Michael Tippett: A Child of Our Time

  • In den vergangenen Tagen habe ich mich mit einem bedeutenden Chorwerk des 20. Jahrhunderts beschäftigt.

    A Child of Our Time von Michael Tippett (1905-1998).


    Das dreiteilige Oratorium für Soli, Chor und Orchester ist das am meisten aufgeführte Werk des englischen Komponisten. Der Text stammt vom Komponisten.


    Komponiert wurde es zwischen 1939 bis 1941. In London war 1944 die Uraufführung.


    Viel Resonanz hat dieses bedeutende Werk im Forum bisher nicht erhalten. Ich erlebe das Werk vielschichtig und hat mich stark beeindruckt. Allerdings hatte ich mich über längere Zeit mit dem Inhalt beschäftigt.


    In dieser Aufnahme ist Michael Tippett der Dirigent. Aufgenommen 1991, herausgekommen erstmals bei Collins Records, beim Label Naxos als Wiederveröffentlichung 2005.


    Faye Robinson, Sarah Walker, Jon Garrison, John Cheek, City of Birmingham Chorus & SO, Michael Tippett



    Um die komplexe Struktur verstehen zu können, sollte man sich einlesen. Ausführliche Informationen zur Entstehung und zum Werk liefert diese Publikation in englischer Sprache.




    Der Wikipedia-Beitrag liefert Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/A_Child_of_Our_Time



    Eine Studienpartitur liegt beim Verlag Eulenburg vor:




    Andere Dirigenten der britischen Insel haben das Oratorium aufgenommen.


    Davis, Hickox,


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Die fünf Negro-Spirituals hat Michael Tippett ausgekoppelt und für achtstimmigen gemischten Chor bearbeitet.


    Es gibt sie in weiteren Veröffentlichungen.



    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Das Oratorium über die Reichspogromnacht gehört sicherlich zu den bedeutendsten Oratorien des 20. Jh. Auf mich hat es tiefen Eindruck gemacht - ich erlebte es live am 9. November 2018 (zum 80jährigen Gedenktag des Themas) in der Nikolaikirche zu Rostock. Damals gab es auch eine Einführung.


    Inhaltlich geht es um die Geschichte des jüdischen Jugendlichen (Child) Herschel Grynszpan, der zwei Tage vor der Pogromnacht Ernst von Rath erschossen hatte. Anlass für Tippett anhand dieser historischen Person ein erschütterndes Werk über die Judenverfolgung und den Holocaust zu schreiben. Hingewiesen wurde damals auch darauf, wie sehr C. G. Jungs Psychologie eingang in das Werk erhalten hat. Besonders der sog. 'Verlust der seelischen Grundlagen' des Menschen in der Moderne und in einem komplementären System von Heil und Unheil mag hier eine große Rolle spielen.


    Konzeptionell ist das Werk wie eine Passion Bachs aufgebaut. So wechseln sich Chöre, Bass-Rezitative, Arien und sogar Turba-Chöre ab. An Stelle der bei Bach üblichen Choräle treten bei Tippett fünf Spirituals. Vor allem "Go down Moses" und am Schluss "Deep river" fand ich in Kontext und kompositorischer Umsetzung sehr eindrücklich. Die dreiteilige Form des Oratoriums ist an Händels Messiah angelehnt. Im Zentrum steht die dramaturgische Handlung, während die anderen beiden Teile eher vorbereiten und reflektieren.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Meine Aufnahme heute wie damals ist die unter Sir Colin Davis (Philips) mit der wunderbaren Jessy Norman und der großen Janet Baker von 1975. Aber auch die Chöre, das Orchester und die anderen Solisten machen die Einspielung zu dem was sie ist.




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