Die unterschiedlichen Musikhörer

  • Hallo,


    wenn man vom Hifi kommt, kennt man die Experten, die sich wenigen Klängen stundenlang widmen können.


    Das muss nicht verkehrt sein, wenn es um Geräte und Materialeigenschaften geht.


    Gelegentlich erlaube ich mir dann den Einwand: hören wir doch eiin bißchen Musk, lassen wir es geschehen.


    Das gibt es auch bei den Klassikliebhabern, bei den Ausführenden.


    Einzelne Stellen des Werkes werden akribisch betrachtet, es wird schon darauf gewartet, was nun kommt.


    Ist völliig in Ordnung für mich, es geht nicht speziell um das Werk an sich, sondern um technisches wie künstlerisches Können und Verständnis.


    Trotzdem: am Schluß ist es doch die Gesamtwirkung, kann der Interpret eine schlüssige Performance liefern, stubst es mich an, oder?


    Es grüßt


    Karl

  • Trotzdem: am Schluß ist es doch die Gesamtwirkung, kann der Interpret eine schlüssige Performance liefern, stubst es mich an, oder?

    Mirv geht es bei fast allen komplexen Werken so, dass es überzeugendere und weniger überzeugende Stellen gibt. In einem ersten Schritt denkt man halt, die Musik sei da schwächer. Wenn man mit solchen Stellen nun Hilfen bekommt, hat man die Möglichkeit solche Stellen neu zu hören.

    So bleibt es am Ende bei mir für das gesamtheitliche Verständnis unvermeidbar, an ein paar Stellen in die Tiefe zu gehen.


    Ein Beispiel für mich waren die Paganini Variationen von Brahms, die ich vorher als versuchtes Virtuosengeklimper wahrgenommen hatte. Ich hätte mir vielleicht mit Blick auf die Person Brahms denken können, dass es das nicht sein kann. Manchmal ist man aber mit seinen Kurzschlüssen eine ganze zeitlang zufrieden.

  • Ich stimme Karl zu, dass es ja am Ende um Musik und deren Wirkung geht. Bei einer Arzneimittelpackung kann es ja auch interessant sein, wie die hergestellt wird, ob die Firma "ordentlich" ist, ob die Pillen in der richtigen Reihenfolge eingeschweißt sind, wir sich das Papier anfühlt, und, und ... Am Ende entscheidet jedoch die Wirkung und dann kann man die Packung getrost vergessen.


    Oder nach dem Aufwachen aus einem Traum: wie fühle ich mich dann? Das ist doch wichtiger als der Inhalt, oder? Wenn wir - was ich für mich tue - Musik als Medizin betrachten, dann kann ich bewusst ein musikalisches Mittel gegen etwas nehmen. In früher Kindheit hat so mir gegen Traurigkeit, Depression oder Unwohlsein stets die Bachkantate "Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit" BWV 106 geholfen, am allerbeste die Arie (Bass) "Bestelle dein Haus".


    Und gleichzeitig wissen wir, um wie viel es schwieriger ist, objektiv von den Wirkungen eine Beschreibung zu geben, statt technische Faktoren runterzuleiern.

    Mehr Musik ins Leben, mehr Leben in die Musik.