Verstärkerklang - ja oder nein? Ein heißes Eisen

  • Edit: habe ich in den internen Bereich verschoben.


    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Zurück zum Thema. Ich möchte den Gedanken der Kette und des Einflusses der Komponenten, den Glockenton aufgeworfen hat, aufgreifen.


    Sagen wir, wir haben eine Kette aus 1) Quelle (CD-Player), 2) Stromkabel für die Quelle, 3) Kabeln von der Quelle zum Verstärker, 4) Verstärker, 5) Stromkabel für den Verstärker, 6) Kabeln vom Verstärker zu den Boxen, 7) Boxen.


    Also 7 Faktoren. Ich habe dabei als Faktoren bewusst a) die Qualität der Aufnahme, b) den Raum und c) die zwei Ohren mit dem hörenden Kopf dazwischen ausgenommen.


    Nehmen wir an, wir haben 100 Punkte zu verteilen auf diese 7 Faktoren, zu welchem Anteil welcher Faktor den Klang anteilig beeinflusst, sofern ein Mindestniveau der Kette (Leistungsdaten von Boxen und Verstärker passen zu einander, Kabel sind intakt etc.) gewahrt ist.


    Dann würde ich Folgendes annehmen:


    1) Quelle (CD-Player): 13
    2) Stromkabel für die Quelle: 0
    3) Kabel von der Quelle zum Verstärker: 1
    4) Verstärker: 5
    5) Stromkabel für den Verstärker: 0
    6) Kabel vom Verstärker zu den Boxen: 1
    7) Lautsprecher: 80


    Das entspricht zumindest meinen Prioritäten, wie ich versuchen würde, Potenziale des Klangs durch bessere Komponenten an meiner Anlage zu erschließen.


    Wer sieht es anders?


    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Hallo,


    man darf nicht vergessen, daß aller Höreindruck eine Projektion des Hörzentrums in die Großhirnrinde darstellt. Im eigenen Gehirn findet sich der eigentliche Unsicherheitsfaktor bei jeder Beurteilung von Höreindrücken, also auch von Gerätevergleichen.
    Faktoren wie der Zustand der Gehörgänge, altersbedingte Veränderungen des cerebralen Hörzentrums, andere physiologische und psychologische Faktoren bewirken letztendlich, daß bei einem Hörtest jeder Teilnehmer etwas anderes wahrnimmt.
    Wenn man aber in der Anlage zu Hause verschiedene Verstärker unter den gleichen Bedingungen betreibt, mit den gleichen Quellgeräten, warmgelaufen und mit Umschaltpult vergleicht, wird man unweigerlich Klangunterschiede zwischen den Verstärkern feststellen.
    Ob diese Klangunterschiede durch die jeweils unterschiedlichen Konstruktionsprinzipien der Verstärker bzw. die jeweilige "Klangphilosophie" der Hersteller verursacht werden oder nicht, kann man recht einfach beantworten, wenn die Hörbedingungen (Quellgeräte, gehörtes Musikstück, Lautsprecher und Raum) bei diesem Versuchsaufbau identisch sind.
    Man muß allerdings davon ausgehen, daß ein anderer Teilnehmer dieses privaten Hörtestes eine andere Beschreibung seines Eindrucks von den jeweiligen Verstärkern zum besten gibt; daß er oder sie allerdings sagen wird, es sei keinerlei Klangunterschied zu hören, halte ich für praktisch ausgeschlossen.


    Viele Grüße


    Joachim

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • @ Christian,


    ich würde aus meiner Erfahrung die Wertung etwas anders vornehmen:
    Lautsprecher 50, Verstärker 25 (inkl. Lautsprecherkabel), alle Quellgeräte inkl. Netzkabel und Verbindungskabeln ebenfalls 25.
    Die Höherbewertung des Verstärkers gegenüber Deinem Beispiel begründe ich mit dem Umstand, daß Verstärker und Lautsprecher eine Arbeitseinheit bilden, die sich gegenseitig beeinflussen. Dies würde man bei einer Beurteilung nach dem Sozialrecht eine "funktionelle Einheit" nennen, die man dort mit einem gemeinsamen Wert einschätzen würde.


    Viele Grüße


    Joachim

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • Ich glaube, daß der Einfluß der "funktionellen Einheit" in den meisten Fällen gering ist. Wenn wohlerzogene Verstärker (insbesondere kein Klirr, schnell genug ausreichend Strom, um die Membran nach vorn zu schleudern) auf freundliche Laustsprecher treffen (hohe Impedanz), sind die Anlagenbestandteile gegenseitig austauschbar, ohne daß es zu erkennbaren Unterschieden kommt.


    Aber immer mal gibt es wohl Kombinationen, die nicht so gut zusammenpassen (da sind die Ursachen meist klar) oder aber Kombinationen, die überragend zusammenpassen (und da sind mir die Ursachen jedenfalls nicht so klar).

  • Hallo,


    man muß sicher davon ausgehen, daß die Klangunterschiede verschiedener Verstärker/Lautsprecherkombintionen -jeweils innerhalb der gleichen "Gewichtsklasse"- nicht gewaltig sind.


    Nach meiner Erfahrung (verschiedene Endstufen per Umschaltpult am gleichen Lautsprecherpaar), kann man allerdings Klangunterschiede -ggf. unterschiedlicher Intensität- immer hören.


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • Mit den Prozentzahlen finde ich das schwierig. Die wichtigste Komponente sind eigentlich die Lautsprecher - und nicht in erster Linie die Elektronik. Es gibt viele Hifi-Freunde, die legen Wert auf gute Elektronik, haben dann aber einen relativ mäßigen LS. Das hat natürlich auch seinen Grund - die LS sind leider die mit Abstand kostspieligsten Bausteine. Bei mir ist es so, daß ich schon länger über einen neuen LS nachdenke. Wenn man da eine sehr gute Elektronik schon hat - und dazu noch eine spezielle, nämlich nicht so leistungsintensive Class-A-Technik -, dann schränkt das die Wahl ein. Man will ja nicht gleich die ganze Anlage neu kaufen. Wenn man neu startet, sollte man es also besser anders herum machen.


    Mein Händler erzählte mir die folgende seltsame Begebenheit: Ins Geschäft kommt ein Musiker, Geiger aus dem Orchester, und beschreibt genau, was er haben will: Die Geige soll über die LS genauso klingen wie an seinem Kinn! Mein Händler hat ihm dann mehrere Zusammenstellungen präsentiert - die er alle mit diesem Argument ablehnte. Dann fand er doch eine - die mein Händler persönlich als ganz besonders gräuslich klingend empfand - genau die gefiel dem Kunden aber und er hat sie gekauft!


    Es ist so, daß es verschiedene Hörerwartungen gibt, worauf man Wert legt, und die können die Bewertungen doch sehr verschieben. Unter Umständen bedeutet eine Kleinigkeit, die anderen gar nicht so auffällt, einem selbst sehr viel. Ich habe meine Anlage seit Jahren auf Homogenität und vor allem sehr präzise räumliche Abbildung "getrimmt". Für mich muß eine Top-Anlage genau das können. Deswegen mag ich z.B. Einpunktstrahler wie die C7 oder C8 von Ascendo - die gefallen mir dann durchaus besser als manche größeren Modelle. In meiner Jugend- und Studienzeit erinnere ich mich, daß es diese Denon-Endstufen gab mit ihrem etwas glockigen, fetten Baß. Manche standen darauf, ich habe lieber Yamaha bevorzugt mit neutralem, schlankerem und analytischerem Klang. Mein damaliger Händler erzählte mir, daß einige Kunden von Yamaha auf Denon umgestiegen waren und nach einer Woche die Denon-Endstufe zum Umtausch brachten, weil sie mit diesem Denon-Baß nicht klar kamen. Ähnlich ist es mit der britischen, "schönfärberischen" Elektronik. Auch da sind die Erfahrungsberichte sehr interessant. Mein Händler sagt mir: Unter den Kunden gibt es da nur schwarz oder weiß - die einen mögen diesen Klang, die anderen gar nicht.


    Wenn man Jahre lang mit einer bestimmten Elektronik hört, dann kennt man auch ihren "Eigenklang". Bei den AVMs ist es dieser kristallklare, energiereiche, zugleich aber glockig abgerundete Ton im Hochtonbereich. Der gefällt mir einfach - das hat einen ästhetischen Wert. Wenn ich mit einem anderen AVM-Eigner spreche, versteht der sofort, was gemeint ist. Für einen Außenstehenden ist das natürlich schwer nachvollziehbar. Solche "Kleinigkeiten" machen aber schließlich die Gesamtzufriedenheit mit aus. Das ist so wie mit der Farbe bei einem Auto - der beste Mercedes gefällt einem nicht, wenn er in Lila lackiert ist.


    Bei LS ist immer wieder spannend zu hören, daß es z.B. die Modelle von B&W gibt, die der Anlage immer ihren Klang "aufzwingen". Man hört stets heraus, daß dort ein B&W-LS spielt und die Elektronik kann sich dagegen schwer durchsetzen. Anders bei Ascendo. Da sagt mein Händler - und ich kann es nur bestätigen - die sind wie ein Meßgerät, bringen immer sehr genau den Eigenklang der vorgeschalteten Elektronik rüber. Wenn die Elektronik nicht perfekt abgestimmt ist, können deshalb manche Modelle ganz schön nervig klingen - was eine B&W dagegen gutmütig wegsteckt.


    Schöne Grüße
    Holger