DON GIOVANNI - Royal Opera Covent Garden London, September 2008

  • Zitat

    Original von severina
    es wäre im Anschluss an die Szene gewesen, wo Keenlyside ein Schwein ausweidet (Ich habe es in meiner Kritik genau beschrieben). Fausts Kleidung (das typische T-förmige Nitschhemd) ist anschließend blutdurchtränkt, er wird von einigen Mädchen ausgezogen und mit Schwämmen abgewaschen (Und es geht dabei nicht nur um die Reinigung....), und dabei hätte er am Ende völlig nackt auf ein Kreuz geschnallt werden sollen, das anschließend emporgezogen wurde. Da nun bestand Keenlyside auf der Unterhose. (Da sie aber durch den Waschvorgang ziemlich nass war, war der Unterschied nicht allzu groß:stumm::pfeif: )


    Ach du Schreck. Bei diesem Effekt hätte er auf die Hose ja gleich verzichten können :stumm:


    Jetzt wird mir klar warum er so seine Probleme mit dieser Inszenierung hatte. Aber woher weißt du denn so genau was Nitsch wollte und Keenlyside nicht tun wollte? Das sind ja richtige Insider-Informationen. Ich frage nur aus purer Neugier.
    Deine Kritik zu dieser Aufführung habe ich mit Interesse gelesen.


    Gregor

  • Guten Morgen,
    ich sehe das genau wie ihr-wenn die Nacktheit in einer Inszenierung und für eine Rolle wirklich Sinn mach- und Salome und DonGiovanni sind zumindest Rollen, die das a priori implizieren- und WENN der Sänger damit einverstanden ist, sehe ich keinen Grund , das zu skandalisieren.
    Im Kino oder im Fernsehen regt sich schon lange niemand mehr über nackte Schauspieler in erotischen Szenen auf.
    Wenn da eine Salome nach dem Schleiertanz noch angezogen zu sehen wäre, würde man sich im Gegenteil fragen, ob der Regisseur das Drehbuch richtig gelesen hat.


    Natürlch kann man Nacktheit auch andeuten und im wahrsten Sinne des Wortes "verschleiern", was ich persönlich viel erotischer fidne als alle "Tatsachen" auf den Tisch zu legen, aber wenn es passt, wie von Gregor beschreiben, dann passt es eben.
    Und es ist m.E. ein bisschen seltsam, sich im Jahr 2008 darüber noch zu echauffieren.


    Wenn Nacktheit allerdings zum Provokationsmittel wird (und das scheint mir bei diesem angesprochenen Faust eher der Fall zu sein, denn da ist das in der Handlung m.E. überhaupt nciht impliziert) würde ich das auch sehr kritisch hinterfragen.
    Offenbar hat ein Sänger wie Keenlyside einfach einen so guten Instinkt, dass er reine Provokation von inhaltlicher Kongruenz sehr gut unterscheiden kann.
    Noch ein weiterer Zug, der mir an ihm imponiert!


    Fairy Queen

  • Zitat

    Original von severina
    Hallo Gregor,
    wieso hast du keine PN-Funktion??? Ich wollte dir eben eine PN schicken und merkte, dass das bei dir nicht geht. ?(?(?(


    Ich dachte diese sei aktiv. Aber ich habe wohl e-mail mit PN verwechselt. Jetzt sollte es funktionieren.


    Gregor


  • Ich denke, daß Nacktheit in der Oper nach wie vor für viele ein Problem darstellt, weil es für sie da einfach nicht hingehört. Im Film hat es sich längst durchgesetzt, inzwischen auch vermehrt im Sprechtheater. Aber in der Oper? Es kommt mir so vor als wäre es in Ordnung im Film und Theater mit der Zeit zu gehen und moderner zu werden. Etwas, daß der Oper anscheinend - zumindest wenn es nach einigen geht - verwehrt bleiben soll. Aber der Trend läßt sich auch im Musiktheater nicht aufhalten.


    Opernbesucher der jüngeren Generation stoßen sich sowieso nicht daran. Das liegt wohl daran, daß Nacktheit eben überall Einzug gehalten hat. Für mich ist es in Ordnung wenn es in die Inszenierung paßt. Als bei der Salzburger Entführung aus dem Serail zu Beginn dieses nackte junge Pärchen über die Bühne ging war die Entrüstung ja groß. Es schien dabei weniger Thema zu sein, daß es offensichtlich nicht in die Inszenierung paßte und eigentlich nicht klar war, was es in diesem Fall zu bedeuten hatte - oder war es klar? - sondern es schien vielmehr zu stören, daß diese beiden jungen Menschen eben nackt waren. Oder der Salzburger Rosenkavalier, bei dem kein Wirtshaus sondern ein Bordell zu sehen war. Natürlich macht der nackte Mann im Bordell eher Sinn als im Wirtshaus, aber ging es da um Authentizität oder doch nur um Provokation?


    Ein nackter Don Giovanni sollte nicht so verwundern, denn bei seinen vielen Eroberungen wird der Mann sich halt auch oft seiner Kleider entledigen. Daß bißchen nackte Haut, daß Keenlyside in der Londoner Inszenierung zeigte, vermittelte mir lediglich, daß es sich um einen sehr körperlichen Don Giovanni handelt, der sich seiner Attraktivität - auch der körperlichen - eben sehr bewußt ist. Daß man ihn am Ende gar völlig nackt mit einer ebenfalls nackten Frau in den Armen zeigt, stellt für mich nicht nur einen gelungenen Gag dar, sondern zeigt eben auch die Sexualität die diesen Charakter ausmacht und diese wird dem Publikum auch vor Augen geführt. Opernfiguren durften bis jetzt anscheinend nur asexuell sein, keine Haut zeigen und schon gar nicht durfte gezeigt werden, daß die Beziehung der Figuren über Händchenhalten hinausgeht.


    Wie hätte Mozart wohl dieser etwas freizügigere Don Giovanni gefallen? Natürlich war soetwas zu seiner Zeit nicht möglich. Aber wenn man sich die Themen seiner Opern so ansieht, hat man das Gefühl, Mozart wollte schon auch provozieren. Eine Oper, die in einem Harem spielt? Dienerschaft die gewitzter als ihre Herrschaft ist und diese auch noch bloßstellt? Diener die eine genauso große Rolle in der Oper spielen wie der Adel? Partnertausch?


    Natürlich liegt es immer auch an der Einstellung der Künstler ob sie mehr von sich zeigen wollen oder nicht. Terfel hat in London auch in dieser Don Giovanni Inszenierung gesungen und gar nichts von sich gezeigt. Selbst in der Szene als Keenlyside mit nacktem Torso aufgetreten ist, hat es Terfel vorgezogen noch ein T-Shirt zu tragen. Aber da sind wir wohl wieder bei einem anderen Thema. Schließlich gibt es körperliche Unterschiede zwischen Keenlyside und Terfel und wenn wir schon sehen wollen, daß ein Sänger Kleidung ablegt, dann soll es eher ein schlankerer sein. Daß Terfel sich nicht ausziehen wollte, macht ihm aber auch keiner zum Vorwurf. Aber das Publikum ist sicher auch schwer zu bedienen, denn wenn du körperlich nicht in Topform bist, heißt es sicher gleich, der/die muß aber unbedingt was für sich tun und das ist nicht sehr ansehnlich und ähnliches. Das Gesangliche tritt dann vielleicht noch in den Hintergrund und das soll nun wirklich nicht sein.


    Gregor

  • Kontrast zu Keenlyside:


    Wer trug die schöneren Pumphosen?
    Samuel Ramey bei DG oder Nicolai Ghiaurov bei EMI?


    Verzeihung, ich wollte eigentlich nur den Thread von Gregor wieder nach oben holen.



    Für den Keenlyside-Goivanni hatte ich wegen seiner Zottelmähne eigentlich schon die Bezeichnung 'Baa-Baa-Blachsheep' ausgewählt, aber Wotan und Gregor haben mich mit ihrer Begeisterung wirklich angesteckt.


    Ist Bryn Terfel jetzt out?


    :angel:
    Engelbert