Ich bin keine vollen 24 Jahre alt. Und ich kenne viele junge Leute, die so denken und hören, wie ich. Man muss nicht biologisch und chronologisch unbedingt aus dem Steinalter kommen, um ein geschichtliches Bewusstsein und eine etwas breitere Sicht von den Entwicklungstendenzen im Opernwesen zu haben.
Und ich verstehe immer noch nicht, was diese Erhebung zu einem an-sich absoluten Wert der Gegenwart und ihrer Akzeptanz soll... Das Heutige nur deswegen zu akzeptieren, weil es heute ist; das Heutige zum Selbstzweck zu machen, hat nicht VIeles mit dem Wert der künstlerichen Darstellungen selber zu tun. Das Heutige oder das Gegenwärtige scheint mir keine adäquate Kategorie zu sein, womit man musikalische Leistungen beurteilen könnte.
Dass Villazon eine schlechte Technik hat, möchte ich nicht mal unbedingt so sehen. Ihm fehlt meiner Meinung nach etwas auf der Bühne, was Edda Moser neulich so schön als "Gelassenheit" bezeichnet hat. Ich glaube, wenn er die Bühne betritt, lässt er alle Schranken fallen, lässt sich von seinen Emotionen mitreißen, was sich auch negativ auf Gesang und Szene auswirkt. Deshalb lieben ihn auch so viele Leute, weil er sich auf der Bühne fast auszieht, weil die Leute sehen, dass er sie mitreißen will. Nur leider ging das sehr stark zu Lasten des Gesangs. Ich hoffe, dass er sich wieder fängt.
Lieber Wotan,
wir haben von Cura gesprochen und daneben auch einige anderen wie Alvarez oder auch Kaufmann erwähnt und man hatte bei all denen große technische Mängel festgestellt, aber im Vergleich zu VIllazon sind diese nun richtige Gesangslöwen. Villazons Problem ist nicht, dass er sich emotionell zu sehr engagiert hat. Er hatte einfach keine Idee davon, wie man einen Ton richtig produziert. Seine ganze Stimme ist zwischen der Kehle und der Nase blockiert und muß Gewalt gegen sich selbst anwenden, um im oberen Register überhaupt erklingen zu können. Von Passaggio und solchen Sachen ist hier nicht mal die Rede. Es geht um die einfachste Tonproduktion. Von Atem hat er schon gar keine Ahnung gehabt, denn fast jede Phrase bringt ihn zum ersticken und zwingt ihn, die Phrasen durch gewaltige körperliche Kontraktionen zu beenden. Seine "Unruhe" auf der Szene sind meistens nichts als diese Kontraktionen. Genauso steht es mit seinem so oft zu hörendem Ächzen oder was diese Geräusche auch sein sollen. Alles Mangel an Sauerstoff und blockierte Stimme. Und natürlich auch ein bisschen künstleriche Sensibilität, wenn man ihn unbedingt als einen großen Künstler ansehen möchte.