Haydn: Sinfonie Nr. 74 Es-Dur
Besetzung: Flöte, je 2 Oboen & Hörner, Fagott, Streicher
entstanden 1780/81; im August 1781 traf sie bei dem englischen Verleger W. Forster ein, der sie Anfang 1782 veröffentlichte (Lessing).
1. Vivace assai (4/4?)
Dieser Satz ist ein Musterbeispiel dafür, wie Haydn kontrastreiche Musik aus dem schlichtesten Material hervorbringen kann. Bereits innerhalb des Hauptthemas wird zunächst ein Gegensatz durch unterschiedliche Artikulation und Dynamik erzeugt. Die drei Akkordschläge des Anfangs werden zunächst einfach melodisch identisch, aber piano und legato wiederholt, anschließend mit einer einfachen Melodie, die zuerst als Gegenmelodie erscheint, fortgesetzt. Auch das Seitenthema hängt damit zusammen und ist vergleichbar gestaltet, nur beginnt es hier gerade umgekehrt mit einer Melodie im Legato und endet mit witzigen echoartigen Wiederholungen eine Motivs aus zwei Vierteln. Eine schwungvolle Schlußgruppe beendet die Exposition. Die Durchführung beginnt mit einer Verarbeitung des "Doppelthema" der ersten Gruppe. Es folgt das zweite Thema in einer beinahe melancholischen Variante, wobei gegen Ende eine neue ernste Melodie hinzutritt. Nach einer Zäsur erscheint nun wieder Material aus dem ersten Thema, indem zunächst die melancholische Stimmung aufgegriffen wird (nur durch die obligate Gegenstimme etwas gelockert), leitet anschließend eine energische Passage zum deutlichen Repriseneintritt über. Die Reprise verläuft ohne wesentliche Veränderungen, außer daß das "Echo" am Ende des zweiten Themas noch einmal in diversen dynamischen und klangfarblichen Schattierungen humorvoll ausgekostet wird.
2. Adagio cantabile (B-Dur, 2/4)
Walter bezeichnet das als Variationensatz, aber wenn überhaupt, handelt es sich eher eine minimalistische Form, bei der zunehmend instrumentell angereichert wird - ich habe mal in Klammern dahintergeschrieben, wie man vielleicht eine Einteilung vornehmen könnte (aber ohne Noten ist das sehr tentativ). Eher paßt eine Art Rondoform mit jeweils neu instrumentiertem Refrain (ich schreibe mal die Zeiten von Fischers Aufnahme dazu).
Sowohl das melodisch-eingängige Thema (Violinen) als auch die durchlaufende Sechzehntel-Begleitung (Alberti-Bässe) der tiefen Streicher erzeugen einen serenadenhaften Charakter (bis 0:59). Dieser schlichte Beginn läßt nicht ahnen, daß sich nun eine Art Instrumentationsstudie anschließt. Denn nach dieser Themenvorstellung erscheint dessen erste Phrase im vollen Orchester, danach eine Figuration der Geigen und anschließend kommen die Bläser zu Wort, wobei es sich aber m.E. um neues Material oder jedenfalls sehr stark umgestaltetes handelt ("B" 1:00-2:05)
Anschließend folgt ein vollständiger Themendurchlauf mit Streichern und Bläsern ("A1", 2:07-3:02)
Nach einer schwärmerischen überleitenden Phrase (das ist das Material der zweiten Hälfte des ersten kontrastierenden Abschnitts B) gibt es dann eine deutliche Variation des Themas mit stärker bewegter Streicherbegleitung und der Melodie in Flöte & Oboe, Begleitung im Fagott ("A2" 3:29-4:25)
Abschließend (Coda) Flöte, Oboe Fagott mit einer Verarbeitung eines Motivs aus der ersten Phrase des Themas, dann übernehmen die Streicher, vorübergehend beinah meditativ, eine Wiederkehr des Themenkopfs im Tutti und Ausklang.
3. Menuetto. Allegretto
Wie die meisten Menuette dieser Zeit ein ziemlich einfacher Satz, der kaum verarbeitende Elemente enthält.
Der Hauptteil beginnt stampfend rustikal, im zweiten Teil wird mit einem mal "schnalzend", mal triolisch erscheinenden Auftakt gespielt.
Das Trio setzt den Volkston auf gemütliche Weise fort, es dominiert das Fagott, (Fischer läßt hier die Streicher in einer Wiederholung pizzicato spielen)
4. Finale. Allegro assai (6/8 )
Ein "a la chasse" Sonatensatz mit einem deutlich abgesetzten und ruhigerem zweiten Thema (ab 0:52), das sogar in der der ziemlich kurzen Durchführung (ab 2:29) nach einer kleinen Steigerung wieder auftritt (2:56), kurz danach setzt die Reprise ein.
Der Satz lebt nicht zuletzt davon, wie die kurzen thematischen Phrasen zwischen den unterschiedlichen Stimmen hin- und her geworfen werden, insgesamt aber ein eher leichtgewichtiges Stück.
JR