Schon oft habe ich Elektra live in der Oper als x-te Repertoirevorstellung erlebt, aber noch nie von einem Orchester so belanglos gespielt und die Titelpartie so falsch gesungen gehört. Mir ist auch auf allen Aufnahmen der seligen Nilsson aus ihrer Glanzzeit immer schon aufgefallen, dass sie etwas distoniert. Ich müsste noch mal ein paar CDs hervorkramen, um sicherzugehen, dass ich nicht irre, aber ich glaube mich zu erinnern, dass sie immer zu tief singt - trotzdem liebe ich sie heiß als Brünnhilde, Elektra und Turandot etc. auf meinen CDs und war auch immer aufgeregt, wenn ich sie mal im Fernsehen bei einem Interview sah oder was von ihr las. Nun, bei dieser Met-Vorstellung singt sie mal zu tief, mal zu hoch, mal trifft sie einen Spitzenton exakt, geht aber dann wie eine singende Säge einen Halbton (!) herunter. Nervosität (?) oder Alterserscheinung? Die Aufführung ist vom 16. Februar 1980, die Inszenierung (1966) von Paul Mills und die lächerlichen Kostüme und die Bühne von Rudolf Heinrich. Die Kamera-Regie dürfte manchmal nicht ganz bei der Sache gewesen sein, die Tonqualität ist gutes Stereo und sehr authentisch, sprich: dreht sich eine Sängerin um, hört man sie nicht mehr; jedenfalls nehme ich an, dass man das live vor Ort auch so erlebt haben muss. Manche Mikrophone im Orchestergraben scheinen an der falschen Stelle platziert worden zu sein. Den Lautstärkeregler muss man übrigens seltsamerweise sehr weit aufdrehen, weswegen aber trotzdem keine weiteren Mängel erkennbar werden (hätte ja ganz gut dazugepasst, wenn es dann plötzlich furchtbar gerauscht hätte). Die DVD ist äußerst knapp gestaltet, im Menü kann man nur die englischen Untertitel ein- oder ausschalten und zu einzelnen Szenen gehen - als Plus könnte man erwähnen, dass man 27 Stellen anzappen kann/könnte, aber wenn ich mir den Einakter vornehme, schaue ich ihn sowieso von Anfang bis Schluss an.
Trotzdem habe ich diesen "Opernabend" vor dem Fernseher und mit Kopfhörern genossen, da die Vorstellung sehr spannend ist und man die Begeisterung des Publikums spüren kann, das sich immer, wenn die Nilsson singt, die Nilsson von früher dazu denkt - jedenfalls ist es mir so gegangen, dass ich die (akustische) Erinnerung an die alten Aufnahmen beisteuerte, um alles ganz toll zu finden.
Grandios Leonie Rysanek als Chrysotemis - schade, dass ich die Rysanek nie erlebt habe, das wäre sich vielleicht noch ausgegangen (ich habe 1987 angefangen, in die Oper zu gehen - oder hat sie da nicht mehr gesungen). Ich wusste früher nicht, wie toll sie auf der Bühne war, und da haben mir ihre Aufnahmen dann auch nicht sooo gut gefallen, da mir allein ihre Stimme nie so gefallen hat.
Als Klytemnestra: Cher (Mignon Dunn)