SALIERI, Antonio: PRIMA LA MUSICA E POI LEPAROLE

  • Antonio Salieri (1750-1825):
    PRIMA LA MUSICA E POI LE PAROLE

    (Erst die Musik, dann die Worte)
    Divertimento theatrale in einem Akt

    Libretto von Giambattista Casti

    Originalsprache: Italienisch.


    Uraufführung am 7. Februar 1786 in der Orangerie des Schlosses Schönbrunn in Wien

    gleichzeitig mit Mozarts Der Schauspieldirektor


    Einziger Akt.

    Am 7. Februar 1786 fand im Rahmen eines musikalischen Wettstreits wegen der Durchreise des General-Gouverneurs der habsburgischen Niederlande, Albert von Sachsen-Teschen und seiner Gattin Marie Christine, einer Schwester von Kaiser Joseph II., in der Orangerie des Schlosses Schönbrunn ein denkwürdiger Musikwettbewerb im Auftrag des Kaisers statt. Joseph II. scheint Wettkämpfe dieser Art geliebt zu haben, denn bereits zu Weihnachten 1781 hat er in der Wiener Hofburg den musikalischen Wettstreit zwischen Muzio Clementi und Wolfgang Amadeus Mozart als ein Spektakulum virtuosis zur allgemeinen Belustigung inszeniert. Jetzt ging es darum, dass ein deutsches Singspiel-Ensemble Mozarts Schauspieldirektor darbot, und Antonio Salieri sein Prima la musica e poi le parole von den italienischen Hofsängern und Musikern aufführen ließ.


    Beide Einakter nehmen die Theaterpraxis in der josephinischen Zeit aufs Korn. Salieris charmante Opernsatire gehört zum Genre metamelodramma, in dem die Oper selbst zum Thema der Handlung wird. Die Leute, die Teil einer Opernproduktion sind, zum Beispiel der Librettist, Komponist und prima donna, treten als Figuren auf der Bühne auf und werden in einer humorvollen Selbstreflexion präsentiert. In diesem Theater parodiert Salieri die Musik von Giuseppe Sartis Giulio Sabino in seinen Einlegearien und spielt so auf der Musik, die dem damaligen Publikum völlig vertraut war. Indem dieses Meisterwerk über den musikalisch-dramatischen Stil dieser Zeit nachdenkt und darüber diskutiert, ob das Wort oder die Musik Vorrang haben soll, wird es als ein früher Vorläufer von Richard Strauss’ Capriccio angesehen.


    Der Herr Theaterdirektor hat gerade mal vier Tage Zeit, um eine völlig neue Oper auf die Bühne zu bringen. Der Kapellmeister hat die Musik zum Teil schon fertig (allerdings nicht selbst komponiert, sondern „parodiert“) und er fordert den Textdichter (Librettisten) auf, seine Worte der Musik anzupassen. Die Primadonna gibt derweil eine Arie aus dem Werk des unbenannten Komponisten zum Besten, und die Secondadonna will nun ebenfalls eine Arie ihrem entsprechen Bühnen-Charakter komponiert haben – Hauptsache ist für sie natürlich, dass auch sie brillieren kann. Wenn dazu der Text noch fehlt, dann wird sie halt Vokalisen singen.


    Salieri und Mozart haben die Aufgabe gerne auf sich genommen und in Form und Inhalt höchst unterschiedliche Arientypen nebeneinander gestellt, wobei aber Salieri seinen Ansatz subtiler gestaltet, als Mozart es tat. Er nahm sich Sartis Seria Giulio Sabino zum Anlass, für Nancy Storace (die übrigens drei Monate später die Rolle der Susanna in Le nozze di Figaro kreieren würde) eine Rolle zu schreiben, die den seinerzeit berühmten Kastraten Luigi Lodovico Marchesi, der gerade in Wien gastierte, trefflich imitierte.


    Auf die Premiere bei Hofe folgten noch drei weitere, umjubelte öffentliche Aufführungen im Kärntnertor-Theater. Dann verschwand Salieris Komposition in den Archiven, während Mozarts Schauspieldirektor immerhin ein Eigenleben entfaltete, wobei man allerdings die situationsgebundenen Dialoge stets anpassen musste.


    Quelle:

    Antonio Salieri (1750-1825): Prima la Musica e Poi le Parole (Divertimento teatrale), 2 CDs

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    MUSIKWANDERER

  • „PRIMA LA MUSICA E POI LE PAROLE“ (‚Erst die Musik, dann die Worte‘) (Antonio Salieri)


    a) Gesamtaufnahmen:


    Donna Eleonora, virtuosa seria – Romana Righetti / Tonina, virtuosa buffa – Eugenia Ratti / Il Maestro di Cappella – Gino Orlandini / Il Poeta – Gastone Sarti / Orchestra della Radio Svizzera Italiana / Dirigent: Bruno Rigacci (Lugano, Studio der RSI, ca. 1970). Eine Aufnahme der Radio Svizzera Italiana.


    Donna Eleonora – Durdjevka Čakarević / Tonina – Nadja Linda Siriščević / Il Maestro di Cappella – Enrico Fissore / Il Poeta – Vladimir Ruždjak / City of Dubrovnik Symphony Orchestra / Dirigent: Nikša Bareza (Dubrovnik, Rektorenpalast, Atrium, 6. 8. 1973). Eine Aufführung der Nationaloper Zagreb – zusammen mit „Der Schauspieldirektor“ von Wolfgang Amadé Mozart - im Rektorenpalast (Knežev dvor) in Dubrovnik, aufgenommen vom jugoslawischen Rundfunk.


    Donna Eleonora – Maria Casula / Tonina – Gabriella Ravazzi / Il Maestro di Cappella – Aurio Tomicich / Il Poeta – Andrea Snarski / Orchestra ‚Scarlatti‘ di Napoli della RAI / Dirigent: Gianluigi Gelmetti (Neapel, Palazzo di Corte, 15. 11. 1975). Eine Rundfunkaufnahme der Radiotelevisione Italiana.


    Donna Eleonora – Maria Casula / Tonina – Kate Gamberucci / Il Maestro di Cappella – Graziano Polidori / Il Poeta – Giorgio Gatti / Danilo Lombardini (Cembalo) / Severočeská filharmonie Teplice (Nordböhmische Philharmonie Teplitz) / Dirigent: Domenico Sanfilippo (Scopello/Trapani, 20. 7. und 23. 7. 1986). ‚Bongiovanni‘ GB 2063/64 (je 2 LPs und CDs). Eine Live-Aufnahme der Revision von Josef Heinzelmann und Friedrich Wanek aus dem Jahr 1972, gekoppelt mit dem Intermezzo „Lesbina e Adolfo“ von Alessandro Scarlatti mit Daniela Uccello und Giorgio Gatti.


    Donna Eleonora – Melba Ramos / Tonina – Eva Mei / Il Maestro di Cappella – Manfred Hemm / Il Poeta – Oliver Widmer / Der Concentus Musicus, Wien / Dirigent: Nikolaus Harnoncourt (Salzburg, Mozarteum, 3. 2. 2002). Eine konzertante Aufführung bei der Salzburger Mozart-Woche 2002 - gekoppelt mit Mozarts „Der Schauspieldirektor“ mit Eva Mei, Patricia Petibon, Markus Schäfer und Oliver Widmer – in einem Mitschnitt des ORF. Der 2019 gestorbene Kabarettist und Sportmoderator Werner Schneyder führte durch die Handlung des „Schauspieldirektors“; die zwei CDs erschienen 2017 bei ‚Belvedere‘ (BVE 08035). Diese Aufführung von „Prima la musica, poi le parole“ basiert auf der neuen Revision von Thomas Betzwieser, wie auch das Wiener Konzert von 2005.


    Donna Eleonora – Delphine Haidan / Tonina – Eva Mei / Il Maestro di Cappella – Franz Hawlata / Il Poeta – Paul Armin Edelmann / Der Concentus Musicus, Wien / Dirigent: Nikolaus Harnoncourt (Wien, Musikverein, 15. 10. 2005). Der zweite Teil des Abends galt dem „Schauspieldirektor“ Mozarts, ebenfalls dirigiert von Nikolaus Harnoncourt; hier sangen Eva Mei, Patricia Petibon, Markus Schäfer und Paul Armin Edelmann und der ‚Simpl‘-Leiter Michael Niavarani sprach die Dialoge. (Für Nicht-Wiener: Das ‚Simpl‘ ist das seit 1912 bestehende und seitdem - mit Ausnahme der Zeit von September 1944 bis Mai 1945 - ständig bespielte Kabarett in Wien.)


    b) Ausschnitte:


    Sinfonia – Nr. 1: Duett Poeta-Maestro ‚Signor Poeta mio, voi siete un capo ameno‘ – Nr. 3: Rezitativ und Arie der Eleonora ‚Non dubitar, verrò… Là tu vedrai chi sono‘ – Nr. 6: Terzett Eleonora-Poeta-Maestro ‚Cari oggetti del mio core‘ – Nr. 10: Arie der Tonina mit anschließenden Rezitativ ‚Via largo, largo, largo, ragazzi… Ah, ti conosco, cane!‘ – Nr. 11: Kavatine der Tonina ‚Cucuzze! Che concorso!‘ – Nr. 13: Finale mit Eleonora, Tonina, Poeta und Maestro ‚Se questo mio pianto il cor non ti tocca… Per pietà, padrona mia‘ / Donna Eleonora – Roberta Alexander / Tonina – Julia Hamari / Il Maestro di Cappella – Robert Holl / Il Poeta – Thomas Hampson / Het Concertgebouw Orkest / Dirigent: Nikolaus Harnoncourt (Amsterdam, Concertgebouw, 1986). Eine Aufnahme der ‚Teldec‘ auf einer LP (6.43336 AZ) bzw. einer CD (8.43336 ZK) zusammen mit den Musikstücken aus Mozarts „Der Schauspieldirektor“ (mit Magda Nador, Krisztina Laki, Thomas Hampson, Harry van der Kamp und einem kurzen Gesangsbeitrag von Nikolaus Harnoncourt). Diese Aufnahme erschien gleichzeitig bei der ‚Musical Heritage Society‘ in New York.


    c) Auf ‚YouTube‘ zu sehen:


    Donna Eleonora – Kseniia Belolipetskaia / Tonina – Elena Luneva / Il Maestro di Cappella – Piotr Sokolov / Il Poeta – Andrei Iurkovskii / Kamernii orkestr ‚Instrumentalnaia Kapella‘ (Kammerorchester 'Instrumentalkapelle') / Partiia klavesina (Cembalo): Mariia Osenkova / Musikalniia slektakleii i Dirizher (Musikalische Leitung und Dirigent): Aleksei Shatskii / Kostiumi (Kostüme): Ekaterina Miroshnitsenko / Rezhissur (Regie): Aleksandr Rikhlov (Moskau, Teatr Aleksei Ribnikov, 16. 12. 2015). Eine schöne Inszenierung von Salieris „Snachala musika, pogom slova“ durch das ‚Zentrum für Theater und Regie' in Sokol in Kostümen des 18. Jahrhunderts – und in italienischer Sprache!


    Donna Eleonora – Annalisa Massarotto / Tonina – Francesca Salvatorelli / Il Maestro di Cappella – Virgilio Bianconi / Il Poeta – Nico Mamone / Pan Opera Festival Orchestra / Dirigent: Patrick David Murray / Bühnenbild: Matteo Paoletti Franzato / Kostüme: Carlos Tieppo / Regie: Marco Bellussi (Panicale, Teatro Cesare Caporali, 4. 9. 2016). Eine stilgerechte Inszenierung wie zu Salieris Zeiten, die zuvor in Padua (Teatro Giardino di Palazzo Zuckermann) am 17. 6. 2016 mit teilweise anderer Besetzung aufgeführt wurde.


    Donna Eleonora – Francesca Boncompagni / Tonina – Rocìo Perez / Il Maestro di Cappella – Szymon Chojnacki / Il Poeta – Francesco Vultaggio / Orchestra del Teatro La Fenice di Venezia / Dirigent: Federico Maria Sardelli / Regie: Italo Nunziata (Venedig, Teatro Malibran, 20. 10. 2020). Eine Inszenierung, die die Handlung in die 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts verlegt.


    Carlo