Die logische Weiterentwicklung Joseph HAYDN: Streichquartette op. 17 Nr 1-6 (Hob- III: Nr 25-30 )

  • Knapp nach den 6 Quartetten von op 9 (1769/70) folgen die Quartette op 17 (1771) welche den vorhergegeangenen ähneln aber bei genauer Betrachtung von Kennern als logische Weiterentwicklung ders bislang erreichten gesehen werden könne. So schreiben es die Konzertführer, wobei einer vom anderen eindeutig abgeschreiben hat.(und ich - oh Schande - dieser Gepflogenheit folge) Haydns Quartette dieser Zeit dürfeten sich weitgehend Analysen entziehen, was ja schon dadurch belegt ist, daß die Echtheit des sogenannten op 3 über einen Zeitraum von über 150 Jahren nicht in Zweifel gezogen wurde. Op 17 hat IMO auch den Nachteil, daß es sich hier um keine Seria mit Namen handelt, auch ist kein "berühmtes" Quartett darunter. Ich kann nicht allzuviel darüber schreiben (uind hoffe daß jemand anderer dies tut), weil meine Sammlung an dieser Stelle - vermutlich aus letztgenannten Gründen relativ schwach bestückt ist. Ich besitze die Buchbergers (die ich übrigens als BISHER) einzige Ausgabe - entgegen einer früheren - falschen - Behauptung - KOMPLETT in der Sammlung habe, und eine CD von Naxos, mit den Quartetten 3-5-6. Ich überlege hier einen Nachkauf der felhlenden, bin mir aber nicht schlüssig, weil mir der Klang teilweise recht schrill und harsch vorkommt. Die Aufnahmen stammen , wie viele jener Serie aus einer Kirche in Ungarn, und sie halten IMO den Vergleich mit Studio-Aufnahmen nicht aus - wengleich die Zeitschrift "The Gramophone" hier anderer Meinung ist und den Aufnahmen Rosen streut.

    Ich selbst würde den Quartetten dieser Serie gegenüber op 9 eine gewisse Eigenwilligkeit und Eindringlichkeit zuschreiben, aber das ist eine subjektive Einschätzung. Mein besonderer Favorit ist der 2. Satz (Menuetto) des Streichquartettes op 17 Nr 4 in c-moll, das durch sein rustikal stampfendes Thema am Anfang und Ende des Satzes aufhorchen lässt, wobei der von klagend, weinerlichem Unterton geprägte Mittelteil das noch durch den Kontrast unterstreicht.

    Es scheint allerdings auch eine Frage der Interpretation zu sein, denn auf dem eingestellten Clip mit dem Festetics-Quartatt ist das Stampfen kaum merkbar, eher tänzerisch kommt des Satz (ab 9:48) daher. beides hat seinen Reiz, während die Interpretation der Buchbergers eher markanter ist, setzen die Mitglieder des Festetics-Quartetts eher auf Eleganz.



    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Irgendwo, entweder in einem Konzertführer oder bei Rosens "Der klassische Stil" las ich mal eine Einschätzung, dass die op.17 weniger innovativ und originell als op.9 seien. Das ist natürlich insofern richtig, dass op.9 ein kompletter Neustart des Quartetts für Haydn war, bei dem weit mehr als bei den Divertimenti opp.1+2 das klassische Quartett schon in allen Zügen vorhanden ist und op.17 im Grunde eine Neuauflage, die gerade in diesen Grundzügen exakt demselben Modell wie op.9 folgt. D.h. alle Weiterentwicklungen beziehen sich auf mehr oder minder subtile Details und bei der Bewertung ist natürlich viel persönliche Präferenz dabei, oder auch ob man eher exzentrische Innovation oder "Konsolidierung" schätzt. (Und ebenso wie op.9 "leiden" sie etwas unter dem überragenden Rang des folgenden op.20.) Selbst wenn es uns aufgrund der vielen noch folgenden Werke so vorkommen mag, sind es natürlich keine frühen Werke im engeren Sinne. Haydn war um die 40 Jahre alt und hatte fast 20 Jahre Erfahrung als Komponist (u.a. hatte er schon über 40 Sinfonien komponiert!).


    Genau wie bei op.9 steht ein Quartett in Moll, vier folgen dem Muster (Allegro) Moderato - Menuett - langsamer Satz - schnelles Finale, eins ersetzt den Kopfsatz durch einen langsamen Variationensatz (und hat quasi zum Ausgleich dafür einen besonders gewichtigen langsamen Satz an dritter Stelle und ein relativ umfangreiches Finale) und eins (beide Male das letzte) beginnt mit einem schnellen 6/8-Satz und ist insgesamt etwas leichteren Charakters. Hier ist allerdings das D-Dur op.17,6 ein erheblich umfangreicheres Werk (mit einem tollen Finale mit "ungarischem" Charakter) als das sehr knappe A-Dur in op.9. Auch sonst sind die meisten Sätze, besonders Finali etwas umfangreicher als in op.9. Die 1. Violine ist nicht mehr so dominant (wobei ich das bei op.9 für ein "feature", keinen "bug" halte), besonders die ersten beiden Quartette in E-Dur und F-Dur ziemlich regulär und "klassisch". Habe die Sammlung allerdings länger nicht gehört, demnächst vielleicht noch ein paar detailliertere Anmerkungen zu einzelnen Werken.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Joseph Haydn: Streichquartett op 17 Nr 1

    Hier mal der vorsichtige Versuch eines der Quartette subjektiv zu beschreiben. Vorausschickend, da ich es bislang noch nicht erwähnt habe, sei gesagt, daß Nr 1 nicht das erste Quartett dieser Serie ist, ich folge hier lediglich dem Hokoken-Verzeichnis - in Haydns Entwurfsverzeichnis und beim Erstdruck war die Reihenfolge eine andere.

    Der erste Satz ist ansprechend und eher konventionell.

    Der zweite Satz, ein Menuett klingt eher höfisch gestelzt, als leicht und tänzerisch - vermutlich eher eine Frage der subjektiven Sicht der Interpreten, ich habe diese Tendenz schon bei einem anderen Menuettsatz der Buchbergers gesehen, wo ich einen Vergleich hatte. Hier fehlt mir derzeit noch die Alternativaufnahme. Die Lesart ist durchaus zulässig - ich finde sie sogar überzeugend - allerdings entspricht sie nicht der Vorstellung, die ich von einem Menuett habe...

    Der dritte Satz wird im Booklet von Prof Buchberger als der bedeutendste Satz des Quartetts und sogar des gesamten Zyklus beschrieben.Ich gestehe, daß ich das aus Sicht des "Durchschnittshörers" nicht nachvollziehen kann. Weder melancholisch, traurig oder träumerisch versonnen -nichts passt wirklich, was den Satz beschreiben könnte. Er wirkt auf mich sehr komplex und nicht unbedingt klangschön, ein wenig sperrig vierlleicht - eines jener Kunstwerke für Insider (?) deren Vorzüge sich nicht jedem erschliessen. Mit über 7 Minuten ist er der Längste in dieser Aufnahme

    Der Finalsatz - er ist der kürzeste des Quartetts, beschliesst in hohem Tempo das Quartett.


    1) Moderato

    2) Menuet

    3) Adagio

    4) Finale, presto


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !