Mario Lanza und seine Filme

  • Hier ist also mein Beitrag zu Mario Lanzas siebtem Film:


    „Arrivederci, Roma!“ ('Seven Hills of Rome') (Le Cloud Film - Titanus Films / MGM 1957) (Farbe, 107 Min. / Deutsche Version: 97 Min.)


    mit Marisa Allasio, Peggie Castle, Clelia Matania, Renato Rascel, Carlo Rizzo, Guido Celano, Carlo Giuffrè u. a. / Regie: Roy Rowland


    Die nachfolgende Inhaltsangabe gründet sich auf der um 10 Minuten gekürzten deutschen Fassung des Films, in der teilweise die Rollennamen gegenüber der italienischen bzw. amerikanischen Version anders lauten!

    Der italienisch-stämmige amerikanische Tenor Marc Robert hat bei einer Fernseh-Werbesendung für eine Lippenstift-Marke mit seiner wohlhabenden Verlobten Carin Carlson (Castle) eine Auseinandersetzung, weil sie sich zu vertraut mit einem angeblichen Verwandten zeigt. Ihre Wege trennen sich und Marc versucht mit wenig Glück, seinen Ärger durch den Besuch der Spielbank von Monte Carlo zu vergessen. Mit seinem letzten Geld fährt er per Bahn nach Rom, wo sein italienischer Vetter Beppo Bonelli (Rascel) lebt, der Pianist in Luigis (Celano) kleinem Varieté-Theater und auch in dem Nachtclub „Ulpia“ ist. Bei einem Halt in Savona springt die junge Raffaella Marini (Allasio) im strömenden Regen auf den anfahrenden Zug, wobei sie ihre Handtasche verliert und dem Schaffner keinen Fahrschein vorweisen kann. Marc zahlt für Raffaella, die in Rom bei ihrem Onkel wohnen und dort arbeiten möchte; doch es stellt sich heraus, dass dieser schon vor Jahren nach Argentinien ausgewandert ist und Marc nimmt sie zu Beppos kleiner Wohnung mit, wo sie beide wohnen können. Aber nicht nur Raffaella ist auf Arbeitssuche, auch Marc muss Geld verdienen und er bewirbt sich zunächst vergebens im Nachtclub „Ulpia“, wird aber von Luigi für sein Theater engagiert. Raffaella hat durch Beppos Vermittlung eine Anstellung im Modesalon von Beatrice (Matania) gefunden; dort erfährt Marc, dass sich Carin auch in Rom aufhält. Tatsächlich trifft er sie beim Schlendern durch die Stadt und sie lädt ihn auf eine Party mit amerikanischen Freunden auf einer Yacht im Hafen von Ostia ein. Weil der Motor des Bootes ausfällt, verpasst Marc seinen Auftritt im Nachtclub und wird gemeinsam mit Beppo 'gefeuert'. In der Bar des „Ulpia“ trifft Marc Carin mit einem Freund, Franco (Giuffrè), und es kommt zu einer wüsten Schlägerei; für die Demolierung des Nachtclubs wird Marc haftbar gemacht. Um Marc zu helfen, bietet ihm Raffaella ein Diamantarmband an, das sie im Modesalon gefunden hat. Doch Marc lehnt ab und vereinbart mit dem „Ulpia“-Direktor (Rizzo), den entstandenen Schaden durch Auftritte abzuarbeiten. Carin und Marc beenden ihre Verlobung und Raffaella will – von Marc enttäuscht – zurück nach Savona; als Marc von Beppo über Raffaellas wahre Gefühle aufgeklärt wird, fängt er sie auf ihrem Weg zum Bahnhof ab. .


    Der Film „Serenade“ kam im September 1956 in die amerikanischen Kinos und fand bei Presse und Publikum ein geradezu überwältigendes positives Echo. Weil aber Warner Bros. zu lange mit einem neuen Film-Projekt für Mario Lanza wartete, unterzeichnete er Anfang 1957 den Vertrag für „Arrivederci. Roma!“, der von Le Cloud Film (Rom) produziert wurde und von Juni bis September 1957 in den Studios der römischen Titanus Films entstand; den internationalen Verleih übernahm MGM unter dem Titel „Seven Hills of Rome“. Man verfrachtete den Sänger samt Familie - Lanza war inzwischen vierfacher Vater, seine Frau Betty und seine Eltern Maria und Antonio Cocozza begleiteten ihn – in die italienische Metropole und er mietete dort eine große Wohnung in dem von Mussolini erbauten pompösen Palazzo Badoglio. (Nach Beendigung der Dreharbeiten blieb Mario Lanza bis zu seinem Tod im Oktober 1959 in Rom wohnhaft.) Offensichtlich wollte man mit diesem Film gleich 'mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen', was aber dann doch daneben ging.


    Zunächst sollte die Popularität des Sängers in Europa gesteigert werden, was auch von Lanzas Schallplattenfirma 'RCA' unterstützt wurde, ferner hatte die Stadt Rom 1955 den Zuschlag für die Austragung der Olympischen Sommerspiele 1960 erhalten und so entstand dort ein von Italien-Klischees durchsetzter Film, der wie eine einzige Touristenwerbung für die 'ewige Stadt' (mitsamt Kutschfahrten und Hubschrauber-Rundflug) wirkt. Der italienische Nachkriegsfilm – vor allem dessen Komödien, weniger die sozialkritischen Stoffe - war durch die Arbeiten von De Sica, Fellini, Rossellini und Visconti auch in den USA bekannt geworden, aber „Arrivederci, Roma“, wie der Film im Original und im deutschsprachigen Raum heißt, hat zwar das Flair, aber nicht das Tempo und die Originalität vieler Filme aus 'Bella Italia'. (Der amerikanische 'Fließband-Regisseur' Roy Rowland hielt es wohl für typisch italienisch, einem Kontrahenten die Nase umzudrehen, wie es Mario Lanza hier zweimal vorführt.)


    Und man wollte ein junges Publikum, das sich für Oper und klassische Musik nicht interessiert, mit populären Schlagern und flotter Musik in die Kinos locken. Den Autoren fiel auch nichts Besseres ein, als die Handlung von „Serenade“ zu variieren (wobei während der Dreharbeiten das Drehbuch ständig geändert wurde): wieder ein Mann zwischen zwei Frauen, aber der Zuschauer wird diesmal lange im Unklaren gelassen, für wen sich der 'eiertanzende' Protagonist am Ende entscheidet. Die Lösung erscheint wenig glaubwürdig und das Publikum hätte es wohl lieber gesehen, wenn sich Raffaella für den liebenswerten Beppo entschieden hätte. (Mario Lanza hatte seit „Serenade“ auch wieder 'zugelegt' und ein amerikanischer Kritiker meinte boshaft, der Tenor sei der achte zu den sieben Hügeln Roms.) Übrigens wurden die Aussenaufnahmen zum titelgebenden Lied „Arrivederci, Roma“ mit Mario Lanza und der Kinderdarstellerin Luisa Di Meo nicht an der Fontana di Trevi – die im Text vorkommt – sondern an einem der Brunnen der Piazza Navona gedreht.


    Da Lanza hier nur zwei gekürzte Arien singt ('Questa o quella'* aus „Rigoletto“ und 'M'appari' aus „Martha“) und bis auf zwei von Renato Rascels bekannten 'Ohrwürmern' („Arrivederci, Roma!“* und „Venticello di Roma“), Arturo Buzzi-Peccias berühmter 'Serenata spagnola'* („Lolita“), Ernesto Lecuonas (gekürztem) Lied „Ay-Ay-Ay“ und dem Schluß von „All the things you are“ (am Beginn des Films, dann erst folgt der Vorspann) die übrigen Melodien wenig einprägsam sind - „The seven Hills of Rome“* von Victor Young, „Come, dance with me“* von Dick Leibert und ein 'Calypso Italiano'* („There's gonna be a party tonight“) von George Stoll - bleibt nur Mario Lanzas Parodie* auf einige Gesangskollegen von der 'leichten Muse' in Erinnerung: Perry Como mit „Temptation“ (von Nacio Herb Brown), Frankie Laine mit „Jezebel“ (von Wayne Shanklin), Dean Martin mit „Memories are made of this“ (von Terry Gilkyson, Richard Dehr und Frank Miller – in Deutschland mit Freddy Quinn als „Heimweh“ ein Millionen-Hit) und schließlich Louis Armstrong mit dem traditionellen „When the saints go marching in“. (Solche Gesangsparodien waren ein 'Hobby' von Mario Lanza, der einmal auch den Bassisten Ezio Pinza zu dessen Überraschung verblüffend echt nachahmte.)


    Anders als bei den MGM-Filmen hatte Lanzas Exclusiv-Schallplattenfirma 'RCA' – die unter den einzelnen Filmtiteln eigene Aufnahmen veröffentlichte - von dem Film „Romance“ der Warner Bros. eine 'Soundtrack'-LP heraus gebracht und tat dies auch bei „Seven Hills of Rome“: einige (*) Musiktitel des Films (die man im Juni 1957 in Rom mit dem Chor und dem Orchester der RAI unter Leitung von George Stoll aufnahm) erschienen auf einer LP-Seite; die zweite Seite enthält Lieder, die bereits 1955 (Soundtrack von „Serenade“) und 1956 mit Henri René und seinem Orchester in Los Angeles für RCA eingespielt wurden, darunter ein Song aus dem Musical „Li'l Abner“ von Gene De Paul.


    Ein schönes Pfingstfest allerseits!


    Carlo

  • Schade, dass der Film nicht so gut ist wie der Vorgänger. Auf Carlos und Orfeos Anregung habe ich mir "Serenade" wieder einmal angesehen. Ganz toll die Probensequenz aus "Otello", die in der deutschen Version nicht enthalten ist. Den Film hatte ich mir in deutscher Sprache vor Jahrzehnten auf Video aufgenommen.


    Nun aber zu "Arrivederci Roma". Zumindest hat dieser Film eine tolle Sequenz, die ich leider nicht mit Bild liefern kann, aber immerhin den Ton. Der Tenor wird beim Vortrag der Martha-Arie von Jugendlichen gestört. Er ist aber nicht verärgert, sondern gesellt sich zu ihnen und interpretiert ihre Musik. Lanza als Perry Como, Dean Martin und Louis Armstrong! Bezeichnenderweise habe ich diesen Film seinerzeit nicht auf Video behalten.


    https://www.youtube.com/watch?v=Kr6BiwmCni4

  • Liebe 'Taminos',


    hier stelle ich den achten (und letzten) Spielfilm Mario Lanzas vor.



    Der Sänger hatte nach Beendigung der Dreharbeiten zum vorigen Film („Arrivederci, Roma!" bzw. "Seven Hills of Rome“) den Vertrag für eine große Europa-Tournee unterschrieben, die im November 1957 in Großbritannien begann und in deren Verlauf er auch in Deutschland auftreten sollte: am 24. 1. 1958 im Kongress-Saal des Deutschen Museums in München, danach in Stuttgart, Wiesbaden, Hannover, Kiel, Hamburg und am 9. 2. 1958 in Nürnberg. Doch schon das erste Konzert – es enthielt altitalienische Arien, Kunstlieder zeitgenössischer amerikanischer Komponisten, italienische Canzonen und Film-Songs sowie Arien aus „Tosca“ und „L'Arlesiana“ - stand unter einem Unstern, denn zwei Tage davor hatte sich Mario Lanza (vom Münchner Konzertveranstalter Karl Gensberger als „Der Welt populärster Tenor“ angekündigt) in seinem Londoner Hotel-Appartement eine Rippe gebrochen, was ihm das Atmen erschwerte und ihm nach dem (am Klavier von Constantine Callinicos begleiteten) Konzert in München nur zwei Zugaben ermöglichte. Der Stuttgarter Abend verlief ohne Zugaben, weil er an einer schmerzhaften Zahninfektion litt, worauf die folgenden Konzerte in die zweite Februarhälfte verschoben wurden. Doch Mario Lanza, der nach Rom – wo er seit 1957 seinen ständigen Wohnsitz hatte – zurückgekehrt war, machte zunächst keinen Versuch, die Tournee wieder aufzunehmen und ließ die Veranstalter und 'sein' Publikum warten.


    Erst im März betrat er wieder das Konzertpodium: nach Edinburgh, Manchester, Paris, Ostende und Rotterdam folgte am 11. 4. 1958 die Niedersachsenhalle in Hannover. Keiner konnte ahnen, dass das Konzert am nächsten Tag in der monströs riesigen Kieler Ostseehalle – Lanza sang, wie damals üblich, ohne Mikrophonverstärkung - sein letzter öffentlicher Auftritt sein würde. Die Hamburger Musikhalle war am 15. April ausverkauft, als der Veranstalter Kurt Collien das Podium betrat und dem Publikum verkündete, dass das Konzert wegen plötzlicher Erkrankung Mario Lanzas ausfallen müsse. Die angeblich so kühlen Hanseaten reagierten mit Pfiffen, Rufen und wüsten Beschimpfungen, man versuchte das Podium zu stürmen, wo Constantine Callinicos kleine Klavierstücke spielte, und es kam sogar zu Handgreiflichkeiten. Colliens Versicherung, die Eintrittsgelder würden zurückgezahlt, ging im allgemeinen Lärm unter. Besonders erboste Konzertbesucher zogen zum Hotel „Vier Jahreszeiten“ und verlangten, dass der Sänger sich zeigen sollte. Als dann noch herauskam, dass Lanza tags zuvor in Hamburgs Kneipenviertel St. Pauli gewesen war und mehrere Bars und Lokale aufgesucht hatte, kannte die Empörung keine Grenzen mehr. Trotz Versicherung eines herbei geholten Arztes, der Sänger habe eine schwere Bronchitis und Herzprobleme, forderte man, Mario Lanza den Pass abzunehmen, um seine Abreise zu verhindern, worauf das amerikanische Generalkonsulat eingeschaltet wurde; Kurt Collien drohte mit einer Schadenersatzklage in Millionenhöhe. Mario Lanza entkam schließlich unter Polizeischutz dem 'Hexenkessel' Hamburg und floh nach Rom.


    Dort besuchte ihn der deutsche Filmproduzent Alexander Grüter im Mai 1958 und schlug ihm ein neues Projekt vor, das der Sänger erfreut annahm und auch nicht widersprach, als die produzierende Münchner 'Corona'-Filmgesellschaft aus Versicherungsgründen eine ärztliche Untersuchung in Deutschland anordnete. Der konsultierte Arzt erkannte, dass der Sänger schwer an Herz und Leber erkrankt war: ihm könne nur geholfen werden, wenn man ihn von seinem ihn ständig umgebenden und von ihm auch finanzierten parasitären Personenumfeld trennen würde. Deshalb wurde Mario Lanza für zehn Wochen in das Parksanatorium am bayerischen Walchensee eingewiesen; nur seine Frau, die vier Kinder und zwei Kindermädchen durften ihn begleiten. Die strenge Diät und ein kompletter Alkohol-Entzug zeigte Wirkung und Mario Lanza konnte Anfang August 1958 zu den für das Playback notwendigen Musikaufnahmen für den neuen Spielfilm nach Rom reisen. Anschließend entstanden auf Capri, in Neapel, Rom, Salzburg und Berlin (Artur Brauners CCC-Studio) die Dreharbeiten. Die Filmpartner Annie Rosar und Hans Söhnker – selbst ein ausgebildeter Tenor, war bei den Gesangsaufnahmen in der römischen Oper anwesend und zeigte sich von Lanzas Interpretation der „Bajazzo“-Arie besonders beeindruckt – gaben der Presse sehr positive Berichte über den Sänger.



    „Der Sänger von Capri“ bzw. „Serenade einer großen Liebe“ ('For the First Time') (Corona Film GmbH / MGM 1959) (Farbe, 97 Min.)


    mit Johanna von Koczian, Zsa Zsa Gabor, Annie Rosar, Kurt Kasznar, Hans Söhnker, Walter Rilla, Peter Capell, Sandro Giglio, Renzo Cesana, das Johannes-Rediske-Quintett u. a. / Regie: Rudolph Maté. (Die folgende Inhaltsangabe bezieht sich auf eine 5 Minuten kürzere Version, die ich vom ZDF aufgenommen habe.)


    Der skandal-umwitterte Tenor Tony Costa verpasst wieder einmal einen Opernauftritt, diesmal an der Wiener Staatsoper, (aber egal, ob Wien, London oder Rom, es wird stets der Zuschauerraum der römischen Oper gezeigt!), weil er - schon verspätet angereist - vor seinen Fans am Bühneneingang im strömenden Regen ein 'Gratiskonzert' gibt. Der Intendant Leopold Hübner (Capell) schickt das Publikum nach Hause und droht Tony eine Konventionalstrafe an. Tonys Manager Ladislav Tabory (Kasznar) verordnet ihm einen 'Zwangsurlaub' auf Capri, um ihn für eine Weile der Öffentlichkeit und der Verfolgung durch die Presse zu entziehen. Auf der Insel trifft er nicht nur seine Langzeit-Freundin, die 'Society-Lady' Gloria di Vaduz (Gabor) wieder, er lernt zufällig auch die junge Christa Bruckner (Koczian) kennen, die bei ihrem Onke lebt, dem Schriftsteller Albert Bruckner (Söhnker), zusammen mit zwei Hausangestellten: Mathilde (Rosar) und Angelo (Cesana). Die Waise Christa hat im Krieg durch die Detonation einer Bombe ihr Gehör verloren und ihr sehnlichster Wunsch ist es, nachdem sie sich in Tony verliebt hat und er ihr einen Heiratsantrag machte, seine Stimme hören zu können. Sie begleitet Tony auf seinen Reisen zu Opernauftritten in Wien („I pagliacci“), London („Otello“) und Salzburg („Cosi fan tutte“) und konsultiert dabei mehrere internationale Ärzte, doch alle raten ihr von einer Operation zur Wiederherstellung des Hörvermögens ab. Erst der Salzburger 'Ohrenspezialist' Professor Bessart (Rilla) will den Eingriff wagen: die Operation gelingt. Nach einem Stadtbummel im regnerischen Berlin erkrankt Christa an einer schweren Grippe und verliert dadurch wieder ihr Gehör. Mit ihr nach nach Capri zurückgekehrt, kommt Tony damit nicht zurecht und beginnt betrunken eine wüste Schlägerei in Alessandros (Giglio) Taverne. Beim Verhör durch die Polizei nehmen aber alle anderen Beteiligten die Schuld auf sich und Gloria kommt für den Schaden auf. Und als das Fieber abklingt, kann Christa auch wieder normal hören; bei Tonys Auftritt in der römischen Oper als 'Radames' in „Aida“ sitzt sie glücklich im Publikum.



    Die Handlung ist im Kern schon oft auf der Leinwand variiert worden: ein berühmter Mann verliebt sich in eine junge kranke Frau, die durch die Liebe geheilt wird. Leider ist das Drehbuch nicht mehr als eine Folie für diverse Gesangseinlagen Mario Lanzas (vom Schlager bis zur Arie) und die filmische Umsetzung durch den aus Polen stammenden amerikanischen Regisseur Rudolph Maté gelang ziemlich konventionell. (Zumindest in der deutschen Fassung mildern prägnante Dialoge wie „Sie kennen ja die Amerikaner! Sie müssen sich überall einmischen!“ und kleine Scherze – unter den beim Polizeiverhör aufgerufenen Zeugen befindet sich auch ein 'Alfredo Cocozza', d. i. Lanzas Geburtsname! - die kolportagehafte Handlung.) „Der Spiegel“ schrieb in seiner Filmkritik 1959: „Die farbigen Breitwand-Panoramen von Capri, Rom und Salzburg und der innige Blick des deutschen Nachwuchsstars Johanna von Koczian wurden aufgeboten, um die Dienstleistungen des Hollywood-Tenors Mario Lanza für eine Münchner Filmfirma würdig einzurahmen. Das Drehbuch dieses ersten deutschen Lanza-Films spielt zwar schalkhaft auf Lanzas skandalgesegnete Karriere an, schüttet aber sehr bald eimerweise Rührung nach. Lanzas Stimmkraft – demonstriert an Opern-Arien, Ave Maria, Schmalzschlagern und Hofbräu-Schunkelchor – vermag den Schwachsinn der Ereignisse nicht zu übertönen.“


    Der sichtlich älter gewordene Mario Lanza wird in diesem Film von der bezaubernden 'kulleräugigen' Johanna von Koczian – damals 24 Jahre jung und durch das Renate-Müller-Remake „Viktor und Viktoria“ mit Georg Thomalla und Johannes Heesters, das Drama „Petersburger Nächte“ mit Ewald Balser und Ivan Desny und vor allem durch Kurt Hoffmanns zeitkritische und zeitlose Komödie „Wir Wunderkinder“ mit Hansjörg Felmy und Robert Graf bekannt geworden, während sie im Deutschen Fernsehen in großen Schauspielen wie Shakespeares „Was ihr wollt“, als Lessings „Minna von Barnhelm“ und als Gräfin Orsina in der „Emilia Galotti“ des gleichen Autors beeindruckte – in den Schatten gestellt. (Die in Berlin geborene, aus altem ungarischen Adel stammende und im Film oft 'unter ihrem Wert' eingesetzte, Schauspielerin lebt heute – mittlerweile 86jährig und leider an Demenz erkrankt – in einem Berliner Pflegeheim.)


    Die in Budapest geborene Zsa Zsa Gabor (bekannt durch Hollywood-Filme wie John Hustons „Moulin Rouge“ mit José Ferrer, „Lili“ mit Leslie Caron, Mel Ferrer und Kurt Kasznar oder „Im Zeichen des Bösen“ von Orson Welles mit Marlene Dietrich und Charlton Heston) hatte schon 1956 in einer deutschen Produktion mitgewirkt („Ball der Nationen“ nach der Operette von Fred Raymond), sie ist in „Der Sänger von Capri“ allerdings nur schmückendes 'Beiwerk'. Die flamboyante Film-Diva machte vor allem durch zahlreiche Ehen und Skandale Schlagzeilen und ist 2016 kurz vor ihrem 100. Geburtstag in Los Angeles gestorben. Kurt Kasznar, Hans Söhnker und Annie Rosar können sich in ihren stereotypen Rollen schauspielerisch kaum profilieren. (Auf 'YouTube' kann man zwei kurze Fernsehberichte von den Dreharbeiten sehen.)


    Die Begleitmusik zu diesem achten und letzten Lanza-Film schrieb George Stoll, der auch vier Titel beisteuerte: eine 'Tarantella' („Oh Capri, Capri“*), einen 'Jamaica-Rock' („Pineapple Pickers“*) und zwei orchestrale Tänze ('Danza napoletana'* und 'Mazurka“*) Von Vincenzo Di Paola und Sandro Taccani stammt das Lied „Come prima“* ('For the first time I'm in love'), das für Tony Dallara und das Schlagerfestival in San Remo 1957 komponiert wurde. Marguerite Monnot, bekannt durch Edith Piafs „Milord“, ist mit dem Chanson „O mon amour“* ('Je n'en connais pas la fin') vertreten, Eduardo Di Capuas „O sole mio“* fehlt nicht und schließlich gibt es auch noch das 'Hofbräuhaus-Lied' „Wer einmal nur in München war“* von Karl Bette, begleitet - wie auch bei „Pineapple Pickers“ - von dem Jazz-Quintett des Berliners Johannes Rediske.


    Klassisch wird es bei Schuberts „Ave Maria“* (mit dem 'Coro di voci bianche' des Vatikans, lateinisch gesungen) und Edward Griegs „Jeg elsker Dig“* ('I love thee'). Natürlich singt Mario Lanza auch einige Opern-Titel: aus „Rigoletto“ ('La donna è mobile' und 'Bella figlia dell'amore'), aus „Aida“ das Finale des zweiten Aktes*, aus „Otello“ (Otellos Tod 'Niun mi tema'*) sowie aus „I pagliacci“ die Arie des Canio ('Recitar!... Vesti la giubba'*). Interessant ist ein kurzer Ausschnitt aus Mozarts „Cosi fan tutte“ (das Terzett 'E voi ridete?'), weil hier auch Paolo Silveri und Plinio Clabassi singen, die aber im Film von Schauspielern gedoubelt wurden. Als weitere Sänger (im 'Gran Concertato' aus „Aida“) konnten bisher nur der Bariton Giangiacomo Guelfi und der Bass Plinio Clabassi identifiziert werden. Für die Opernszenen wurden der Chor und das Orchester des Opernhauses Rom aufgeboten, dirigiert von Constantine Callinicos; das „Ave Maria“ leitete George Stoll und die Unterhaltungsmusik-Titel wurden vom Orchester der RAI Rom unter Carlo Savina begleitet. (Die mit * gekennzeichneten Titel sind auch auf der „Soundtrack“-LP der 'RCA' enthalten, u. z. in voller Länge, während sie mit Ausnahme von „Come prima“, „O sole mio“, der Arie des Canio und 'Otellos Tod' im Film nur angespielt werden.)


    Im Februar 1959 hatte der Film mit dem Arbeitstitel „Der Sänger von Capri“ Deutschland-Premiere. Um ihn wohl besser zu bewerben, hing man sich an den großen Erfolg von „Serenade“ und gab manchen Kopien auch den Titel „Serenade einer großen Liebe“, was aber oft zu Verwechslungen führte. Mit dem Titel „For the First Time“ wurde der Streifen am 13. 8. 1959 in New York erstmals gezeigt (MGM hatte den Filmverleih für die USA übernommen) und Mario Lanza erhielt gute Kritiken für Gesang und Darstellung; nur das melodramatische Drehbuch und die uninspirierte Regie wurden beanstandet. Seine Schallplattenfirma 'RCA' schloss bereits 1958 mit ihm einen neuen Fünf-Jahres-Vertrag und produzierte - erstmals in Stereo – drei neue LPs („Mario!“, „Christmas Carols“ und „Caruso Favorites“), die Opernhäuser in Rom und Neapel stellten ihm eine 'carte blanche' für einen Opernauftritt seiner Wahl aus und eine neue Tournee wurde für Europa und Amerika vereinbart.


    Am 10. 9. 1959 stand er in Rom zum letzten Mal vor einem Mikrophon und sang Szenen aus der Operette „The Desert Song“ von Sigmund Romberg für die Schallplatte. Ende des Monats brach er zusammen und wurde in die römische Klinik „Valla Giulia“ eingeliefert: er hatte starke Herzschmerzen und diese mit Alkohol zu betäuben versucht, sein Blutdruck war besorgniserregend hoch, zudem litt er an einer leichten Lungenentzündung. Nach einer Visite am Morgen des 7. 10. 1959 verkündete ihm der zuständige Arzt, dass er halbwegs genesen sei und bald das Krankenhaus würde verlassen können – am Mittag dieses Tages erlitt Mario Lanza im Beisein einer Krankenschwester einen tödlichen Herzinfarkt. Er war erst 38 Jahre alt. Sein Leichnam wurde in die USA überführt und - nach einer Trauerprozession in seiner Geburtsstadt Philadelphia - auf dem katholischen Friedhof der Gemeinde Whittier bei Los Angeles beigesetzt.


    Im nächsten Jahr – am 31. 1. 2021 – jährt sich Mario Lanzas Geburt zum 100. Mal. Wäre das nicht ein Anlass, seiner würdig zu gedenken und ihn auch als großen Tenor anzuerkennen?



    Viele Grüße!


    Carlo

  • Lieber Carlo,


    du hast in diesem Thread nicht nur die Filme Lanzas vorgestellt, sondern auch sehr viel Insider-Wissen über die Begleitumstände einfließen lassen. Das macht deine Beschreibungen noch wertvoller und interessanter.

    Wenn man die Beiträge ausdrucken würde, hätte man bereits ein halbes Lanza-Buch beisammen.

    Ich habe viel gelernt und danke dir ausdrücklich auch dafür, dass du nie über Lanzas Persönlichkeit geurteilt, sondern stets die künstlerische Seite hervorgehoben hast. So sollte es nicht nur in einem seriösen Klassik-Forum zugehen, sondern das sollte sich auch so mancher gelernte Journalist hinter die Ohren schreiben.


    Zum letzten Film: Ich war beim ersten Mal sehen beeindruckt über die glanzvolle stimmliche Verfassung des Tenors. Außerdem habe ich mich als Salzburger natürlich über die schönen Aufnahmen dieser Stadt gefreut.

  • Lieber Gregor,


    vielen Dank für so viel Lob! Als Grundlage für meine Beiträge zu diesen Thread habe ich mir nicht nur Mario Lanzas Filme nach längerer Zeit wieder angesehen, sondern mir auch mehrere seiner Schallplatten und CDs angehört.


    Ich beginne nächste Woche damit, seine Original-Schallplatten (ohne die zahlreichen Kompilationen auf LPs und CDs) auf dem ihm gewidmeten Thread "Mario Lanza - Verkanntes Genie" aufzulisten und werde vermutlich damit die doch recht kontrovers geführte Diskussion um diesen Sänger wieder 'anheizen'.


    Carlo

  • Mir fiel neulich auf, dass einige der Filme, die hier verlinkt habe, nicht mehr abrufbar sind.

    Für einige habe ich jedoch Alternativen gefunden.

    Ich werde die Filme nicht mit dem Klarnamen verlinken, sondern die Titel etwas abändern, um die Suchmaschinen zu irritieren.


    The great Karus0 hier und hier


    Because you#re mein hier


    tost of Neu Orleans hier


    4 the 1. time hier und hier


    arrivederci Roma bzw. 7 Hügel Roms hier und hier


    Zerenade hier

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Um die Reihe der Filme wieder komplett zu machen, hier noch der StudentPrince mit der Stimme von Mario Lanza

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Ein Film war mir noch durch die Lappen gegangen, aber auch den Midnight Kiss gibt es noch hier.


    Die sieben von mir verlinkten Filme in den Beiträgen #19, #22, #26, #30, sind somit alle wieder vorhanden (#36-38)

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Lieber Orfeo,


    herzlichen Dank dafür! Nun kann ich mir "The Student Prince" wieder ansehen, denn das ist der einzige Mario-Lanza-Film, den ich nicht auf Video habe.


    Carlo