Prozess Lichnowsky gegen Mozart

  • Für ein neues, aber an Jahren altes Forummitglied, ist es natürlich nicht einfach zu beurteilen, welches Thema bereits durchgekaut und welches noch von Interesse wäre.
    So so starte ich einen neuer Versuch, auf die Gefahr hin gesagt zu bekommen , es handele sich unter kalten Kaffe.
    Es geht um den Prozess, den Fürst Carl von Lichnowsky, gegen Mozart, 1791
    Mir geht es um die Frage, warum Lichnowsky, für eine doch relativ geringe Summe von 1435 fl 32 kr. einen Prozess gegen Mozart anstrengte?Warum musste Lichowsky dies tun?Wusste er nicht, das er damit Mozart, in ein finanzielles Chaos stieß?
    Padre

  • Da auf das Stichwort Prozess bisher niemand antwortete, habe ich die Themenstellung etwas präzisiert. Vieleicht ist aber auch das Thema nicht relevant.
    Viele Grüße Padre


    Threadname entsprechend geaendert. TB

  • Ich fand auf dem Internet eine Diskussion. Ein kleines Teil davon gebe ich hier als Zitat.


    Zitat

    Lichnowsky was prosecuting Mozart because of a scandal that he, Mozart, was involved in. A scandal that had cost Lichnowsky (or, rather, his relatives) that amount of money. But the actual prosecution was not for that amount - it was one brought against Mozart to redress the moral wrong that Mozart had done towards a person related to Lichnowsky. A scandal in which Mozart, morally, was found guilty.


    Such a scandal is refered to only once in Mozart literature. That of Mozart having fathered a child (a daughter) to a woman who was already betrothed. This same infant later (at the time of Mozart's death) being adopted by Countess Thun - a relative of the same Lichnowsky. It is THIS moral error that, I believe, was the cause of Lichnowsky bringing the court case. The money/fine relating, perhaps, to verifiable expenses related to it.


    LG, Paul

  • Vielleicht sollte man hier die Geschichte erzählen.
    Denn ich bin mir sicher, daß kaum jemand wusste, daß es einen solchen Prozess gab - geschweige denn weshalb er geführt wurde.


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ja, das wäre hilfreich und interessant. Das Forum trägt zwar den Namen "Tamino", macht aber seine Mitglieder nicht unbedingt zu Mozart-Spezialisten. Die Fragen sind daher, so denke ich nicht zu einfach, sondern häufig nicht beantwortbar, da Hintergrundwissen fehlt.
    Man kann ja auch nicht alles wissen...... :wacky:


    LG
    Wulf.


    P.S. Einen ausgewiesenen Musikwissenschaftler mit Schwerpunkt Film und frühes 20. Jhd. wirst Du mit einer Prozessfrage gegen Mozart auch ganz schön ins Schwitzen bringen können, denke ich.....

  • "Man" erzählt:


    Carl Aloys Johann Nepomuk Vincenz Leonhard Graf [später Fürst] Lichnowsky von Woszczyc [1756 (!) - 1814], Schwiegersohn der Gräfin von Thun war seit dem 8. Juli 1783 Mitglied der Freimaurerloge "Zur Wohlthätigkeit", der auch Mozart angehörte. Mozart hängte sich 1789 quasi an Lichnowsky, der eine Reise nach Norddeutschland machte. Aus nicht bekannten Gründen aber brach Lichnowsky seine Reise ab, Mozart blieb. Mozart - so ist es belegt - lieh vor dessen Abreise Lichnowsky 100 Gulden [nicht, wie man vermuten könnte, anders herum]. Der Grund ist einfach: Lichnowsky wurde seiner Brieftasche entledigt. Ob Lichnowskys verfrühte Abreise aus Leipzig auf ein Zerwürfnis mit Mozart zurückzuführen ist, muß erst noch [oder für immer] im Dunkeln bleiben. Es wäre jedenfalls denkbar, dass Mozart sich gegängelt fühlte und es zu heftigen Auseinandersetzungen kam, denn auch darin war Mozart - der immerhin als temperamentvoll bis zur Heftigkeit und als auffahrend wie Schießpulver galt - recht geübt. Aber auch Lichnowsky hat ja 1806 am Beispiel Beethovens gezeigt, dass er ganz gut kontern konnte. Was aber Beethoven darüber schrieb, ist ja bekannt: Was Sie sind, sind Sie durch Zufall und Geburt. Was ich bin, bin ich durch mich. Fürsten gibt es Tausende. Beethoven nur einen. Soetwas könnte durchaus auch aus dem Munde von Mozart 1789 gekommen sein. Aber weiter mit der Geschichte:


    Mozart hatte natürlich allerlei Schulden in seiner Sammlung. Puchberg, Mozarts bekannteste und großzügigste Bank, war geduldig und legte stets nach, obwohl er eigentlich Rückzahlungen zu erwarten hatte. Aber auch diese Nachschläge wurden allmählich merkbar weniger! Ähnlich könnte es auch bei Lichnowsky gewesen sein. So kam vermutlich nach und nach inkl. Zinsen ein Betrag von 1.435 Gulden, 32 Kreuzer zusammen, was heute in etwa 25.000 € entsprechen könnte. Möglicher Weise hatte Lichnowsky Mozart den Betrag bereits vor Antritt der Reise geborgt und Mozart hielt ihn hin: Mit guter Laune, guter Musik, seiner Mitreise, und der Forderung von Nachschlägen. Wenn es tatsächlich zu einer bösen Auseinandersetzung kam, dann könnte Lichnowsky derart sauer gewesen sein, dass er nun Mozart - der statt zu zahlen, frech nachforderte - den Prozeß machte. Welche anderen Gründe sollte es sonst geben? Lichnowsky fühlte sich vermutlich ausgenommen, klein und verarscht. Auf jeden Fall setzt er vor Gericht durch, dass am


    November 1791 [fol 1587r] 9ten et prs: 12 = 9mb: 791: Daß Karl / Fürst v: Lichnowskj Ca dem K : K : Hof = Kappelmeister Wolfgang Amadé / Mozart wegen schuldigungen 1435 f / 32 Xr samt 24 f Gerichts Kosten / sowohl die Pfändung, als auch die / Erfolglassung dessen Besoldungs / Hälfte bewürkt habe.


    Zu Deutsch: Sein gesamtes Bewegliches Vermögen sowie die Hälfte seines Jahreshonorars als k. k. Hofkapellmeister waren gepfändet! ***Kuckuck*** :rolleyes:


    Möglicher Weise führte auch zum Eklat, dass Mozart 1790 einen weiteren Wechsel über 1.000 Gulden [~ 18.000 €] in Frankfurt zeichnete, wobei er [ebenfalls?] sein gesammtes Mobiliare verpfändete! Fast gleichzeitig mußte Mozart auch an Puchberg 2.000 Gulden zurückbezahlen - irgendwie dreht sich alles im Karrussel - und einer spielte eben nicht mehr mit.


    Mozart verschweigt zu dieser Zeit während seiner Aufenthalte außerhalb Wiens [also Berlin/Dresden/Leipzig 1789 und Frankfurt 1790] seiner Angetrauten nicht ganz unerhebliche Einnahmen von hier und da mal 100 Gulden, was wenig klingt, aber umgerechnet in etwa vier großen Scheinen gleichkommt [pro Mal!]. Man vermutet - ob zu Recht oder zu Unrecht vermag ich nicht zu beurteilen - dass Mozart sich am Stephansplatzer Lottolädle grob vertippt hat und deswegen jede Menge Bares benötigte...


    Mit Bedacht empfehlenswert zu diesem Thema ist Guy Wagners Buch "Bruder Mozart - Freimaurerei im Wien des 18. Jahrhundert", der diesem Prozeß ein Kapitel widmet, aber [auch] keine Lösung anbietet.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Eine Menge Information kan man hier finden (16 Seiten).


    LG, Paul


    PS Wenn einer dies als DOC-Datei haben will, braucht er mir nur eine PN mit Emailadresse zu schicken.

  • Die Antworten von Ulli und musicophil, sind für mich sehr aufschlussreich.Ich sagte bereits:" iCH WILL UND KANN ES NICHT BEURTEILEN; OB EINE FRAGE GUT;ODER SCHWER; BANAL ODER KINDISCH IST.
    Sollte ich ich wieder mal eine Frage haben, werde ich erst das Archiv durchstöbern. Vielleicht finde ich dort was ich suche. Suchet und ihr werdet finden.
    Viele Grüße
    Padre