Besetzung: je zwei Oboen, Hörner, Fagotte (die allerdings bloß den Baß verstärken), Streicher
Entstanden 1771 (Autograph)
1. Moderato e maestoso (2/2)
Eine ungewöhnliche Tempovorschrift; zwar handelt es sich in der Tat um einen sehr weiträumigen (und materialreichen) Satz, aber das empfundene Tempo ist letztlich durch die alla breve Vorschrift in den mir vorliegenden Aufnahmen praktisch mit einem schnellen Allegro identisch (nur daß man eben mäßige Halbe statt schnelle Viertel zählen soll.
Bereits das nach einem Akkordschlag einsetzende Hauptthema, eher ein Komplex, weist die für den Satz charakteristische Breite auf: zweimal wird mit einer entspannten Melodie als Antwort angesetzt, beim folgenden Tutti-Aufschwung verselbständigt sich ein Vorschlagsmotiv und die thematischen Gestalten verlieren schon wieder an Kontur.
Der sehr ausgedehnte Seitensatz weist mehrere Themen auf: zunächst ein auf die Streicher beschränktes mit imitatorischen Einsätzen, das sich in eine bewegte Tutti-Passage entwickelt, worauf ein chromatisch absteigendes Motiv weitere Spannung aufbaut, nach dessen diatonischer "Auflösung" folgt (als vermutlich "eigentliches") ein sehr schlichtes Seitenthema wieder nur in den Streicher; die knappe Schlußgruppe leitet raffiniert mit Motiven des Hauptthemas zu dessen Wiederkehr in der Wiederholung bzw. dann der Durchführung (ab T. 82).
Diese ist entsprechend weiträumig angelegt, verarbeitet dabei aber ausschließlich das erste Thema. Mehrere Anläufe des Hauptthemas mit seinem Akkordschlag und den Vorschlägen fahren sich gleichsam fest, es folgt eine eher mysteriöse Passage mit gehaltenen Tönen (dabei immer das insistierende Vorschlagsmotiv). Darauf ein noch heftigerer Ausbruch als zuvor, ein langes Tutti, das dann in die Überleitung zur Reprise mündet (T. 133).
In der Reprise findet man diverse Änderungen: die entspannte Melodie als Antwort auf den Akkordschlag wird nun von den Oboen gespielt, darauf folgt eine stockende Piano-Passage vor der Überleitung und dann überraschend eine durchführungsartige Entwicklung eines winzigen abgespaltenen Motivs in Vierteln. Lessing weist besonders auf die anschließende Erweiterung und Dramatisierung des ersten Überleitungsthemas hin (T. 160 - ca. 184). Die Passage mit dem chromatischen Viertelmotiv und dem schlichten Seitenthema werden dagegen kaum verändert. Eine kurze Coda mit schmetternden Hörnern führt den Satz zum Ende.
2. Andantino e cantabile (3/8; A-Dur)
Ebenfalls ein ausgedehnter Sonatensatz (mit Wiederholung des 2. Teils würde er wie der Kopfsatz über 11 min dauern, wenn diese, wie meistens weggelassen wird, sind es immer noch knapp 9 min.)
Die gedämpften Streicher bestimmen das Klangbild des Satzes, den wie nicht selten in solchen Sätzen spart Haydn die Bläser für besondere Effekte auf (sie schweigen in der gesamten Durchführung). So treten sie erstmal bei einer intensivierten Wiederholung des Seitenthemas, das davor pp verklungen war, hinzu und führen dann im Wechselspiel zu einem ff-Höhepunkt in der Schlußgruppe.
Die Durchführung beginnt mit einer eindringlichen Version des Seitenthemas, dann folgt das Hauptthema wird synkopisch weitergesponnen, noch ein Anlauf mit dem Hauptthema, das sich in kleinen Figuren verliert, dabei durchweg in Molltonarten verbleibend
In der Reprise fallen nun die Bläser sogleich bei der Wiederholung der ersten Phrase des Hauptthemas ein; der restliche Ablauf wird nur geringfügig variiert.
In diesem Satz soll Haydn eine (wohl rhythmisch vertrackte) Passage mit dem Kommentar "Dies war vor gar zu gelehrte Ohren" geändert haben. Ich habe aber nicht herausfinden können, wo das sein soll (zumal es ja auch geändert wurde)
3. Menuet: Allegretto
Ein recht lebhaftes Menuett, besonders durch die Triolenpassagen stürmisch und recht rustikal wirkend. Im zweiten Teil erklingen auf solch einen unisono-Lauf im deutlichen Kontrast beinahe nachdenkliche Töne.
Das Trio (nur Streicher) bringt ätherische Stakkati und Triller der Violinen mit wiegenden Ländlerrhythmen zusammen, wobei das die Celli im zweiten Teil kaffehausmäßig loswalzen darf.
4. Finale: Scherzando e presto (2/4)
Ungeachtet der wiederum ungewöhnlichen Tempobezeichnung (und anders als beim ähnlich bezeichneten Finale des etwas später geschriebenen Quartetts op. 20,4) ein eher "gemütliches" als stürmisches Finale. Entsprechend ist es auch kein Sonatensatz, sondern ein Art Rondo-Variationssatz mit einem typischen Rondo-Thema. Mehr als an die dichten "Sturm&Drang"-Finali erinnert es an Werke der späten 1770er und frühen 1780er Jahre. Das munter dahineilende
Thema /:1-8://:9-20:/ wird von den Streichern vorgestellt
Zwischenspiel 21-36 (geht nach A-Dur, endet aber wieder in D):
nur Bläser (die Fagotte übernehmen den Baßstimme).
Refrain II/Variation I 37-56: Streicher, Thema in 16tel-Figuren der Geigen aufgelöst.
Zwischenspiel II 57-97 (a-moll): Im zweiten Teil durchführungsartig mit leicht "ungarischem" Ton, zum ersten Mal im Satz Streicher und Bläser gemeinsam.
Refrain III/"Reprise" 98-117: Thema variiert (legato und reichhaltiger gesetzt) in Streichern und Bläsern.
Coda 117 - 148: setzt zuerst mit dem Thema an, was aber in einer Fermate ausläuft; es folgt dann ein witziges Spiel mit einer Figur, die im Moll-Abschnitt schon mal eine wichtige Rolle innehatte, die letzten paar Takte haben den Charakter einer wirbelnden Stretta.
Obwohl in der Sturm&Drang-Periode entstanden handelt es sich eine breit angelegte, "große" Sinfonie, die ungeachtet der Kühnheiten des Kopfsatzes verglichen mit ihrer Umgebung oft deutlich "klassischer" wirkt (besonders im Finale) und jedenfalls einen höheren Bekanntheitsgrad verdient hätte.
JR