Joseph Joachim als Komponist

  • Joseph Joachim als Komponist

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    Der ungarische Violinist Joseph Joachim (1831-1907) galt als einer der bedeutendsten Geigenvirtuosen seiner Zeit. Bereits in jungen Jahren machte er sich einen Namen und beeindruckte 1847 Franz Liszt in Weimar. 1853 lernte er Robert und Clara Schumann kennen, bei denen er ebenfalls den nachhaltigsten Eindruck hinterließ, und wenig später kam er zudem in Kontakt mit dem fast gleichaltrigen Johannes Brahms. Als einer der einflussreichsten Musiker prägte er das Musikleben im 1871 ausgerufenen Deutschen Kaiserreich maßgeblich und war bis beinahe zuletzt auch als Solist tätig.


    Landläufig weit weniger geläufig ist das Wirken Joachims als ernstzunehmender Komponist. Er schrieb immerhin vierzehn Kompositionen, die er mit Opuszahlen bedachte, und etwa noch einmal so viele ohne solche. Sein 1857 komponiertes und 1861 veröffentlichtes Violinkonzert Nr. 2 d-Moll "in ungarischer Weise" gilt als sein bedeutendstes Werk, ist mit etwa einer Dreiviertelstunde Spielzeit ausgedehnt und wurde vom US-amerikanischen Musikkritiker David Hurwitz gar als "der Heilige Gral unter den romantischen Violinkonzerten" bezeichnet. Daneben sind besonders seine etwa 15-minütigen Ouvertüren zu Shakespeares "Hamlet" op. 4 (1853) und "Heinrich IV." op. 7 (1854) hervorzuheben, die in sich Züge von Tondichtungen tragen. Zumindest Joachims wichtigste Kompositionen wurden mittlerweile eingespielt, teils mehrfach.



    Violinkonzert Nr. 3 G-Dur o. op.

    Ouvertüre zu Shakespeares "Hamlet" op. 4

    Elegische Ouvertüre "Dem Andenken Heinrich von Kleists gewidmet" op. 13


    Takako Nishizaki, Violine

    Radio-Sinfonieorchester Stuttgart

    Dirigent: Meir Minsky


    Aufnahme: 1983


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    Ouvertüre zu Shakespeares "Hamlet" op. 4

    Ouvertüre zu Shakespeares "Heinrich IV." op. 7

    Violinkonzert Nr. 2 d-Moll op. 11 "in ungarischer Weise"


    Elmar Oliveira, Violine

    London Philharmonic Orchestra

    Dirigent: Leon Bostein


    Aufnahme: 1991


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    Marsch I für großes Orchester o. op.

    Marsch II für großes Orchester o. op.

    Ouvertüre zu einem Lustspiel von Gozzi op. 8

    Elegische Ouvertüre "Dem Andenken Heinrich von Kleists gewidmet" op. 13

    Ouvertüre zu Shakespeares "Hamlet" op. 4

    Ouvertüre C-Dur o. op.


    Maastricht Philharmonic Orchestra

    Dirigent: Roland Bader


    Aufnahme: 1994



    Ouvertüre zu Shakespeares "Hamlet" op. 4


    Oslo Philharmonic Orchestra

    Dirigent Mariss Jansons


    Aufnahme: 2000



    Ouvertüre zu Shakespeares "Heinrich IV." op. 7


    Oslo Philharmonic Orchestra

    Dirigent Mariss Jansons


    Aufnahme: 2000



    Violinkonzert Nr. 2 d-Moll op. 11 "in ungarischer Weise"


    Rachel Barton Pine, Violine

    Chicago Symphony Orchestra

    Dirigent: Carlos Kalmar


    Aufnahme: 2002



    Orchestrierung der Sonate C-Dur D 812 "Grand Duo" von Franz Schubert als Sinfonie C-Dur


    Houston Symphony

    Dirigent: Christoph Eschenbach


    Aufnahme: 1996

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • In meiner bisherigen Wahrnehmung spielt Joseph Joachim seine wichtigste Rolle als Freund von Johannes Brahms sowie Clara und Robert Schumann. Das wird ihm nicht gerecht, wie es der von Joseph II. eröffnete Thread deutlich macht. Er soll endlich bei mir sein Eigenleben führen. Was die Ouvertüren zu "Hamlet" und "Heinrich IV." anbelangt, erkenne auch ich "Züge von Tondichtungen". Sie fliegen einem nicht direkt zu. In der Wiederholung kommt man ihnen aber immer näher.


    In Berlin, wo ich wohne, ist Joachim allgegenwärtig. Er war der Gründungsdirektor der hiesigen Musikhochschule, die inzwischen zur Universität der Künste wurde. Deren Konzertsaal ist nach ihm benannt. Joachim ist in Berlin begraben. Sein Grab befindet sich auf dem Kaiser-Wilhelm-Gedächtnisfriedhof in Westend. Der Joseph-Joachim-Platz ist mehr eine bescheidene Grünfläche.


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    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Schumann hielt einiges von Joachims "Hamlet"-Ouvertüre, wie aus einem Brief vom 8. Juni 1853 an letzteren hervorgeht:


    "Vielen Dank [...] vor allem für Ihre Ouverture, die von den ersten Tacten an mir tiefes Interesse einflößte. [...] Es war mir beim Lesen, als erhellte sich von Seite zu Seite die Scene, und Ophelia und Hamlet träten in leibhaftiger Gestalt hervor. Es sind ganz ergreifende Stellen darin, und das Ganze in so klarer und großartiger Form hingestellt, wie es einer so hohen Aufgabe gemäß ist. [...] Die kunstreiche Verwebung der Motive, die Weise, wie Sie schon früher Ausgesprochenes in neuer Art wiederbringen, und vor Allem die Behandlung des Orchesters und dessen eigenthümliche Verwendung zu seltenen Licht- und Schatteneffecten - dies Alles scheint mir sehr preiswürdig. Auch fehlt es nicht an einzelnen kühnen und verwegenen Wendungen, wie der besondre Stoff verlangt, wie mich denn beim ersten Lesen das scharfe Intervall im 3ten Tact (das es) etwas frappirte. Aber im Verlauf des Stückes erscheint gerade dieses Intervall vorzüglich charakteristisch, und durch kein anderes zu ersetzen. [...] Gern wünschte ich die Ouverture in einem der ersten unserer Concerte aufzuführen."


    (Zitiert nach: Johannes Joachim u. Andreas Moser (Hrsg.), Briefe von und an Joseph Joachim, Bd. 1: 1842-1857, Berlin 1911, S. 60-62.)


    Hier in der ausgezeichneten Darbietung der Osloer Philharmoniker unter Jansons:


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões