Haydn, Joseph: Sinfonie Nr. 17 F-dur

  • Entstanden wahrscheinlich zwischen 1759 und 1761 am Hof des Fürsten Morzin in Lukavec (oder in Wien, wo sich der Hofstaat während der Wintermonate aufhielt).


    3 Sätze:
    Allegro (F-dur, 3/4-Takt, 164 Takte)
    Andante ma non troppo (f-moll, 2/4-Takt, 107 Takte)
    Allegro molto (F-dur, 3/8-Takt, 92 Takte)


    Besetzung: 2 Oboen, 2 Hörner in F, Streicher (Vl. I+II, Vla., Vc., Kb.).


    Haydns Nr. 17 ist ein gutes Beispiel für die Schwierigkeiten, die man mit der Datierung der frühen Sinfonien hatte und hat. Hoboken steckte das Werk aufgrund seines relativ umfangreichen und komplexen Eingangssatzes in die Jahre um 1764, also in die Esterhazy-Zeit. Robbins Landon dagegen sah eher auf die relativ einfach gefügten Schlussätze und verwies vor allem darauf, dass eine Abschrift der Sinfonie in der Fürstenberg-Morzin-Sammlung enthalten ist (referiert nach W. Lessing).


    Das Werk ist eines der unter den frühen Sinfonien Haydns häufigen Beispiele für den dreisätzigen Typ nach dem Muster der italienischen Opernsinfonia.



    Der erste Satz ist mit seinen 164 Takten von beachtlicher Länge. Noch wichtiger erscheint aber, dass hier die nachmals klassischen Formteile des Sonatensatzes im Vergleich zu den zeitnahen Werken sehr ausgewogen proportioniert sind: Auf die Exposition entfallen 54 Takte, auf die Durchführung 58 Takte und auf die Reprise 52 Takte. Die Durchführung als längster Satzteil - das ist neu.


    Das thematische Material des Satzes ist nicht übermäßig individuell, aber sehr vielfältig. Das Hauptthema (T. 1-4), melodisch und rhythmisch recht einfach organisiert, erweist sich als überraschend ausbaufähig für allerlei motivische Abspaltungen: zunächst verselbständigt sich ein kurzes rhythmisches Motiv in den ersten Geigen (T. 8-11), dann wird das durchgehende Achtelgeschrumme der tiefen Streicher motivisch ausgebaut (T. 12-17). Es folgt ein antiphonischer, pseudo-kontrapunktischer Dialog mit der ersten Abspaltung zwischen ersten und zweiten Geigen (T. 18-21) und ein ebenfalls ganz reizvoll zwischen beide Violingruppen aufgespaltener Motivkomplex (T. 22-27). Interessanterweise wird dann, bevor der erste Themenkomplex mit dem eigentlichen Hauptthema abgeschlossen wird, bereits das zweite Thema angedeutet (T. 28-29). Dieses entfaltet sich, mit dolce bezeichnet, nur recht kurz (T. 34-41), bevor eine harmonisch interessante Schlussgruppe das Wort übernimmt.


    Die Durchführung hält nicht ganz, was ihre Länge verspricht: im wesentlichen werden die diversen Motivkomplexe variiert aneinandergereiht, wobei immerhin u.a. ganz originell Bruchstücke des zweiten Themas mit der Achtelbewegung des Hauptthemas kombiniert sind (T. 80ff.). Harmonisch und dynamisch interessant die Rückführung zur Reprise: zunächst eine Molleintrübung, die aufhorchen lässt, dann Reduzierung der Dynamik bis hin zum Pianissimo, schließlich im Forte losbrechend der Reprisenbeginn (etwas Ähnliches hatten wir schon im Kopfsatz der Sinfonie Nr. 4). Die Reprise selbst erscheint leicht verkürzt (das Pendant zu den Takten 12-17 fehlt), ansonsten weitgehend unverändert.



    Der zweite Satz ist ein melancholisch getöntes Stück in f-moll, nur für die Streicher. Bereits das leicht marschartig geprägte Hauptthema, in Achteln und Sechzehnteln vorwärtsgehend, ist von Pausen durchsetzt. Das setzt sich so fort: Verschiedene, nicht dramatisch unterschiedliche Motive werden aus dem Hauptthema entwickelt und häufig sequenziert, wobei die ständigen kurzen Pausen sehr charakteristisch ist. Nur selten hört man eine schöne, kantabel-melodische Variante (T. 13-18, T. 88-93). Insgesamt zieht sich der in ABA'-Form gebaute Satz ein wenig - selbst der Wiederholungsfreak Goodman verzichtet auf die vorgeschriebene Wiederholung der Takte 39-107.



    Sehr einfach, recht kurz und monothematisch der dritte Satz: ebenfalls in ABA'-Form gebaut, beherrscht von einem schwungvollen, etwas kapriziösen Thema. Originell eine Passage gegen Ende des Satzes, bei der ein Bestandteil des Hauptthemas sequenziert und harmonisch auf (moderate) Abwege geführt wird (T. 68-76).



    Viele Grüße


    Bernd

  • Nur ein einziger (wenn auch sehr lesenswerter Beitrag) zu dieser lebenssprühenden, farbenreichen Symphonie? Na, das wäre aber schade.


    Der erste Satz ist jedenfalls für mein Empfinden eine Anderreihung lebhafter, überwiegend ungetrübt-heiterer, bisweilen geradezu überschäumender Momente. Einfache Motive werden dank des Einfallsreichtums von Haydn immer wieder zu neuen Impulsen verwoben, die den Satz ungemein dynamisch vorwärts treiben.


    Der zweite Satz nimmt sich da ganz anders aus. In großer Ruhe und Gelassenheit schreitet er einher, überwiegend getragen von schlichten Streichermelodien. Anders als der so bunte Eingangssatz muss man hier aufpassen, damit nicht aus der Schlichtheit Monotonie, aus der edlen Einfachheit gepflegte Langeweile wird - dies ist sicher eine Herausforderung für die Interpreten. Immerhin ist dieses Andante mit dem Zusatz "ma non troppo" versehen. Hier gilt es m. E. bei der Wahl des Tempos, nicht zu schleppen und die Akzente entsprechend herauszuarbeiten.


    Der 3. Satz ist wieder wesentlich munterer und abwechslungsreicher, so dass die Symphonie festlich und heiter ausklingt.

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    Die wenigen Beitrage zu dieser Sinfonie (und einigen in der zeitlichen nähe befindlichen) ist durchaus verständlich und hat Tradition: Die meisten Konzertführer mogeln sich um diesen Teil von Haydns sinfonischen Schaffens herum. Die Ursache ist nicht etwa mangelnde Quakität, sondern das was Don Gaiferos schon so treffend beschrieben hat. die unkomplizierte entwaffnende Einfachheit und zuglich Schönheit, die für sich selbst spricht - ihne Philosophischen Überbau. Auch die Entstehunggeschicht der frühen Sinfonien liegt weitgehend im Dunkeln, immer wieder werden neue Fakte gefunden, die aber zum Teil einander widersprechen.

    Ich sehe die beiden Ecksätze als lichtdurchflutete, strahlende und eingängige Musuk, welch auch durchaus kernig auftritt, Im Gegensat dazu der Mittelsat, Er ist nicht etea mealncholisch, sondern ein wenig von schüchterner Anmut getrage, wowei die Anmut möglicherweisae auch eine Frage des Orchesterklangs und der Interpretation sein könnte, wofür der unterschied, der von mit soeben gehörten Aufnahmen spricht.

    Im Falle des Stuttgarter Kammerorchesters unter Dennis Russel Davies handelt es sich um einen Guten Live.Mitschnitt (in der Abgebildeten GesamtaufnahmeBox enthalten)

    Die Siegespalm verleihe ich persönlich aber der Aufnahme mit Roy Goodman und "The Hanover Band" Sie bietet enen Touch mehr Spritzigkeit und Anmut - beides Eigenschaften, die nicht messbar sind und vermutlich von jedem Hörer unterschiedlich beurteilt werden....


    mfg aus Wien

    Alfred


    PS: Die Russell Davies Aufnahme ist . wie ich soeben sehe - leider nicht mehr verfügbar.(ausser zum überhöhten Preis)

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • In meiner LP-Sammlung befand eine alte Mono-Aufnahme der Haydn Nr. 17, die wahrscheinlich zumindest unserem Administrator bekannt sein dürfte:

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    Ich habe die Platte in guter Erinnerung. Ob das "Kammerorchester der Wiener Festspiele" eine feste Einrichtung war (ist?), vermag ich nicht zu sagen. Der Dirigent Wilfried Boetcher ist mir u.a. bekannt von frühen Aufnahmen mit Alfred Brendel, (Klavierkonzerte) die ebenfalls auf dem Label "Turnabout" erschienen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ob das "Kammerorchester der Wiener Festspiele" eine feste Einrichtung war (ist?), vermag ich nicht zu sagen.

    Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlicheit ein zusammengestoppeltes Festivalorchester. Und zwar von einem ausländischen Musik- oder Plattenmanager. Der Clou dabei ist, daß es gar keine Wiener Festspiele gibt und gab.

    Die am ehesten in Frage kommende Einrichtung wären die "Wiener Festwochen" - aber das hat man offenbar nicht gewusst. Oder aber man durften den vermutlich geschützten Namen nicht verwenden, die die "Wiener Festwochen" sind eine Institution der Stadt Wien mit tendenziell sozalistischem Hintergrund


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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