Liebe Taminos,
dies ist erst mein zweiter Beitrag - und 'herausgefordert' wurde ich dadurch, dass Georg Stern als "wenig bekannt" klassifiziert worden ist.
Wenn man, wie ich, immer fleißig vor dem Fernseher gesessen hat, dem war der Bassist durch seine Auftritte im "Blauen Bock" (zuerst mit Otto Höpfner, dann mit Heinz Schenk) am Samstag-Nachmittag sehr wohl ein Begriff. Später wechselte Otto Höpfner als "Bembelwirt" zum ZDF mit der Reihe "Stelldichein beim Wein" - ich kann mich noch an Auftritte von Wendy Fine, Ursula Gust, Gundula Janowitz, Sonja Mottl-Preger, Karl Dönch, William Dooley, Gottlob Frick, Josef Traxel und Wolfgang Windgassen erinnern. Und auch hier ist Georg Stern zu hören und zu sehen gewesen.
Und da wir schon beim Fernsehen sind - Georg Stern hat in einigen TV-Produktionen kompletter Opern mitgewirkt. Hier einige Beispiele:
"La Périchole" (Offenbach) (Hessischer Rundfunk 1959): Georg Stern spielte den Gouverneur Don Pedro de Hinoyosa, die Titelrolle war mit der bezaubernden Herta Staal besetzt. Die Tenorrolle des Piquillo sang Hendrikus Rootering (der Vater von Jan-Hendrik R.) und besonders in Erinnerung geblieben sind mir die Schauspieler Fritz Schulz - als Vizekönig Don Andrès de Ribeira- und Balduin Baas als sein Kammerherr Graf Panatellas. Otto Matzerath sorgte für die musikalische Leitung; der Regisseur war der damals viel beschäftigte Michael Kehlmann.
Über die Fernsehinszenierung von Wolf-Ferraris "Die vier Grobiane" (NDR 1962) hatte ich schon in meinem Beitrag zu Edith Mathis geschrieben. Georg Stern war hier als Cancian zu sehen; ferner wirkten Edith Mathis, Ruth-Margret Pütz, Liselotte Fölser, Elisabeth Schärtel, Friedrich Lenz, Paul Kuen, Fritz Ollendorff, Georg Rehkemper und Herbert Simon mit. Der Dirigent war Walter Martin und der Regisseur Herbert Junkers.
Am 22. 9. 1963 übertrug das ZDF in der Reihe "...und heute in's Theater" aus dem Frankfurter Opernhaus die Premiere der Oper "Die Entführung aus dem Serail" mit Georg Stern als Osmin. Seine Partner waren Anja Silja (als Konstanze), Renate Holm, James Harper, David Thaw und der Bariton Willi Wolff als Bassa Selim. Lovro von Matacic dirigierte; der Schauspieler Bruno Hübner war für die Inszenierung verantwortlich. In den Pausen gab es Gespräche mit den beteiligten Künstlern.
Im Mai 1964 brachte das ZDF eine TV-Inszenierung von Herbert Junkers mit Lortzings "Der Wildschütz". Georg Stern wiederholte hier seine köstliche Darstellung des Schulmeisters Baculus, mit der er 1956 wieder in das Ensemble der Frankfurter Oper eintrat. Ferner waren Lily Sauter, Gisela Litz, Natalie Usselmann, Ursula Gust, Peter-Christoph Runge, Andor Kaposy und Werner Kotzerke zu sehen.Das RSO Berlin leitete der 'Hausdirigent' des ZDF, Hermann Hildebrandt (er hatte eine eigene Konzertreihe im ZDF mit dem Titel "Wie schön ist doch Musik!") Diese Produktion wurde 2011 im Spartensender 'ZDF Kultur', dem Nachfolger des 'Theaterkanals', wiederholt; allerdings war das auch einer der wenigen Höhepunkte auf diesem Sender, der nach zwei Jahren sang- und klanglos verschwand.
Als Auftragswerk des Frankfurter Opernhauses wurde Gerhard Wimbergers heitere Oper "Dame Kobold" (nach der Komödie von Pedro Calderon de la Barca) am 24. 9. 1964 in Frankfurt uraufgeführt. Der Hessische Rundfunk zeichnete eine spätere Aufführung für sein 3. Programm auf (Sendung am 17. 3. 1965 mit Wiederholung in der ARD am 16. 5. !965). Die Sänger waren Sylvia Stahlman, Sona Cervena, Heinz Hoppe, Hans Wilbrink, Carl Ebert und - besonders gut getroffen - Anny Schlemm und Kurt Wehofschitz in den Dienerrollen. Georg Stern verkörperte die Partier des Don Luis. Frankfurts Erster Kapellmeister Wolfgang Rennert (der Bruder von Günther Rennert) dirigierte und die Inszenierung stammte von keinem Geringeren als Otto Schenk.
Einzig die ORF-Übertragung einer Aufführung von "Ariadne auf Naxos" von den Salzburger Festspielen 1965 ist auf DVD bei Arthaus erschienen. Karl Böhm war der Dirigent und Günther Rennert der Regisseur. Georg Stern sang (wie dort auch 1964) die Rolle des Truffaldin. Weiter wirkten Hildegard Hillebrecht, Sena Jurinac, Reri Grist, Jess Thomas, Paul Schöffler und Gerd Feldhoff mit.
Die Stimme von Georg Stern ist auf CDs sehr gut dokumentiert durch seine Mitwirkung bei zahlreichen Opernsendungen des Hessischen Rundfunks, die fast alle bei Walhall oder Cantus Classis veröffentlicht wurden. 1949 bereits sang er den Biterolf im legendären Heinrich-Schlusnus-"Tannhäuser". Es folgten Aufnahmen von "Cosi fan tutte" (1951), "Don Pasquale", "Die Afrikanerin", "La Traviata" und "Der Bettelstudent" (alle von 1952) und 1953 wirkte er bei den Einspielungen von "Die verkaufte Braut", "Tiefland", "Jenufa", "Der Zigeunerbaron" und Henzes "Boulevard Solitude" mit. 1956 folgte noch eine Aufnahme von "Der Rosenkavalier" unter Otto Matzerath mit Clara Ebers, Erika Köth, Gisela Litz, Josef Greindl, Benno Kusche und Lorenz Fehenberger; Georg Stern sang hier den 'Notar'. (Davon habe ich eine private CD.)
Bei Orfeo gibt es Mitschnitte seiner Auftritte bei den Salzburger Festspielen 1957 (als Bartolo in "Le nozze di Figaro" unter Karl Böhm - auch 1958 aufgeführt) und 1958 (als Graf Dominik in "Arabella" unter Joseph Keilberth). Den "Parsifal" aus der Mailänder Scala habe ich nur als LP-Ausgabe von Melodram.
Die Schallplattenindustrie hat ihn allerdings - wie so viele andere Sänger auch - "geschnitten". So habe ich nur ein LP-Doppelalbum mit Ausschnitten aus "Die Meistersinger von Nürnberg" (Concert Hall, ca. 1957), wo er den Pogner singt. U. a. wirken noch Uta Graf, Anneliese Schlosshauer, Karl Liebl, Jakob Rees, Rudolf Gonszar, Gerhard Misske, Herbert Klomser und Jakob Staempfli mit; der Dirigent ist Carl Bamberger. Von der Electrola-Tochter 'Odeon' habe ich drei 17cm-Platten mit Georg Stern: "Im Blauen Bock", "Grün ist die Heide" (Hermann-Löns-Lieder) und "Gaudeamus igitur" (Studenten-Lieder) - alles dirigiert von Alfred Matschat mit dem Unterhaltungsorchester des Hessischen Rundfunks. Seine Platten mit Wein-Liedern und Seemanns-Liedern habe ich leider nicht.
Außerdem besitze ich noch eine 25cm-Platte (sogar in stereo) des Deutschen Schallplattenclubs "Georg Stern singt Mozart-Arien"(mit dem Frankfurter Opernorchester unter Rudi Franz) und eine 30cm-Platte "Lebe wohl, mein flandrisch' Mädchen" der ominösen Firma 'populär', auf der Georg Stern Arien aus "Der Wildschütz", "Der Waffenschmied", "Zar und Zimmermann" und "Die lustigen Weiber von Windsor" singt, begleitet von der Süddeutschen Philharmonie unter Eduard Minholz. Und von der Deutschen CBS habe ich eine Sammelplatte mit ungenannten Frankfurter Solisten, aber die Stimme von Georg Stern ist unverkennbar: hier singt er Arien
aus "Die Entführung aus dem Serail", "Don Giovanni", "Die Hochzeit des Figaro", "Die Zauberflöte" (teilweise nicht auf der obengenannten Mozart-Platte enthalten), "Der Waffenschmied", "Zar und Zimmermann" und ein Duett aus "Undine" sowie die Arie des Philipp aus "Don Carlos".
Den Querschnitt aus "Die Macht des Schicksals" mit Georg Stern habe ich auch: als Platte und als CD (Deutsche Grammophon, Serie "Resonance" 447 813-2 - das Booklet-Cover zeigt eine Burg in Flammen). Übrigens, die 25cm-Platte mit der kompletten Klosterszene (Kupper, Greindl und Neidlinger unter Leitner) habe ich auch und sie ist wirklich sehr schön. Aber man wird wohl vergeblich darauf hoffen, dass die 'Deutsche' Grammophon-Gesellschaft noch einmal, wie in den 90er Jahren, ihre deutsch gesungenen Opern-Einspielungen neu auflegen wird, da die Firma mittlerweile alles andere als 'deutsch' ist!
Ergo: die Stimme von Georg Stern war keine "unbekannte Stimme"!
Carlo