BWV 29: Wir danken dir, Gott, wir danken dir
Kantate zum Leipziger Ratswechsel (Leipzig, 27. August 1731)
8 Sätze, Aufführungsdauer: ca. 25 Minuten
Lesungen:
Unbekannt
Textdichter:
Unbekannt
Besetzung:
Soli: Sopran, Alt, Tenor, Bass; Chor: SATB; Trompete I-III, Pauke, Oboe I/II, Violine I/II, Viola, Continuo
1. Sinfonia
2. Chor SATB
Wir danken dir, Gott, wir danken dir und verkündigen deine Wunder.
3. Aria Tenor
Halleluja, Stärk und Macht
Sei des Allerhöchsten Namen!
Zion ist noch seine Stadt,
Da er seine Wohnung hat,
Da er noch bei unserm Samen
An der Väter Bund gedacht.
4. Recitativo Bass
Gottlob! es geht uns wohl!
Gott ist noch unsre Zuversicht,
Sein Schutz, sein Trost und Licht
Beschirmt die Stadt und die Paläste,
Sein Flügel hält die Mauern feste.
Er lässt uns allerorten segnen,
Der Treue, die den Frieden küsst,
Muss für und für
Gerechtigkeit begegnen.
Wo ist ein solches Volk wie wir,
Dem Gott so nah und gnädig ist!
5. Aria Sopran
Gedenk an uns mit deiner Liebe,
Schleuß uns in dein Erbarmen ein!
Segne die, so uns regieren,
Die uns leiten, schützen, führen,
Segne, die gehorsam sein!
6. Recitativo Alt & Chor SATB
Vergiss es ferner nicht, mit deiner Hand
Uns Gutes zu erweisen;
So soll Dich unsre Stadt und unser Land,
Das deiner Ehre voll,
Mit Opfern und mit Danken preisen,
Und alles Volk soll sagen:
Amen!
7. Aria Alt
Halleluja, Stärk und Macht
Sei des Allerhöchsten Namen!
8. Choral SATB
Sei Lob und Preis mit Ehren
Gott Vater, Sohn, Heiligem Geist!
Der woll in uns vermehren,
Was er uns aus Gnaden verheißt,
Dass wir ihm fest vertrauen,
Gänzlich verlassn auf ihn,
Von Herzen auf ihn bauen,
Dass unsr Herz, Mut und Sinn
Ihm tröstlich solln anhangen;
Drauf singen wir zur Stund:
Amen, wir werden's erlangen,
Glaubn wir aus Herzens Grund
Diese Ratswechselkantate kann exakt auf das Jahr 1731 datiert werden. Der unbekannte Textdichter hält sich an die übliche Vorgehensweise in dieser Art von Kantaten: Ein dankendes Psalmwort wird in den weiteren Sätzen mit der Bitte um Segen und mit Lob der weltlichen Obrigkeit verbunden.
Die erneut reich besetzte Festkantate beginnt mit einer Sinfonia die eine Umarbeitung des Preludio aus der Partita BWV 1006 darstellt. Den Solopart übernimmt dabei die Orgel.
Der Eingangschor Nr. 1 erfreut sich dank seiner Wiederverwendung als „Gratias agimus“ und „Dona nobis pacem“ in der h-Moll-Messe großer Bekanntheit. Die im sog. 'Stile antico' gebaute Fuge gehört sicherlich zu den musikalisch schönsten Einfällen Bachs, weshalb er sie später gleich zweifach in sein Opus summum integrierte. Einfach gebaut, feierlich und eingängig beginnt das Hauptthema der Fuge in h-Moll. Ein derart erhabener sakraler Dank wie diese Vertonung von Psalm 75, 2, wurde sicherlich selten komponiert. Wie die Intensität durch Hinzutreten der einzelnen Trompetenstimmen ist eindrücklich und ergreifend. Dabei werden die Trompeten I & II zunächst colla parte mit dem Sopran geführt, bevor sie den Chorsatz erweitern und schließlich von der unabhängigen Trompete III zur Siebenstimmigkeit ergänzt werden.
Arie Nr. 3 mit obligater Violine wirkt recht konzertant und verspielt. Textlich bleibt der Fokus hier noch auf dem im Eingangspsalm gelobten Gott Israels, während die Hinwendung nach Leipzig erst im folgenden Rezitativ geschieht.
Von besonderer Schönheit ist Arie Nr. 5 als innige Pastorale. Der für diesen Satztypus übliche Siciliano-Rhythmus (6/8-Takt) strahlt friedliche Wärme aus. Oboen und Streicher begleiten vollstimmig mit dem wiegenden Hauptthema der Arie. Dass der Continuo während der Gesangsteile schweigt kommt bei Bach in vergleichbaren Arien gelegentlich vor: Dies symbolisiert die grundlose (ohne Grund – ohne BC) Liebe Gottes zu den Menschen. Die Arie ist ein Höhepunkt unter den lyrischen Arien Bachs.
Weniger bedeutend ist die kurze Altarie Nr. , die wie eine virtuose, mit obligater Orgel begleitete Conclusio des Werkes wirkt.
Beide Rezitative sind Seccos, Nr. 6 erhält jedoch einen prächtigen, vom gesamten Chor dargebotenen Amen-Schlussakkord.
Als Abschlusschoral (Nr. 7) fungiert der noch heute im EG befindliche Choral „Sei Lob und Preis mit Ehren“, der mit der vollen Stärke des Festorchesters begleitet wird und somit einen hymnischen Zug erhält.