• LXIX




    Schattenriß



    Kreisbild aus Märchen,
    weißes Papier -
    zwei Schatten
    schneidet man aus


    Dann auch die Lippen:
    ein Umriß aus Händen,
    und Scheren haben bald
    den Atem getrennt


    Linien zerbrechen,
    und auf die Nachtform der Lider
    legt man schon Tod


    Es bleibt noch
    ein Schnitt in die Träume;
    schnell werden Münder
    aus dem Himmel gelöst


    Dann Restweiß,
    und die Formen getrennt:
    Stille ...
    und ein Schattenspiel stirbt


    Verwirft man die Bilder?
    Denn im Halbrund der Augen
    faltet einer
    ein Schwarz über Kreuz



    (c) 2009, Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • LXX.



    Apfelmund



    Dreimal hab’ ich
    die Losung gesagt,
    und dreimal die Luft
    mit Sesam bemalt


    Küsse hab’ ich geöffnet,
    drei Stück an der Zahl,
    und darin die Äpfel
    der Himmel gefühlt


    Drei Daunen trug ich
    und fing auch Sterne im Tuch:
    Da flogen Fische im Wind,
    und die Sonne sang mit Tauben dazu


    Dreimal drei Träume
    hab’ ich gewaschen
    und Wünschelruten
    in alte Fichten gehängt


    Mit Himmeln im Stiefel
    schnitt ich die Haare,
    und Isegrimm hab’ ich
    über die Wolken gejagt


    Gold fiel aus Locken,
    und siebenmeilen klang mir
    ein Wunderhorn fort ...



    Doch nun sag’ ich die Losung,
    und kein Prinz sucht nach Drachen
    oder hellblauem Schuh


    Selbst ein Glasherz zerspringt,
    und der Spielmann
    schnürt das Fell dicht um’s Wams


    Erlegt sind die Wolken:
    Ein Schwanenkleid bricht,
    und hinter den Bergen
    schlagen keine Wünsche mehr an


    Auf Würfelblättern geh’n dort
    drei Himmel nach Haus -
    rotschwarze Kappen
    über goldenem Haar


    Blass sind die Rätsel,
    und die Tauben sterben sogar
    an Pfeilen aus Gras -
    dem Schlaf in den Worten
    lausche ich jetzt


    Doch noch einmal sag’ ich die Losung
    und esse ein Stück
    vom Schmetterlingsbrot:


    Stille, Märchen
    uralte Zeit -
    drei Spuren
    Deines Apfelmunds ...




    (c) 2009, Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Lieber Jörg,


    Ich weiß nicht warum, aber Dein "Schattenriß" hat mich besonders angetan.
    Ich finde dort etwas, daß mir ein Hauch der Wehmut, des Verlustes gab.
    Sehr schön.


    LG, Paul

  • lieber paul,
    vielen lieben dank. deine worte freuen mich sehr!


    und du hast natrlich recht, wehmut und verlust sind da auf jeden fall enthalten. sehr viel sogar...


    :hello:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • LXXI.



    Augen



    Ich habe Augen
    in ein Tuch gelegt
    und aus dem Traum
    ein Weiß gemischt,
    das sternbewegt
    nach Blicken fragt
    und wie ein stummer Samt vergeht


    Ich habe einem Mond
    den Tod gesagt
    und dann ein Lid vernäht
    mit einem Schleier,
    der mir eine Nacht beschreibt:
    Ein Blau,
    das wie ein Schnee verlischt
    und nur
    als eine Traumschicht bleibt




    (c) 2009, Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Zitat

    Original von klingsor
    hallo, philipp,


    natürlich kannst du es fertig komponieren und jemanden finden, der es aufführen möchte. du bist darin ganz frei (zumal ich leider über den file nur sehr wenig hören bzw. mir vorstellen kann).


    aber auf jeden fall freue ich mich, daß dich meine worte anregen und bin gespannt. :hello:

    Hallo,


    Es besteht die Möglichkeit, dass meine Vertonung deines Gedichts am 31. 10. diesen Jahres in Karlsruhe (ur)aufgeführt wird (natürlich nur, wenn deine Zustimmung noch aktuell ist). Genaueres erfährst du, sobald auch ich es weiß :)
    Wo du genau wohnst, weiß ich nicht - ob sich die Fahrt nach Karlsruhe für dich lohnen würde, müsstest du selbst wissen; indes sei gesagt, dass das Stück nur ca. anderthalb Minuten dauert. Im Falle der Aufführung wird es allerdings auf jeden Fall eine Aufnahme geben, so dass du dir dein Gedicht in meiner Version definitiv irgendwann zu Gemüte führen kannst.


    Gruß
    Philipp

  • hallo,


    na, das freut und ehrt mich ja :yes: :angel:


    gib auf jeden fall mal bescheid. werde aber wohl eher auf die aufnahme zurückgreifen müssen, da ich nicht 'um die ecke' wohne. bin sehr gespamnnt und drücke die daumen. lg jörg

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • LXXII.




    Aria III: Deine Augen



    Blicke, zerrissen -
    zwei Reste vom Blau


    Sternwind, gehäutet,
    und Farben,
    hinter Brauen gefloh’n


    Lichter verhallen,
    tagblinde Worte -
    aus Pupillen rinnt Sand


    In der Hand schwimmen Träume;
    spurlos,
    bloß Körper aus Glas


    Dann eine Iris,
    um Zeilen gebunden -
    Stille,
    bis ein Winpernschlag bricht


    Zwei Lider,
    zu Erde verscharrt -
    fast Blicke,


    augapfelblau




    (c) 2009, Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • LXXIII.




    Nachtstücke I:



    Sternendickicht.


    Kein Traum,
    kein Weg aus den Augen


    Schlaf schneidet ins Blau


    Im Mund irren Engel -
    kein Tod, der entkommt


    Nur Worte,
    mondlos,


    ... selbst eine Rose versagt




    (c) 2009, Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Den Haag – Mariahoeve


    Ich logiere gegenüber
    der tristesten Pizzeria der Welt
    in einem flachgedrückten Viertel
    daß die Nachkriegszeit
    hervorgeträumt hat – schweißbedeckt
    Die Menschen: freundliche Puppen
    die ihre bunten Puppenmahlzeiten
    in den Mägen verbergen
    Das Fernsehprogramm läuft rund
    um die Uhr am Flachbild-Himmel
    Man sieht ein graues Fernsehspiel


    Ich logiere gegenüber
    der tristesten Pizzeria der Welt
    Selbst das Hundefleisch ist ausgegangen
    und die Geheimbotschaften im Bierschaum
    sind kaum noch lesbar
    Die letzten Dohlen auf den Straßen
    verstecken sich in Pioniergehölzen
    die von der Küste herangekrochen sind
    In der Pizzeria werden die Gäste kalt
    -
    -

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  • LXXIV.



    Kouros



    Nachtschalen,
    gesenkt


    Geronnene Worte,
    Stirn
    aus zerbrochener Hand


    Mund um die Jahre,
    Spuren -
    fast ein Blatt als Gesicht


    Ein Bild noch, verletzt;
    sandlos die Augen:
    dann Traum -


    wie eine Windhaut bricht




    (c) 2009, Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • LXXV.



    Erdschrift



    Zungenspuren -
    traumlachenschwer


    Geruch von drei Worten,
    Erdloch,
    eine Fährte als Haar


    Ein Satz schält noch Wolken,
    Nüstern,
    selbst Schritte schmecken nach Gras


    Ein Blatt schneidet Tage,
    und auf Äpfeln fault
    ein moosnasser Mund


    Am Dampf spürt man Silben,
    und zwei Lippen zerfallen
    wie feuchtes Papier


    Dann ducken sich Wege,
    und ein Traum wittert Schrift -
    Wundschweiß,
    aufgelassene Namen:


    Eine Worthaut liegt bloß




    (c) 2009, Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • LXXVI.




    Traumlos



    Milchlose Worte,
    Traumschwellenschnee


    Wind in den Jahren:
    Ich weiße die Tore,
    den Schlaf unter’m Arm


    Zwei Lippen wasche ich aus,
    und mit Kreide mal’ ich
    mir Zeichen ins Haar


    Auf den Scheitel streue ich Mehl,
    und von den Wänden
    hab’ ich die Wolken gelöst


    Dann fallen Tücher,
    und beide Lider lege ich ab -
    Laken zerrinnen;
    selbst die Haut
    schmeckt nach Asche und Kalk


    In Schleier hülle ich Strähnen:
    Bald flocken Träume,
    und ich tauge zum Schlaf


    Aus Papier falt’ ich noch Tauben,
    doch kein Mond verrät,
    wie er die Schwingen vermischt


    Denn das Gewicht der Augen
    mißt man nach Traum:
    Einer wendet die Schalen -


    und selbst mein Atem ist wund




    (c) 2009, Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • LXXVII.



    Traumspiel



    Luftwaagen
    und ein Atem, vernarbt


    Im Gras liegen Sterne,
    und ein Auge
    sucht das Wolkenversteck


    Sag, wo wachsen die Träume? -
    vom Flug der Engel
    streift man schon Schorf


    Nur Windrosen bleiben,
    ein Sternbild
    und vier Schwingen im Kreis


    Schlaf wird geschnitten;
    allein die Birken
    kämmen noch Licht


    Dann füllt man Schalen,
    doch die Träume atmen nicht mehr


    Und nichts wiegt man auf;
    selbst der Traumhüter schweigt:


    Wir seh’n dem Tod in die Augen,
    und auch wir


    tragen Luft um den Mund




    (c) 2009, Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • LXXVIII.



    Sinnspiel



    Dreizehn Karten
    und ein Haus in der Luft


    Einer mischt Wolken,
    und auf den Reimen
    geht der Westwind spazier’n


    Würfel wetten um Sterne -
    ein Spiel mit den Träumen,
    und auch die Erde macht ihren Zug


    Unter der Schürze
    zieht sie zwei Sonnen hervor,
    doch schnell hat der Mondmann
    alle Nächte verspannt


    Auf dem Seil jonglieren nun Blumen,
    und ein Kreisel verzaubert den Tag,
    dann tanzen Lichter,
    und ein Narr
    wirft seinen Hut in den Ring


    Denn jetzt gilt’s:
    Pusteblumen und Murmeln aus Meer;
    er winkt in die Menge,
    und über’s Herz streicht Applaus


    Doch das Freilos versticht,
    und ein Windspiel
    lacht alle Engel vom Traum


    Zwölf Masken, die zieht man uns ab:
    gestapelt die Karten,
    ein Haus wie aus Luft


    Ja, die Spiele sind aus -
    und nur der Tod


    setzt uns auf Kreuz




    (c) 2009, Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Lieber Jörg,
    mir ist das ein wenig zu viel 50er-Jahre-Sound, Spätsurrealismus - Paul
    Eluard, Ivan Goll - gemixt mit frühem Celan und mittlerer Bachmann.
    Noch ein guter Schuß Karl Krolow: und fertig. Naja, das ist jetzt ein bißl
    harsch formuliert, aber mir ist es immer ein Rätsel wie jemand, der
    heute Gedichte schreibt (und es scheint mir, du schreibst mit einem
    gewissen Anspruch) nicht auch heutig schreibt... und offenbar auch
    keine zeitgenössische Lyrik liest (Gerhard Falkner, Lutz Seiler, Jan
    Wagner, Björn Kuhligk, Daniel Falb, Monika Rinck, Uljana Wolf etc etc
    etc).
    Herzlich florian


    .

  • hallo, florian,
    danke für die rückmeldung, auch wenn sie keine positive ist. :-) tatsächlich scheinen unsere ansichten über zeitgenössische lyrik auseinanderzugehen. den einwand kann ich aus einem gewissen blickwinkel durchaus sehr gut verstehen und teilen, aber ich versuche eben, mich nicht einem zeigeist anzupassen, der in 10 bis 15 jahren wieder historisch und überwunden ist, sondern, klasissche, zeitlos-moderne gedichte zu schreiben - ob mir das letztenendes gelingt, mag ein anderes sein.


    wie kommst du eigentlich darauf, dass ich moderne poesie nicht kennte? nur weil ich nicht so schreibe, ist das doch kein grund, sie nicht zu lesen oder zu verarbeiten ...???? da sollte man im urteil immer ein wenigf zurückhaltender sein .... ich kenne sogar einige deiner ...


    generell ist mir vieles in der modernen literatur, wie auch der bildenden kunst etc. viel zu eindimensional, zunächst durchaus beeindruckend, aber eben viel zu monoton und momothematisch. ich versuche jedenfalls, verschiede ebenen einzubringen, ein offenlassen an interpretatiom, ein spiel mit worten, die vielfältig interpretiert und verstanden werden können. aber natürlich gibt es ganz wunderbare zeitgenössische lyrik, nur leider eben für mich doch zu wenig - so nehme ich deinen vergleich als ehre an - denn jeder künstler (als den ich mich gar nicht bezeichne) - ist ein wenig xxx, ein wenig xxy, ein wenig xyy und ein wenig yyy und dann eben noch ein wenig oder ein wenig mehr er selbst.


    liebe grüße

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Lieber Jörg,


    mh, aber es gibt keine zeitlose Lyrik, das ist ja gerade der Punkt, den
    ich dir vorhalte: 50er Jahre, nicht zeitlos. Wenn man beispielsweise im
    Stile Gryphius schreibt, liest sich das eben wie 17tes Jhdt, wenn man
    Gryphius mit Hofmannswaldau und Fleming mischt ebenso, selbst wenn
    man einen Schuß Georg Heym druntermischt: noch immer 17tes Jhdt.
    Zeitlos geht nicht. Wieso also nicht zeitgenössisch schreiben?
    Insbesondere wenn man/du sich/dich mit den lebenden Dichtern
    auskennt/auskennst. Wie kann man das alles lesen - und ich verstehe dich so, dass
    du nicht nur mal eben ein Jahrbuch der Lyrik gelesen hast - und doch
    so unbeleckt davon bleiben, das ist es, was ich nicht verstehe. Denn
    Potential ist ja da, wenn auch ein bißl dick aufgetragen wird (auch das
    wirkt altertümelnd), und die eine oder andere Metapher havarierte
    ("Wie Milch brechen Lider").


    Und dass du sagst, der größere Teil der modernen Literatur sei
    eindimensional, deutet darauf hin, dass du die falschen Bücher liest.
    Beispielsweise der neue Band von Falkner ("Hölderlin Reperatur" - Berlin
    Verlag) ist das Gegenteil davon. Auch Falb und Rinck kann man kaum
    mangelnde Komplexität vorwerfen.


    Herzlich florian


    .

  • So, und nun stell ich noch´n eigenes rein:


    Schwerter + Lilien

    Leih mir dein Ohr, sagte Van Gogh
    und steckte sich eine Reval an
    unter dem krähenverhangenen Himmel
    Ich habe in dein helles Auge trüb geblickt
    und den schwarzen Punkt des Alls gesehen
    Die Buchstaben in meinen Briefen
    krochen mir letzte Nacht vom Papier
    sagte Van Gogh und kratzte sich am Ohr
    Es ist so schwer zu dichten
    wenn alle Farben ausgegangen sind


    .

  • hallo, florian,


    nun, da könnte man natürlich trefflich debattieren, ob es zeitlose kunst gibt oder nicht. obwohl es da für mich eigentlich nichts zu diskutieren gibt :-) - meine ansicht kennst du ja. und nur, weil du immer die 50er hochhälst, muß dies ja nicht der tatsache entsprechen.... auch dies bliebe zu diskutieren und zu verifizieren. aber, an sich ist das ja müßig ...


    auch finde ich die von dir erwähnte metapher nicht verunglückt, aber das ist ja natürlich wie so vieles ansichtssache.


    wenn ich mir nun dein gedicht betrachte, könnte ich natürlich auch anfangen, bereits im expressionismus schon übergebühr ausgeschlachtetes anzumerken (Ich habe in dein helles Auge trüb geblickt) oder meiner ansicht nach 'plattes' anzukreiden (schwarzen Punkt des Alls)... darüber hinaus noch ein wenig 70er/80er jahre hinzugemischt ... du siehst, so zeitgenössisch ist das auch alles nicht. . aber, ich halte nichts davon, ein gedicht soll wirken, wie es ist. und wenn es wirkt, hat es die möglichkeit, zeitlos zu werden.


    dies sehe ich deinem nicht. aber dennoch finde ich die passage (Die Buchstaben in meinen Briefen
    krochen mir letzte Nacht vom Papier) recht interessant wie auch einiges andere in deinen arbeiten. aber wie dich letztlich meine nicht 'befriedigen', sind es eben auch deine, die mich letzten ende kalt lassen wie so vieles in der zeitgenössischen, ich sage bewußt 'zeitgenössischen' und nicht 'moderen' lyrik. denn das kann wieder ganz anderes sein..


    nun, so ist eben das künsterische leben. das mußte van gogh auch erleben ..


    es grüßt
    jörg



    ps: danke für die tips. ich werde sie mir gerne zu gemnüte führen. bin sehr gespannt...

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

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  • ... aber (hoffentlich) nur vorläufig.


    denn 'sinnspiel' (eigentlich sollte es das 'traumspiel' sein, aber es warf sich noch 'dazwischen') wird - wie schön lange geplant - wohl für lange / längere zeit das
    letzte gedicht von mir hier sein, sozusagen ein vorläufiger schwanengesang, bevor ich
    mich nun zu intensiver bearbeitung der hunderten fragmente zurückziehe, um
    zu sehen, was noch gilt oder 'vernichtet' werden kann.


    auch werde ich wohl meinen stil in eine andere richtung (weiter)entwickeln - mal
    sehen, ob es sich und was sich dann realisieren und wie sich die herkulesaufgabe der s(d)ichtenden
    arbeit bewerkstelligen läßt ...


    ich danke den geneigten leserinnen und lesern fü'rs mitlesen und verfolgen. ich habe mich sehr darüber gefreut und bin sehr vielen sehr dankbar dafür. :jubel: :jubel: :jubel:


    herzlichst


    jörg

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • ja, liebe musica, das werde ich selbstverständlich machen. mal sehen, wann und wo es herauskommt. ich will das mal nächstes jahr angehen. auch dafür werde ich die zeit nutzen. vielleicht hört man ja auch schneller von mir als gedacht. es eist einfach alles im fluss.
    liebe grüße
    jörg

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • LXXIX.



    Schneekinder



    Leichte Schritte, Tanzbärschritte,
    zwölf Schellen am Traum


    Sie kommen:
    Hände wie Krumen,
    an der Leine den Schlaf


    Gleich klirren die Stecken,
    und Lider, verschlissen,
    flattern im Wind


    An Wolken frieren die Tatzen -
    nur ein Mond klaubt Asche
    in den offenen Mund


    Ein Schindgaul spielt auf:
    Im Eis zersplittern die Töne,
    und der Rachen vor’m Wagen
    zieht einen Kreis


    Eine Peitsche wärmt kurz,
    zwölf Schellen als Mal:
    Sie schwenken die Lampen,
    und rote Augen tanzen dazu


    Aus Mäulern träuft Schweiß,
    doch das naßschwarze Haar
    wird mit Schneezeug geflickt


    Im Wams brechen Tränen;
    selbst ihren Traum
    zieht man am Ring


    Leichte Schritte, Tanzbärschritte:
    Lauft schnell –


    denn die Schneekinder sind’s




    (c) 2010, Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • LXXX.




    Räume



    Wie Papier ...
    zwischen Kielen wachsen die Stunden -
    fünf Räume aus Luft


    Federn werden beschrieben,
    ein Ruf in die Seiten,
    und die Spitzen der Schwingen
    wurzeln im Haar


    Wie Engel wendet man Worte -
    Blätter versiegeln,
    und Zeilen,
    fast weiß


    Dann trocknet man Atem,
    und durch’s Splittern der Silben
    fährt eine Hand


    Geschöpft werden Stunden,
    fünf Linien,


    bis ein Papiermund
    verschweigt





    (c) 2010, Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • LXXXI.


    Rosenglas



    Stumm wirst Du die Scherben breiten
    wie ein Regen
    und ein Atemfallen,
    ein Verzicht,
    zwei Seiten einer Glut
    und wie ein Abschied
    ohne sein Gewicht


    Und Du wirst geh’n,
    im Saum den Schatten,
    und einen Namen
    niederstreifen und berühr’n,
    einen Mantel färben
    wie ein Schweigen –
    und einem Rosenglas verzeih’n,
    das bricht




    (c) 2010, Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • LXXXII.



    Atem



    Wer wie ein Mantel fällt
    und als Reseden geht,
    wer über Stäbe blüht
    und einen Schatten hält,
    wer eine Meerhaut trägt
    und als ein Kind verlischt,


    der ist Nacht, ein Farbspiel,
    das verwischt,
    ein Schattenkuß, bereit,
    wie ein Gesicht,
    das einen Ölzweig sucht


    und seinen Traum
    entflicht




    (c) 2010. Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • LXXXIII.



    Blüte



    Papierrosen-Blüte:
    Eine Seite schneit aus


    Im Kreis ein Sommer,
    gefaltet,
    beschrieben als Haut


    Aus Blättern zwei Lerchen,
    und Nester,
    in Sätze gestanzt


    Dann Stiele in Wolken
    und Wortflocken, rot:
    Gleich malen Vasen
    Schlaf in das Rund


    Wie Papier streut man Rispen:
    Vier Lider,
    und ein Himmel schneidet
    sich Verse zurecht




    (c) 2010, Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • LXXXIV.



    Vogelflug



    Ein Flug löst sich auf


    Zwei Spitzen,
    weiß-gelb,
    wie Blumenverschnitt


    Farben verflirren -
    Stunden,
    auf Kreide gemalt


    Aus Tusche die Flügel,
    ein Rand,
    mit Himmel vermischt


    Dann Wolkenpapier
    und Chrysanthemen aus Glas


    Ins Blau noch zwei Striche:
    Und Blüten


    zertrennen den Mund



    (c) 2010, Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • LXXXV.




    Traumlid



    Meine Augen sind groß,
    sternblaue Fragen,
    zwei Kinder aus Schlaf


    Sie kommen wie Regen,
    und ihre Lider
    begreifen das Meer


    Mit Krügen
    sammeln sie Inseln;
    ihr Schatten
    bittet Mondlicht zu Tisch


    Ein Blau erntet Himmel -
    Lauschen,
    bis die Erdsonne spricht


    Ja, meine Augen sind groß:


    In ihren Brauen verfangen sich Wolken,
    waldgrüne Wimpern -
    ein Spiel mit dem Wind


    Träume malen sie nach,
    und den Sternkrug,
    den schütten sie aus


    Und sie sprechen als Zauber –


    So fangen wir an,
    mit den Toten zu sein




    (c) 2010, Jörg Borse

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

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