orchestrierungen eher kritisch gegenüber - sicher gibt es auch gelungene. Bei Maurice Ravel ist es bei vielen Stücken so, dass es sowohl eine Fassung für Klavier als auch für Orchester gibt. Beide sind musikalisch eigenständig. Ravel hat bezeichnend zuerst einen Klavierauszug komponiert und dann orchestriert, während Debussy Orchesterwerke direkt als Orchester-Partituren konzipierte. In der Rattle-Box mit Werken von Debussy und Ravel



    finden sich einige der Preludes für Klavier in einer Orchesterfassung, die nicht von Debussy selbst stammt. Das grundsätzliche Problem dabei ist, dass in der Orchesterversion die impressionistische Farbigkeit ins Vordergründig-Dekorative abgleitet. Man darf ja nicht vergessen, dass Debussy nicht einfach ein "Impressionist" war wie Claude Monet, sondern zugleich sehr stark vom Symbolismus von Stephane Mallarme beeinflusst wurde. Ein Lieblingswort, das in seinen Kritiken und Schriften auftaucht, die er unter dem Pseudonym "Monsieur Croche" ("Herr Achtelnote") veröffentlichte, lautet deshalb "Geheimnis". Gerade in den Klavierwerken verwirklicht sich diese Synthese von geheimnisvoller symbolischer Andeutung und Klang-Impressionismus - die Sinnlichkeit ist etwas, was sich zum erheblichen Teil in der Phantasie des Spielers und Hörers realisiert. Die Orchesterfassung serviert nun diese Geheimnisse ganz geheimnislos handgreiflich auf einem Tablett für kulinarische Köstlichkeiten in einem Sternerestaurant. Dann aber wird das irgendwie doch platt. Ich mag deshalb diese Orchestrierungen nicht. Ravel hat Gaspard de la nuit bezeichnend nicht selbst für Orchester gesetzt, es also offenbar als originäres Klavierstück betrachtet. Die Orchesterfassung, die davon existiert, verwandelt Ravels Ästhetik merklich. Jean Cocteau sprach bei Ravel von einer "Läuterung" des Impressionismus - "Musik ohne Sauce!" Die Orchesterfassung gibt nun reichlich Sauce dazu, macht aus Gaspard de la nuit also einen impressionistischen Ohrenschmaus ohne gleichen, was sich zwar sehr schön anhört, ästhetisch aber letztlich fragwürdig ist.


    Schöne Grüße

    Holger

  • In der Klavier- und Kammermusik von Debussy und Ravel gibt es eben auch den Aspekt der klassizistischen Klarheit oder gar Strenge, des Anknüpfens an Couperin, Rameau. Daher bin ich auch etwas skeptisch/kritisch ggü. Orchestrierungen. Wobei man bei den meisten von Debussys Werken schon einräumen muss, dass sie aus dem (weiteren) Umfeld des Komponisten stammen und, soweit ich sie gehört habe (nur als Beifang oder "Füller", Fan davon bin ich nicht), recht "geschmacks-" und stilsicher sind. Dagegen habe ich eine starke Abneigung gegen diese Ballette mit "Chopiniana" und "Schumanniana", die von russischen? Komponisten erstellt worden sind; da sind eher Travestien der intimen Klavierstücke herausgekommen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)