Sergiu Celibidache - Abglanz eines Maestro auf Tonträger

  • Ich habe die gezeigte Symphonie fantastique vor einiger Zeit ausführlich gehört. Die Klangqualität ist wirklich das kleinste Problem dabei. Da gibt es nichts zu bemängeln. Was mich an der Interpretation allerdings wirklich störte, war, dass der hochexpressive Furor dieses Jahrhundertwerkes völlig auf der Strecke blieb. Anders gesagt: Unter Celibidache klingt die Symphonie fantastique überhaupt nicht französisch. Ich habe selten eine Aufnahme gehört, die sich mehr vom maßstäblichen Zugang á la Markevitch, Cluytens und Munch unterscheidet wie diese. Sie ist in diesem Sinne nicht schlecht, aber zeigt doch, dass Celibidache trotz all seiner Meriten kein Berlioz-Dirigent war (und sich ja auch nie als solcher irgendeinen Namen gemacht hat).

    Das werde ich noch machen, lieber Joseph! Ich kann auch nachvollziehen, was Du schreibst. Celibidache hat sich nie für die programmatischen Seiten der Musik interessiert und auch nicht für die Idiomatik. Für ihn gibt es nur "absolute Musik". Aber genau deshalb interessiert mich sein Berlioz. Weil man erwarten kann, dass er vielleicht Dinge hörbar macht, das "symphonische" Element zum Tragen bringt, was man bei den idiomatisch "richtigen" und expressionistischen Aufnahmen nicht hört. Deshalb bin ich gespannt! :hello:


    Schöne Grüße

    Holger

  • Ich finde es immerhin interessant -und erfreulich - daß wir verschiedene Aufnahmen so unterschiedlich beurteilen. Und auch, daß Celi fast ein Vierteljahrhundert nach seinemTod (wie die Zeit vergeht !!) noch immer im Gespräch ist.

    Ich frage mich allerdings auch - warum die EMI damals die heute veröffentlichten Aufnahmen nicht ins Programm genommen hat.

    Dass man sich hier - wir sind doch alle potentielle Käufer, oder - darüber beklagt, dass die Celi-Box so günstig "verramscht" wird, finde ich ziemlich merkwürdig...

    Gerade der Potentielle Käufer sollte Interesse daran haben, daß seine Lieblingsprodukte -und er selbst- einigermaßen profitabel sind. Ich habe es mal einem besonders aggressiven Kunden sehr direkt gesagt: "Wenn Sie immer nur einkaufen, wenn ein Sonderangebot irgendwo auftaucht, dann sind sie unprofitabel uns somit verzichtbar,weil wertlos. Man braucht nicht freundlich zu Ihnen sein,weil sie sowieso beim billigeren Anbieter kaufen werden, wenn es einen gibt. Und sie werden -wie ein geprügelter Hund - zurückkehren sollte ich mal versehentlich preislich der günstigste sein - auch wenn ich sie behandle wie das Letzte. Sie sind völlig unbrauchbar"

    Das lässt sich natürlich auch auf Produkte übertragen. Wenn immer mehr Klassik-CDs verramscht werden müssen,weil sie niemand kauft, dann werden sie eines Tages vom Markt verschwinden. Denn der Produzent will Geld verdienen und nicht unrentable Kunden zufriedenstellen oder ungeliebte Produkte produzieren.

    So gesehen ist es traurig, dass viele CDs quasi "verschenkt" verden müssen....

    Aber das ist IMO ein Thema vor einen weiteren Thread....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ein (auf Englisch geführtes) Interview mit Sergiu Celibidache vom Dänischen Rundfunk von 1978. Der Maestro kommt nicht unbedingt sympathisch herüber, ist auf seine streitbare Art aber authentisch. Die persönliche Enttäuschung über seine vorherige Zusammenarbeit mit dem Dänischen RSO wird überdeutlich. Seine allseits bekannte Abneigung gegenüber Studioeinspielungen unterstreicht er. Die vertraglich vorgesehenen Rundfunkübertragungen seiner Konzerte sieht er allerdings als notwendiges Übel an, da er sich sonst besser selbst einen anderen Beruf suchen sollte. Ein gewisser Eindruck von Verbitterung stellt sich bei dieser Unterhaltung ein. Ein Jahr später sollte Celibidache in München doch noch zu einem lukrativen Chefdirigentenposten kommen, was zum Zeitpunkt dieser Aufzeichnung noch nicht absehbar war.


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões