Der letzte fehlende Einzelthread zu den Raff-Sinfonien
Die 8. Sinfonie Op. 205 in A-Dur "Frühlingsklänge" eröffnet den Reigen der vier Jahreszeiten-Sinfonien, die den Zyklus der 11 Sinfonien Raffs abschließen. Das Werk entsteht 1876/1877 kurz nach der Vollendung der 7. Sinfonie. Raff steht zur Entstehungszeit kurz vor der Ernennung zum Direktor des Frankfurter Konservatoriums und damit auf der Höhe seines Ruhms. Es ist unklar, ob Raff von Anfang an beabsichtig vier Sinfonien für vier Jahreszeiten zu komponieren, oder ob die 8. zunächst als Einzelwerk geplant ist. Fest steht nur, dass die nachfolgende Sinfonie zunächst nicht chronologisch passend der "Winter" ist. Da diese 11. Sinfonie (eigentlich 9. Sinfonie) Raffs zu Lebzeiten nicht aufgeführt wird, wird sie später als 11. und letzte Sinfonie bezeichnet um den Jahreszeiten-Zyklus abzuschließen.
Die 8. Sinfonie beginnt mit einem als "Frühlingsrückkehr" bezeichneten Kopfsatz, der zu den unauffälligeren Sätzen Raffs gehören dürfte. Aus einer langsamen, fast phlegmatischen Einleitung - die gewiss die letzten Züge des Winters symbolisieren soll - entsteht bzw. erwacht ein freudiges Hauptthema, welches schnell zu einem fast euphorischen Höhpunkt findet.
Höhepunkt der Sinfonie ist IMO das nachfolgende Scherzo namens "Walpurgisnacht". Diese gehört in den Frühling, da sie bekanntlich jährlich in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai stattfindet. Raff zeichnet die Szene geschickt mit Klangfarben und musikalischen Stimmungen nach. Der bedrohliche Beginn malt mittels der Bässe ein düsteres Bild des Hexenberges. Doch schnelle beginnt der bunte Wirbel mittels eines sprunghaften und spukhaften Themas. Der Hexentanz wird hier äußerst plastisch dargestellt - hier schreibt Raff einmal wirklich Programmmusik bzw. eine Art Tondichtung. Das Trio besticht mit einem atmosphärisch dichten und eingängigen Tanzmotiv.
Der langsame Satz "Mit dem ersten Blumenstrauß" steht an dritter Stelle. Lyrische Melodik mit gelegentlich fast süßlichen Wendungen hat biedermeierliche Züge.
Das Finale ("Wanderlust") bleibt ein wenig unartikuliert. Freudige und beinahe unruhige Motive bleiben seltsam unfassbar. So eine richtige, aus der Romantik hinlänglich bekannte, Wanderstimmung will sich bei mir nicht einstellen. Der energiegeladene Satz und mit ihm die Sinfonie finden zu einem jubelnden Ende.