Moin, Forianer!
Morgen, am 09. Juli, wird auf der "Veltins-Arena" eine Mammut-Inszenierung von Puccinis Turandot gegeben. Die Proben sind zumindest optisch beeindruckend. Mal sehen, ob der musikalische Teil auch zu gefallen weiß...
Gruß,
Hendrik
Moin, Forianer!
Morgen, am 09. Juli, wird auf der "Veltins-Arena" eine Mammut-Inszenierung von Puccinis Turandot gegeben. Die Proben sind zumindest optisch beeindruckend. Mal sehen, ob der musikalische Teil auch zu gefallen weiß...
Gruß,
Hendrik
Erst einmal ist es erfreulich, daß Du wieder bei den Taminos schreibst.
"Turandot" auf Schalke ist wirklich ein Ding. Dirigiert der Assauer?
Ich nehme an, daß Du hingehst und hoffe, daß Du darüber ausführlich berichtest.
So es meine spärliche Zeit erlaubt, werde ich mich mal wieder gelegentlich bei den Taminos aufhalten ;-))
Tja, Assauer dirigiert zwar nicht, aber er hat zumindest seine Anwesenheit zugesagt, obwohl er sich nicht viel aus dieser Art der Musik macht.
Übrigens ist Turandot längst nicht die erste Oper, die in der Veltinsarena aufgeführt wird. Aida war im Eröffnungsjahr auf dem Plan, und Carmen gab es vor zwei Jahren.
Ja, ich gehe hin und werde mal berichten... obwohl ich eher mal meinen schon lange versprochenen Turandot-CD-Vergleich hier posten sollte...
Gruss,
Hendrik
Lieber Hendrik,
Bitte um den Turandot-Vergleich und natürlich um den Bericht Turandot mit Asamoah in seiner Lieblingsrolle Kalaf.
Buena notte,
G
Habe heute leider nicht die Zeit, einen ausführlichen Erlebnisbericht zu posten. Aber werde schonmal einen Artikel aus der lokalen Presse posten:
ZitatAlles anzeigenAuf was kann man sich noch verlassen in Gelsenkirchen? Im Musiktheater wurde bereits Fußball gespielt (ein Musical, die WAZ berichtete), in der Arena steht ein Tenor, wenn auch nicht im Tor. Verkehrte Welt. Oder: Eventkultur der Emscher.
Aber "Turandot" ist kein Musical. Auch wenn ein Herr in der ersten Pause sagt, Starlight habe ihm doch etwas besser gefallen. Sein Nachbar rettet die Ehre dieser bizarren Produktion, ehe er in eine Bratwurst beißt: "Das mal optisch gesehen zu haben, ist schon toll." Samstag sahen mehr als 27 000 Zuschauer das, was sich "die größte Opernproduktion aller Zeiten" nennt. Die größte, weil man dafür 86 Sattelschlepper braucht, 500 Mitwirkende, 5000 Kostüme, eine Bühne, die 143 Meter breit und 42 Meter tief ist. Das ist alles sehr groß - und in mancher Hinsicht traurig klein.
Denn wer immer die Idee propagiert, man käme dem Kern einer Oper näher, so man ihr den Charakter des maßstabsgetreuen Originalschauplatzes gibt, irrt. Nichts ist gewonnen mit Elefanten bei Aida, nichts mit Tenören, die für Verdis Troubadour im Golf von Biskaya schwimmen. Und so wundert es gar nicht, dass die "Verbotene Stadt" in Gelsenkirchens Arena übers Mächtige kaum hinaus wächst. Im Gegenteil: Man denkt ans Phantasialand oder glaubt, Rudi Assauer wäre auf die Idee verfallen, einen gigantischen Asia-McDrive zu errichten.
Glück hat, wer ganz vorn sitzt. Das kostet zahlende Gäste zwar 135 Euro und es zieht hier sehr, aber dafür kann man manchmal sogar die Gesichter erkennen. Manche haben das erst lernen müssen. "Die Carmen damals", sagt eine Frau in Reihe 10 und blickt mitleidsvoll zur Nordkurve (47 Euro), "die hab ich geseh´n wie ´ne Ameise."
Ja, man kann vieles groß machen, den Palast, aus dem die grausame Kaiserstochter Turandot tritt, Rätsel zu ersinnen, die ihre Verehrer um Kopf und Kragen bringen. Man kann Videoleinwände aufbauen, riesige Treppen, prächtige Tänzerinnen und Armeen, die immer wieder von rechts nach links - und umgekehrt - wandern. Aber den einzelnen Menschen dieser kostbaren, expressiven und vielleicht künstlerisch gewichtigsten Oper Puccinis, den kann man nicht für Arenen aufblasen. Das Individuum, das liebt, kämpft, hofft, bangt - so wie es Prinz Kalaf und die sanfte Liù tun - wird weggedrückt vom Pomp der Kulisse. Das mag man nur mit gutem Willen als Regieleistung des (Film-)Regisseurs Zhang Yimou deuten: dass der Einzelne zu vergehen droht im Würgegriff mächtiger Traditionen. Aber das wäre viel Wohlwollen, wo es doch meist beim chinesischen Flohzirkus mit vokaler Beteiligung bleibt.
Die freilich hat noch in all der Masse Klasse und schenkt selbst Veltins einen Hauch Verona: Nicola Martinuccis Kalaf bringt die nötige Stentorstimme mit: viel Kraft und eine schöne metallische Höhe - wen wundert´s, dass er das "Nessun Dorma" mit der Sicherheit eines altgedienten Elfmeterschützen verwandelt.
Irina Gordeis Turandot hat bezwingende Stimmgewalt und düstere Bühnenpräsenz, wenn auch ein leicht orgelndes Vibrato. Betörend noch in der wackligen, mitunter katastrophalen Arena-Akustik, in der die Töne auch mal ein Achtel länger brauchen, um in der letzten Reihe anzukommen: Yao Hongs Liù, die den Hörern delikate Piano-Raffinessen schenkt. Schade, dass Maestro Janos Acs dem kaum etwas entgegenzusetzen hatte. Die erste Begegnung Turandot-Kalaf, kann überwältigendes Musiktheater sein - rhythmisch komplett verschenkt. Aber was kann man auch erwarten von einem italienischen Mittelklasseorchester (Orchestra Giuseppe Verdi di Salerno), in dem die Geiger vor aller Augen Kaugummi kauen.
Mit Kunst hat das nicht die Sojabohne zu tun. Ein Spektakel, zu dem man übrigens auch Frühlingsrollen reichte. Die waren im Grunde ganz der Abend: süß-sauer.
Damit ist zu Dreivierteln alles gesagt.
Gruss,
Hendrik
Vielleicht darf ich kurz aushelfen. Die Kritik ist mit 99% Sicherheit aus der WAZ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung) von heute. Das ist "die" Zeitung des Ruhrgebietes die immer zeitnah berichtet.
Sophia
In der Wochenzeitung "Die Zeit" von letzter Woche ist ein herrlicher, niederschmetternder Bericht über die Münchener Fußballstadionaufführung der Turandot. Ich weiß nicht ob es erlaubt ist, den langen Artikel hier vollständig wiederzugeben, dasshalb verlinke ich nur. Ich befürchte nur, daß der herrlich komische Artikel dann ab Donnerstag nicht mehr einzusehen ist.
http://www.zeit.de/2005/27/Turandot
so kanns ned weidergehn.
Viel Vergnügen, Markus
Der Beitrag ist köstlich, da er natürlich die Grenzen der Naturbühne Schalke aufzeigt.
Aber anders, wenn ich dort ein Fußballspiel gerade nicht auf den teuersten Plätzen sehe, sehe ich dort auch Ameisen, die sich um den Ball balgen?
Im übrigen habe ich aber die DVD "live aus der Verbotenen Stadt", die ich doch irgendwie ganz putzig und schön finde. (die Inszenierungen dürften einigermassen gleich sein. In der "Premiere" in einem abgelegenen Teil der verbotenen Stadt stand aber weit weniger Platz für Zuschauer zur Verfügung als in einem verdammten Fußballstadion!) Dieses "Originalschauplatzgefasel" ist allerdings hochgradiger Schwachsinn, da Puccinis Oper etwa so viel mit China zu tun hat wie Disney mit den Brüdern Grimm.
Vielleicht intressiert mich der ganze Circus (im Pekinger Mitschnitt) ja auch nur, weil ich neulich selber das Vergnügen hatte in Peking zu sein.
Dann will ich aus den 99 mal 100 % machen
Die Kritik ist tatsächlich aus der WAZ:
http://www.waz.de/waz/waz.kult…l&auftritt=WAZ&dbserver=1
Sophia
"AH, WELCH EIN AUGENBLICK"
möchte man da rufen !!
Auf Grund dieser beiden Kritiken (Ich wäre fast erstickt vor Lachen)
erkläre ich Kraft meines Amtes ALLE Kritker als sakrosankt für eine Woche !!!
Liebe Grüße aus Wien
Alfred
Ups..... gerade wollte ich noch die Quelle nachreichen, da sehe ich, dass SKirch mir zuvorgekommen ist. Danke dafür.
Und Alfred, bitte etwas mehr Contenance! Du hättest viel mehr Grund gehabt zu lachen (oder zu weinen), wenn Du dort gewesen wärst.
So, jetzt kommt meine Kritik zu der ganzen Sache - auch auf das Risiko hin, von Dir als sakrosankt erklärt zu werden:
Wie schon erwähnt, ist die Berichterstattung in der WAZ schon zu Dreivierteln in Ordnung. Es war einfach ein Riesenspektakel, bunt und voller chinesischen Ameisen, die - exakt nach Regieanweisungen - von links nach rechts, von oben nach unten, von hinten nach vorne und umgekehrt über die Bühne ameisten. Zwischendrin tatsächlich Musik, die ich wohl kenne! Aber die mit dem chinesischen Staatszirkus, der links und rechts vor den Darstellern abgeht, nicht allzuviel zu tun hat.
Die Kritik an den MUSIKALISCHEN Darstellern kann ich hingegen nur bedingt teilen. Janos Acs hat ein gutes, wenngleich etwas zu routiniertes Dirigat abgeliefert. Das Orchester war in der Tat Mittelklasse, litt zum einen an einer gewissen Disziplinlosigkeit der Musiker (man neigte fürchterlich gerne zum Zuspätkommen) und zum anderen an der nur schwer kontrollierbaren Akustik dieses "Opernhauses": Erstreflektionen waren nach knapp einer Sekunde zu hören (und zwar fast unvermindert im Schallpegel), der Nachhall dauerte über zehn Sekunden. Die Folge war ein tendenziell matschiger Sound, und so gesehen, hat jeder dort eigentlich sein Bestes gegeben.
Der zum Orchester gehörige Chor war allerdings nicht besonders - möglicherweise auch wegen der besch.. Akustik war die Durchhörbarkeit einfach nicht gegeben.
Streng zu tadeln ist hingegen die Tontechnik, die zwar die Akustik alles in allem besser im Griff gehabt haben soll als in München, aber dem optischen Spektakel nicht nachstehen wollte und einfach zu laut drehte.
Irina Gordei hat zwar durchaus das Kaliber und ansatzweise auch die stimmliche Gewalt, eine Turandot zu geben, aber insgesamt war der Ansatz der Rolle bei ihr etwas spröde, um nicht zu sagen ausdrucksarm. Nicola Martinucci, ein schöner Tenor mit genügend Stahl in der Stimme, ein guter Kalaf. Leider etwas überdramatisiert: Das Nessun dorma zum Beispiel hatte etwas zuviel "Theater" - so stellt sich Lieschen Müller aus Gelsenkirchen-Erle einen Strahletenor vor. (O-Ton aus dem Publikum: "Dat kenn ich aussem Fernsehn. Halt mal mein Bier, ich will klatschen!") Yao Hong, die chinesische Sopranistin, hat eine wunderbare Liu vorgelegt, sowohl stimmlich als auch darstellerisch hervorstechend. Die möchte man mal inner echten Oper hören!
Was war das Ganze jetzt eigentlich? Der Versuch, eine wunderbare Oper zu einem B-Movie umzugestalten? Der Ansatz, Turandot aus muffigen Opernhäusern herauszuholen und zu einem hippen Musical umzufunktionieren? Es war wohl im Wesentlichen ein leicht bizarres Spektakel, das man "Turandot and the amazing technicolor hall of supreme harmony" nennen sollte. Ich freue mich schon darauf, dieses Opus wieder an seinem angestammten Platz, im Opernhaus, und nicht auf einem Fußballfeld sehen zu können.
Gruss,
Hendrik