Villa-Lobos, Quinteto Instrumental

  • Ein wunderschönes Kammermusikwerk von Villa Lobos ist sein Quintett für Flöte, Harfe, Violine, Viola und Cello, das Villa-Lobos selber als „Quinteto instrumental“ bezeichnete. Es wurde 1957 komponiert, zeitgleich mit seiner letzten Sinfonie und seinem letzten Streichquartett. Es ist daher ein Spätwerk des Komponisten, das aber kaum bekannt ist. In Vergleich zum seinen Quartetten ist es lockerer strukturiert und weist auch nur drei Sätze auf:

    1. Allegro non troppo
    2. Lento
    3. Allegro Moderato

    Das Werk wurde erst 1962, also drei Jahre nach Villa-Lobos‘ Tod, in Rio de Janeiro uraufgeführt und 1970 publiziert.


    Der erste Satz ist der kürzeste und ist ein lockerer Dialog der fünf Instrumente. An Anfang sind die Streicher gegen Flöte und Harfe gestellt, aber in Laufe des Satzes wird von Villa-Lobos fast jede Kombination der fünf Instrumente ausprobiert. Ziemlich oft wird die Harfe alleine gegen die restlichen Instrumente geführt. In der Mitte des Satzes gibt es ein kontrastierendes Thema, ein fanfarenartiges Motiv in punktierten Rhythmus, das dann weitergeführt wird. Es hebt sich von den sonst in legato geführten Melodien des Satzes ab.


    Der zweite Satz ist der längste des Werks und meiner Meinung nach auch der mit zentrale Bedeutung. Er beginnt mit einer offenen Quinte im Cello und einer Begleitung in tiefen Tönen in der Harfe. Bald spielen Viola und Violine eine hymnenartige Progression, während Flöte und Harfe Motive aus absteigenden Intervallen austauschen. Das Cello löst sich von seiner Quinte, schwingt sich in die Tenorlage hinauf und übernimmt die Führung (Das Cello war Villa-Lobos‘ eigenes Instrument). Der Abschnitt endet mit mit einem Akkord in allen Instrumenten mit einem zusätzlichen Arpeggio in der Harfe. Im Mittelteil übernimmt zunächst die Viola die Führung, während die Flöte mit vogelähnlichen Rufen und die Harfe mit Akkorden begleitet. Man fühlt sich fast wie in den Amazonas versetzt. Die anderen Instrumente gesellen sich dazu, während die Harfe Arpeggios spielt. Der ganze Abschnitt wird immer bewegter, bis auch er schließlich mit einem Akkord endet. Der erste Teil kehrt wieder, diesmal mit dem Cello in Führung und der Satz wird schließlich im Pianissimo zu Ende gebracht. Ich finde diesen Satz einer der schönsten langsamen Sätze die Villa-Lobos geschrieben hat, der durchaus auch mit denen der Quartette mithalten kann.


    Der letzte Satz ist am energischsten und erinnert in seiner Sprache etwas an die Streichquartette. Er beginnt wieder mit einem „Harfe gegen alle“ Dialog, indem Arpeggios der Harfe gegen Triolen der anderen Instrumente konkurrieren. Die Musik hier ist weit mehr rhythmisch geprägt als in den anderen zwei Sätzen, mit sehr vielen Triolen und später auch Synkopen. Eine sehr schöne Stelle ist kurz vorm Schluß, wenn sich die Musik etwas entspannt und die Violine übernimmt die Führung begleitet von gebrochenen Akkorden der Harfe und den anderen Instrumenten. Jedoch die Agitation des Anfangs kehrt wieder und bringt das Quintett zu einem abrupten Schluss. Alles im allem ein sehr interessanter Satz, der aber in meiner Gunst gegenüber den anderen beiden, besonders dem langsamen Satz, etwas abfällt.


    Ich habe nur eine Aufnahme dieses Werks, die von Naxos mit dem Ensemble Mobius. Ein You-Tube Video mit der Gruppe Camarada habe ich gestern gefunden. Sie spielen ähnlich wie Mobius, vielleicht etwas schneller im langsamen Satz.




    Ich muss zugeben, dass ich nicht all zu viel über dieses Werk weiß. Mir ist zum Beispiel nicht bekannt für wem es Villa-Lobos komponierte und warum es nicht zu seinen Lebzeiten aufgeführt wurde. Wenn da jemand etwas mehr weiß, wäre ich sehr verbunden.


    LG aus Wien.:hello:

  • Danke für diesen Tipp an den MusicFan9976!


    Mit Villa-Lobos bin ich sehr gut bestückt, aber dieses späte Kammermusikwerk kenne ich nicht.


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Lieber Wolfgang,


    Danke für Deine Antwort. Ich glaube das Quintett wird Dir gefallen, wenn Du Villa-Lobos magst.


    LG aus Wien.:hello:

  • Lieber Wolfgang,


    Danke für Deine Antwort. Ich glaube das Quintett wird Dir gefallen, wenn Du Villa-Lobos magst.


    LG aus Wien.:hello:

    Das tut es auf jeden Fall! Danke! Der Spätstil ist weniger effektbewusst und intimer, insgesamt überraschender - hier vergleiche ich mit den bekannteren Orchesterwerken, aber auch mit den meisten Streichquartetten oder den Klaviertrios. Ansonsten hast Du ja sehr differenziert charakterisiert oben! :thumbup:


    Die Harmonien und Farben des langsamen Satzes beispielsweise sind mir weniger vertraut - untypisch sind sie nicht, natürlich auch nicht das Lautmalerische.


    Mir ist bekannt, dass Villa-Lobos Cellist war. Bemerkenswert, dass sich meines Erachtens die beiden (?) Cellokonzerte nicht sonderlich durchgesetzt haben. Ich kenne wahrscheinlich auch nur das zweite.


    Den Personalstil erkennt man immer wieder mehr oder minder deutlich - das wäre mein Fazit trotz des Raffinements der Besetzung. Ich kenne nur wenige Harfenquintette - E. T. A. Hoffmann fällt mir als erster ein. Etwas Englisches müsste ich auch finden.


    PS: Da eine Violine durch die Flöte ersetzt wird, dürfte sich die Konkurrenz noch einmal mehr in Grenzen halten. ;)


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Mir ist bekannt, dass Villa-Lobos Cellist war. Bemerkenswert, dass sich meines Erachtens die beiden (?) Cellokonzerte nicht sonderlich durchgesetzt haben. Ich kenne wahrscheinlich auch nur das zweite.

    Das geht zwar etwas vom Thema weg, aber ich habe beide Cellokonzerte und die Fantasia für Cello und Orchester. Alle drei sind lohnende Werke, wobei ich das späte zweite Konzert am besten finde. Hier zum schnuppern:





    Es gibt übrigens auch 5(!) sehr lohnende Klavierkonzerte von ihm. Vielleicht starte ich einmal einen Villa-Lobos Konzerte Thread.:)


    LG aus Wien.:hello:

  • Ich kenne nur wenige Harfenquintette - E. T. A. Hoffmann fällt mir als erster ein. Etwas Englisches müsste ich auch finden.


    PS: Da eine Violine durch die Flöte ersetzt wird, dürfte sich die Konkurrenz noch einmal mehr in Grenzen halten. ;)


    :) Wolfgang

    Gerade das Zusammenspiel von Flöte und Harfe finde ich in diesem Werk reizvoll. Ich weiß auch nicht, warum es da nicht mehr für diese Kombination gibt. Kennengelernt habe ich die Klangkombination natürlich durch Mozarts Konzert für beide Instrumente.


    LG aus Wien.:hello:

  • Die berühmten Werke, die V-L inspiriert haben könnten, sind wohl Ravels Introduktion & Allegro (fl, clar, Harfe, Streichquartett) und Debussy Sonate (Fl Va Harfe), auch dessen Danse profane/sacrale können mit Harfe + Streichquintett? gespielt werden.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)