Gerade habe ich noch einmal ein paar Interpretationen des Klavierstücks IX von Stockhausen gehört und bin zu dem Schluss gekommen, dass das Fehlen eines Threads von Stockhausens Klaviermusik in einem Forum der Moderne ein wesentliches Manko ist.
Die Musik für Klavier solo war in der Nachkriegszeit ein wichtiges Experimentierfeld für Stockhausen. Es handelt sich um die ersten elf Klavierstücke, die in der Zeit zwischen 1952 und 1961 entstanden sind, und zu den am häufigsten eingespielten Klavierwerken Stockhausens gehören. Folgt man der Wikipedia in ihrem Artikel Stockhausens Klavierstücke sieht man eine Reihe späterer Klavierstücke, die aber im Regelfall direkt aus seinen Opern [Wochentag] aus Licht kommen. Auch hier gibt es durchaus eine Menge an sporadischen Einspielungen.
Entgegen landläufiger Meinung sind viele dieser Werke durchaus gut hörbar (bei Klavierstück IX gibt es ein Werk Zimmermanns, wo er sich offensichtlich über das Werk lustig macht) Aber Zimmermann und Stockhausen in Köln scheinen sich nicht immer grün gewesen zu sein. Vielleicht sogar ein Generationenkonflikt
Klavierstück IX prägt sich nun ein durch belastende Iteration eines Akkordes am Anfang, der sich in Folge langsam dynamisch etwas absenkt. Das Stück weist aber durchaus noch reizvolle Stellen aus.
Ich zitiere aus der Wikipedia
Klavierstück IX präsentiert zwei stark zueinander im Kontrast stehende Ideen: ein vierstimmiger Akkord, der fortwährend in periodischen Rhythmen wiederholt wird und eine langsam ansteigende chromatische Skala, bei der jede Note eine andere Dauer hat. Diese Ideen werden abgewechselt und gegeneinandergestellt, und schließlich im Erscheinungsbild eines neuen Gewebes von schnellen, unregelmäßig voneinander abgesetzten periodischen Gruppen im hohen Register zusammengeführt. Stockhausen nutzt absichtlich die Unmöglichkeit aus, alle vier Töne der wiederholten Akkorde exakt gleichzeitig und gleich stark anzuschlagen (ein weiteres Beispiel für die „variable Form“), so dass sich die Töne konstant und unfreiwillig in den Vordergrund schieben. Aloys Kontarskys Anschlag war allerdings so gleichmäßig, dass Stockhausen ihn bitten musste, dieser Zufälligkeit nachzuhelfen, um den Akkord zu „zerlegen“. Die rhythmischen Proportionen über das Stück hin werden von der Fibonacci-Folge bestimmt, teils direkt (1, 2, 3, 5, 8, 13, 21 usw.), teils in aufaddierter Form (1, 1 + 2 = 3, 1 + 2 + 3 = 6, 1+ 2 + 3 + 5 = 11 usw.), mit dem Ergebnis 1, 3, 6, 11, 19, 32, 53 usw.
auch die Zimmermann Anekdote findet sich hier
Zitat von Wikipedia
Bernd Alois Zimmermann, der mit Stockhausen auf äußerst heiklem Fuß stand, hat für sein Orchesterwerk Musique pour le soupers du Roi Ubu (1962–67) im letzten Satz – Marche de décervellage (Gehirnzermantschungsmarsch) betitelt – den ersten Akkord aus Klavierstück IX, der bei Stockhausen 280-mal angeschlagen wird, bei Zimmermann 631-mal, als Folie für Zitate aus Berlioz’ Symphonie fantastique und Wagners Walkürenritt verwendet.
Zum Höreinstieg bringe ich zwei Live-Interpretationen. Einmal Pollini 2002 in der Cité de la Musique
und einmal Pierre-Laurent Aimard aus einem Konzert in der Alten Oper Frankfurt