Josef Metternich - Bariton für alle Fälle

  • Der Name des Baritons Josef Metternich hat im Forum einen sehr guten Klang und eine ausgeprägte Prominenz, einen klassischen eigenen Thread hat er nicht. Freund Willi legte dafür gelegentlich seines 10. Todestages den Grundstock. Sein Einverständnis vorausgesetzt, bediene ich mich bei den von ihm zusammengetragenen Fakten.


    Metternich wurde am 2. Juni 1915 in Hermülheim geboren und starb am 21. Februar 2005 in Feldafing. Zu seinem Grab hat uns Freund hart an entsprechender Stelle geführt. In den 35 Jahren seiner Karriere ist Metternich an allen berühmten Opernhäusern der Welt und bei zahlreichen Festspielen aufgetreten. Bayreuth blieb seltsamerweise ausgespart, obwohl er als Holländer, Telramund, Wolfram, Amfortas, Kurwenal und Donner bewegende Rollenporträts abgeliefert hat. Bei der Wiedereröffnung der Bayerischen Staatsoper wirkte er als Kothner in den "Meistersingern" mit. Seine eindringlichsten Leistungen gelangen ihm aber im italienischen Fach, das er in der Originalsprache und auch in Deutsch bedienen konnte. Für die damalige Zeit kam es einer Sensation gleich, dass er als Deutscher auch an der Metropolitan Opera in Rollen von Verdi eingesetzt wurde. Er debütierte 1953 als Don Carlo in der „Forza“ an der Seite der New Yorker Publikumslieblinge Zinka Milanov und Richard Tucker.


    Seine musikalische Laufbahn begann 1935 mit ersten Solopartien als Chormitglied beim Bonner Stadttheater. Nach einer überstandenen Tuberkulose folgte 1939 das Engagement als Bariton an der Deutschen Oper in Berlin, wo er zunächst eher in kleineren Rollen auftrat. Nach dem Zweiten Weltkrieg förderte ihn der neue Intendant des Opernhauses, Michael Bohnen. Metternich sang nun große Rollen bald auch an der Staatsoper, die damals im Admiralspalast, dem Ausweichquartier an der Friedrichstraße, untergebracht war. Aus dieser Zeit haben sich Mitschnitte als Macbeth und Mandryka in „Arabella“ von Richard Strauss erhalten, die inzwischen auch auf CD gelangt sind.


    Ferenc Fricsay und Georg Solti holten ihn an die Bayerische Staatsoper, wo er bis 1971 blieb. Metternich arbeitete außerdem lange Jahre als Musikpädagoge. Bis zu seiner Pensionierung leitete er die Meisterklasse für Gesang an der Hochschule für Musik Köln. Der Künstler war als Gesangslehrer gesucht. Zu seinen Schülern gehörten Carol Malone, Mechthild Gessendorf, Jonas Kaufmann, Wolfgang Koch, Eike Wilm Schulte und Michael Volle. Metternich war mit der der Opernsängerin Liselotte Losch verheiratet, mit der er auch gemeinsame Aufnahmen machte. Die städtische Musikschule in Hürth ist nach ihm benannt. Sein Bruder Anton - Bariton wie Josef - stand ein Leben lang in seinem Schatten. Die wenigen Aufnahmen lassen aber eine gewisse Ähnlichkeit zwischen beiden feststellen.


    Die Schallplatten- und Rundfunkaufnahmen von Metternich sind Legende. In den letzten Jahren sind zum Glück auch zahlreiche Mitschnitte hinzugekommen, so dass seine erfolgreiche Karriere fast vollständig dokumentiert ist. Im Forum sind diverse Titel an allen möglichen Stellen genannt.


    Eine sehr gute Übersicht geben drei CDs von Preiser, die auch noch zu haben sind:


    Arien und ein so launig wie informatives Interview mit Metternich hat dieses Doppelalbum zu bieten:


    Rare und bislang unveröffentlichte Aufnahmen finden sich in dieser Box, die ein weiteres Interview enthält, das Thorsten Schneider führt, der sehr viel getan hat für die Bewahrung des akustischen Erbes von Metternich:


    Meine erste unvergessliche Metternich-Platte, die den Grundstock für meine lebenslange Verehrung für Metternich legte, war dieser Querschnitt durch Wagners "Reingold", in er den Donner singt:


    Metternich verfügte über einen sehr konzentrierten, schlanken Bariton. Sein stark ausgeprägtes Timbre war durch einen hohen Wiedererkennungswert gekennzeichnet. Er verband dramatische Ausdruckskraft mit Eleganz. Dadurch war er fast unbegrenzt einsetzbar in seinem Fach. Seine Neigung zur Operette hat er nie verleugnet. Bis heute blieben Pali Ráz im „Zigeunerprimas“ von Kálmán und der Fremde in Millöckers „Gasparone“ unerreicht in Charme und Diktion, was sich auch für diverse populäre Nummern wie "Isola Bella" von Paul Lincke sagen lässt.



    Ebenfalls bei Youtube kann das Interview mit August Everding in der berühmten Da-Capo-Reihe von 1986 angeschaut werden:



    Eine der bis heute weitgehend unbekannten Seiten Metternichs ist seine Synchronarbeit für den Film. Er gibt seine Gesangsstimme Schauspielern in den Musical-Verfilmungen „Eine Braut für sieben Brüder“ und „Kiss Mee Kate“. Im Defa-Film „Zar und Zimmermann“, der nicht bis in alle Einzelheiten der Vorlage folgt, singt er beispielsweise die Arie „Sonst spielt‘ ich mit Zepter und Krone“.


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Rüdiger,


    danke, dass Du an den großen Josef Metternich erinnerst. Er hat die Würdigung durch einen ihm gewidmeten Thread gewiss verdient. Erstaunlich, dass diese Lücke noch keinem Tamino und auch mir nicht auffiel. Ich bin mit dem Sänger verbunden, weil er ein enger Freund von Gottlob Frick war. Unsere Künstlertreffen besuchte er trotz hohem Alter und einiger körperlicher Schwierigkeiten. Gerne erinnere ich mich daran, wie engagiert er sich an Diskussionen beteiligte, besonders wenn es um Gesangsausbildung und Sängernachwuchs ging. Metternich zeichnete sich durch eine ungemein persönlich gefärbte, voluminöse, kraftvoll klingende Stimme aus. Da Metternich ein Lungenleiden hatte ,wurde ihm das Singen empfohlen. Um Defizite zu kompensieren entwickelte er eine ganz eigene Gesangstechnik, die dann seine Besonderheit und Stärke wurde. Er hatte glanzvolle Erfolge auf der ganzen Welt. Josef Metternich war einer der ganz wenigen Sänger, der an der Met als Deutscher bevorzugt in italienischen Partien eingesetzt wurde. Nach wie vor gehören die Spiegelarie aus "Hoffmanns Erzählungen", sein Torerolied aus "Carmen" und die herrlichen "Dunkelroten Rosen" zu den Lieblingsaufnahmen von meiner Frau und mir. Also volle Übereinstimmung mit Deinem Beitrag lieber Rüdiger. Übrigens gibt es jetzt auch von Membran eine 10er Box. Da ist Metternich in der ganzen Breite seiner Kunst zu erleben.
    Nicht glücklich bin ich über den Titel des neuen Threads, den Du eröffnet hast. "Josef Metternich - Bariton für alle Fälle" wird dem Ausnahmebariton und seinem Können meiner Meinung nach nicht gerecht. Könntest Du bitte einen angemesseneren Titel finden und einstellen. :hello:


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Hans, ganz herzlichen dank für Deinen Beitrag, der interessante Aspekte zu Metternich hinzufügt. So soll es im Idealfall ja auch sein. Der Threadstarter versucht, einige Anstöße zu geben. Ich muss und will mich auch immer bremsen, nicht zu euphorisch zu sein und nur Sänger ins Spiel zu bringen, die ich persönlich sehr schätze. Also nicht zu viel keine Fanpost! Darum habe ich mich bemüht. Was Du Du über seine Defizite schreibt, trifft sich auch mit meinen Beobachtungen. Sie gereichen ihm aber nur in der letzten Phase seiner Karriere etwas zum hörbaren Nachteil. Ansonsten kann er daraus viel individuelle Stärken entwickeln. Er machte, wenn man so will, auch aus diesen Defiziten Kunst.


    Was nun den Titel anbelangt, kann ich den gar nicht mehr ändern, weil die Frist dafür verstrichen ist. Ich habe mir natürlich etwas dabei gedacht und diese in der Tendenz leicht flapsige Aussage gewählt, um Metternichs beeindruckende Vielseitigkeit zu betonen. Die von Dir erwähnte 10-CD-Box vom Membran kenne ich auch. Sie betont aber ausschließlich den Interpreten der großen Kunst - blendet die mehr unterhaltsamen Seiten völlig aus. Auch der Liedsänger Metternich, der mit einigen Titeln, darunter die "Lieder eines fahrenden Gesellen" dokumentiert ist, wird nicht berücksichtigt. Das ist alles in Ordnung. Die Box legt Wert auf "Kraft, Dramatik, Gestaltung" - wie es im Titel heißt.



    Ich wollte Metternich ganz bewusst weiter fassen, zumal ich gerade diese Ausflüge ins amerikanisches Musical höchst beachtlich finde. Natürlich kann jeder Moderator die Überschrift ändern, wenn wem etwas besseres einfällt. Ich hänge nicht daran. Mir ist wichtig, dass Metternich im Gespräch bleibt.

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  • Zitat

    Operus: Erstaunlich, dass diese Lücke noch keinem Tamino und auch mir nicht auffiel. Ich bin mit dem Sänger verbunden, weil er ein enger Freund von Gottlob Frick war. Unsere Künstlertreffen besuchte er trotz hohem Alter und einiger körperlicher Schwierigkeiten.


    Ja, auch ich bin sehr erstaunt! Habe ich doch mit Harald oft über diesen Sänger diskutiert. Sollte der Thread irgendwie verschwunden sein? Wie dem auch sei, bin ich Rheingold dankbar für diese Wiedereröffnung. Metternich ist bei mir mit Arien und Gesamtaufnahmen oft verteten.

    W.S.

  • Auch der Liedsänger Metternich, der mit einigen Titeln, darunter die "Lieder eines fahrenden Gesellen" dokumentiert ist, wird nicht berücksichtigt


    Na, ja, lieber Rheingold,
    der große Liedsänger war Metternich nicht, das kommt auch im Gespräch mit Thomas Voigt zum Ausdruck, wo er von »Konsonantenspucken« spricht, ihm war ja schon der Papageno suspekt. Er spricht vom Flüsterbariton, vom singen mit halber Stimme, eine Horrorvorstellung für Metternich.
    Aber er hat Leute geschätzt, die auch Lieder singen konnten, Franz Völker zum Beispiel und von Rehkempers Hugo Wolf-Liedern war er so angetan, dass er beim Gespräch begeistert in die Hände klatscht.
    Josef Metternich hat sich immer an seinen italienischen Kollegen orientiert, und hinter denen musste er sich nie verstecken, Bing hat ja mächtig getrickst, dass Metternich an der Met den Italiener geben konnte ...

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  • JOSEF METTERNICH war gewiß ein Bariton von beeindruckender Stimmkraft im oberen Bereich, und er konnte damit besonders in Partien des italienischen Repertoires, wie z. B. der Musik LEONCAVALLOs, VERDIs, DONIZETTIS, MASCAGNIs oder PUCCINIs mit seinem Vortrag auch wirklich mitreißen. Seine Stimme hatte aber doch wohl Defizite in den tieferen Lagen, und auch in der Gestaltung und der Differenzierung seiner Partien konnte er z. B. mit einem HANS HOTTER sicher nicht ganz mithalten.


    Mir gefällt er besonders gut mit der Arie "O, dürfte ich es glauben..." aus VERDIs "Troubadour", oder mit der Arie "schaut her, ich bin's!" aus LEONCAVALLOS "Der Bajazzo", letzteres in einer Aufnahme mit den BERLINER SYMPHONIKERN unter HERMANN LÜDDECKE.


    wok

  • Metternich verfügte über einen sehr konzentrierten, schlanken Bariton.


    Lieber Rüdiger,


    danke für die rasche Reaktion. Diese signalisiert Wertschätzung für den Diskussionspartner und ist daher guter Stil.
    Dass Metternich einen schlanken Bariton gehabt haben soll, kann ich nicht nachvollziehen. Ich meine der Titel der 10er Box "Kraft, Dramatik, Gestaltung", den Du auch zitierst, trifft den Nagel auf den Kopf!
    Zur erbetenen Titeländerung. Mich unterstützt bei solchen Wünschen immer ein kooperativer Moderator. Wahrscheinlich muss man dafür aber erst 80 Jahre alt werden und oft genug seine Unfähigkeit im Umgang mit dem Computer ausgesprochen haben, damit diese Hilfestellung gewährt wird. Ein Titelvorschlag von mir wäre: Josef Metternich - der große deutsche Italiener. Auch ein wenig reißerisch, jedoch mit Aufmerksamkeitswert und sogar einem gewissen USP = Alleinstellungsmerkmal für diese herausragende Künstlerpersönlichkeit. Nur es ist Dein Thread, der ja auch wie alles von Dir informativ und kompetent verfasst ist. Du müsstest bitte Deinen Segen zum deutschen Italiener geben, dann kann ich mir vorstellen, dass das hilfreiche Heinzelmännchen tätig wird. :angel:


    Herzlichst
    Operus

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  • Na, ja, lieber Rheingold,
    der große Liedsänger war Metternich nicht, das kommt auch im Gespräch mit Thomas Voigt zum Ausdruck, wo er von »Konsonantenspucken« spricht, ihm war ja schon der Papageno suspekt. Er spricht vom Flüsterbariton, vom singen mit halber Stimme, eine Horrorvorstellung für Metternich.


    Lieber hart, danke, dass Du das vertieft hast. In der Tat war Metternich nicht der große Liedsänger. Dabei sind wir beide völlig einer Meinung. Da es aber nun mal entsprechende Dokumente gibt, möchte ich die auch hören. Meine Angewohnheit ist es, den mich interessierenden Sängern nicht nur in ihren besten Tagen zuzuhören. Wenn man um die problematischen Seiten einer Karriere weiß, kann man die Glanzleistungen um so mehr schätzen. Ich höre Metternich gern zu, wenn er redet. Es gab auch mal eine sehr schöne TV-Dokumentation mit ihm. Oder waren es gar zwei? Ich müsste nachschauen.


    Was die Änderung des Thread-Titels anbetrifft, lieber Hans, müsstest Du einen Moderator darum bitten, die von Dir erdachte Überschrift statt meiner eintragen zu lassen. Ich kann das nicht, weil ich den dafür notwendigen Zugang nicht habe. Grundsätzlich, das schrieb ich schon, ist es mir völlig egal, wer wie was ändert - wenn es denn nicht das glatte Gegenteil von dem ist, was ich ausdrücken wollte. :)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Da es aber nun mal entsprechende Dokumente gibt, möchte ich die auch hören.


    Lieber Rheingold, es war relativ leicht zu finden - unter »M« für Mahler und Metternich ...
    Auf der CD-Rückseite wird das Aufnahmedatum von »Lieder eines fahrenden Gesellen« lapidar mit 1950 angegeben.


  • Lieber hart, von herzen Dank. Die CD habe ich. Eben stelle ich aber fest, dass ich mich etwas missverständlich ausgedrückt hatte und zwar so, als kennte ich die Aufnahme nicht und würde sie endlich hören wollen. Das habe ich hinter mir. Es gab aber eine Zeit, da wurde nur gemunkelt, dass es diese Lieder gibt. Damals - es ist lange her - verzehrte ich mich danach.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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