Robert Schumann: Papillons op. 2

  • Robert Schumann komponierte den Klavierzyklus Papillons op. 2 ( = Schmetterlinge) zwischen den Jahren 1829 bis 1832. Darin nimmt er Bezug auf den letzten Teil des Romanfragmentes Flegeljahre von Jean Paul. In einem Gespräch soll Schumann verlauten lassen, dass das bunte "Durcheinanderflattern während eines Faschingsballs" beschrieben wird.


    Die wenigsten werden den Roman im Regal stehen haben. Den Text, Kapitel Nr. 63 Titan-Schöri, Larven-Tanz, findet man im Internet hier:


    http://www.zeno.org/Literatur/M/Jean+Paul/Romane+und+Erzählungen/Flegeljahre/Viertes+Bändchen/Nr.+63.+Titan-Schörl


    In einem Brief an den Dichter Rellstab schrieb Robert Schumann:

    „Weniger für den Redakteur der Iris, als für den Dichter und den Geistesverwandten Jean Pauls, erlaub’ ich mir den Papillons einige Worte über ihr Entstehen hinzuzufügen, da der Faden, der sie aneinander schlingen soll, kaum sichtbar ist. Eu. Wohlgeboren erinnern sich der letzten Scene in den Flegeljahren—Larventanz—Walt—Vult—Masken—Wina—Vults Tanzen—das Umtauschen der Masken—Geständnisse—Zorn—Enthüllung—Forteilen—Schlußtraum und dann der fortgehende Bruder. Noch oft wendete ich die letzte Seite um: denn der Schluß schien mir nur ein neuer Anfang — fast unbewußt war ich am Klavier und so entstand ein Papillon nach dem Andern.“


    Aus dem Wikipedia Beitrag, wird ersichtlich welche Bedeutung dieser literarische Bezug für sein musikalische Schaffen haben sollte:

    "Die beiden Hauptfiguren des Romans sind Walt Harnisch (eine eher ruhige Dichter-Natur) und sein Bruder Vult (ein draufgängerischer Flötenvirtuose und brillanter Tänzer). Beide lieben dieselbe Frau, nämlich Wina, die Tochter eines polnischen Generals. Ihre Wahl zwischen Vult und Walt wird auf einem Maskenball entschieden.


    Walt Harnisch wird in dem Roman von einem Klavierstimmer darauf aufmerksam gemacht, dass sein Familienname die Tonbuchstaben A–S(Es)-C-H enthält. Schumann bemerkt dabei, dass diese auch in seinem Nachnamen vorkommen, was ihn veranlasst, sich mit den beiden Harnisch-Brüdern zu identifizieren und eine Verbindung zwischen seiner Musik und dem Roman herzustellen. In dem später entstandenen Klavierzyklus Carnaval hat Schumann diese Tonbuchstaben sogar explizit verwendet. Walt und Vult waren auch die Vorbilder für Schumanns gespaltenes Alter Ego (Florestan und Eusebius)."


    In seinem persönlichen Romanexempar hat Robert Schumann Anmerkungen eingetragen, worauf die Einleitung und die folgenden 12 Nummern sich beziehen.


    Auf der erwähnten Wikipedia Seite kann man die besagten Textstellen nachlesen.


    Mein liebster Teil des von mir sehr geschätzten Zyklus ist die Nummer 12, das Finale. Wie Schumann das Ende des Faschingballs und die sechs morgendlichen Glockenschläge kunstvoll mit musikalischen Mitteln in Noten gesetzt hat, gefällt mir ausnehmend gut. Ich freue mich bei jedem Anhören auf das eigentümliche Schweben der Themen, wenn die linke Hand anderes spielt wie die rechte und das im dreifachen pianissimo stehende Verklingen der Musik. Wenn man dies im Notentext verfolgen kann, ist die Freude für mich eine doppelte.


    Papillons_Schluss.jpg

    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • In dieser Interpretation mit Claudio Arrau habe ich die Papillons op. 2 erstmals gehört.


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Alexander Ullmann kann man beim Spiel zuschauen. Die Aufnahme entstand 2017 live in der Wigmore in London.


    00:07 Introduzione - Moderato

    00:18 1.

    01:00 2. Prestissimo

    01:24 3.

    02:14 4. Presto

    03:02 5.

    04:16 6.

    05:16 7. Semplice

    06:18 8.

    07:34 9. Prestissimo

    08:17 10. Vivo

    10:23 11.

    13:22 12. Finale



    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Und das Spiel von Jörg Demus kann man in der mitlaufenden Partitur verfolgen. Die Metronom Angaben sind auch enthalten.


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Durch solch einen Thread beginnt man dann in seiner Sammlung zu stöbern - und man denkt darüber nach, ob man nicht ein e weitere Aufnahme hinzufügen könnte. Im Falle der Papillons böten sich mehrere Möglichkeiten an._

    Da wäre beispielseweise die 5 CD Box mit Kempff- Da ist zwar auch nicht der gesamte Schumann drauf, aber doch einiges. Aus meiner Sicht sehr klangschön, aber vielleicht etwas weiche Lesarten.

    Die Aufnahme mit Stefan Vladar wurde von "Klassik heute" sehr gelobt und hätte den Vorteil des günstigen Preises. Mich würde die Vollpreis CD mit Philippe Bianconi am meisten reizen, ich finde Bianconi lässt das Klavier "singen" ohne daß der "Ausdruck" geschönt wird...


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Jörg Demus hat das schumannsche Klavierwerk aufgenommen. In dieser preiswerten Box sind auf Scheibe 21 die Papillons op. 2 enthalten. Dazu gibt es noch einiges von Debussy und Bach.


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Alfred Schmidt hatte in Beitrag 5 die Aufnahme mit Philippe Bianconi (Jahrgang 1960) erwähnt. Die Neugierde hat mich gepackt und ich habe mir die Scheibe bestellt. Zumal man neben Papillons Op. 2 weitere Gipfelwerke der schumannschen Klavierwerke bekommt: Carnaval Op. 9 und Davidsbündlertänze Op. 6, die ich sehr schätze. Der französische Pianist hat der CD den Titel Doppelgänger und Masken gegeben und spielt dabei auf die von Schumann beschriebenen Charaktere Florestann und Eusebius sowie die literarischen Bezüge an.


    Den Pianisten kenne ich von der letzten Winterreise Einspielung, die Hermann Prey beim Label Denon 1983 aufgenommen hatte. Damals war er jung und ist mit Preisen bereits aufgefallen, aber auf den Konzertpodien noch ein Unbekannter. Der Sänger hatte mit ihm als Begleiter die beiden anderen Liederzyklen Die Schöne Müllerin und Schwanengesang ebenfalls herausgebracht.


    Alfred Schmidt schreibt, "ich finde Bianconi lässt das Klavier "singen" ohne daß der "Ausdruck" geschönt wird..." Damit trifft er den Nagel auf den Kopf. Eine Aufnahme, die den Charakter der Stücke einfühlsam und durchdacht rüber bringt. Sein Ansatz ist ein rationaler. Dennoch bringt er die Poesie, die den Papillons Op. 2 einkomponiert ist, zum Klingen. Im Einführungstext erzählt er von seiner jahrelangen Annäherung zu diesen schumannschen Werken. Die Aufnahme ist aus dem Jahr 2015.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Danke,


    habe ich mir eben auch bestellt - habe die Papillons von Arrau und Kempff ( s.o.) die mir auch beide gefallen.



    Kalli

  • Auf die Aufnahme des Pianisten Matthias Kirschnereit der Papillons Op. 2 möchte ich hinweisen. Sie fand noch keine Erwähnung.


    Sie zeugt von höchstem interpretatorischem Stand. Die CD ist mir eine der liebsten Einspielungen in meiner Sammlung schumannscher Klavierwerke. Wo andere nur an der Oberfläche bleiben, dringt Matthias Kirschnereit in die poetische Essenz des literarischen Werkes von Jean Paul ein, das den 19jährigen Robert Schumann zum Komponieren bewogen hatte.

    Kirschnereit schafft dies mit einem sehr differenzierten Anschlag und feinsten Abstufungen in Tempo und Dynamik.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Die Philippe Bianconi Aufnahme ist heute ( aus Paris ) bei mir angekommen.


    Sie läuft jetzt seit 15 Minuten - und eines kann ich schon sagen . Wunderbar gespielt vielleicht "poetisch", das passt ja. Auch klanglich - sehr gut aufgenommen. Danke nochmal für den Tip.


    Kalli

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose