Diebstähle in der Musik


  • Ich "habe die Kirche im Dorf gelassen", was aus meinem Beitrag eindeutig zu erkennen ist, oder?
    Dein Einwand mit der Klavierfassung ist nat. richtig - ich habe Orchesterklänge verglichen.
    zweiterbass


    Das bezog sich auf den Threadtitel bzw. generell falls Jemand auf diesen Gedanken kommen sollte nicht auf dich, ich schrieb ja "wenn man" und nicht "wenn du" und dergleichen. Auch wenn man die Orchesterfassungen vergleicht kann man noch einen merklichen Unterschied wahrnehmen, ich wollte es mit dem Klavierbeispiel nur mehr herausstreichen. Auf der einen Seite willst du Meinungen dazu und dann reagierst du scheinbar empfindlich wenn man nicht ganz mit dir einer Meinung ist. Ich respektiere es wenn du da scheinbar mehr Ähnlichkeiten heraushörst, ich bin halt anderer Auffassung und hoffe das ist nicht wirklich ein Problem für dich.

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Wenn Du anderer Meinung bist - was die Ähnlichkeit betrifft - ist das für mich überhaupt kein Problem und empfindlich bin ich im Forum schon gleich gar nicht. Allerdings ist das "die Kirche im Dorf stehen lassen" in meinem Beitrag genau heraus zu lesen; Zitate bringen lohnt den Aufwand nicht.

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Zitate bringen lohnt den Aufwand nicht.


    Scheinbar lohnt der Aufwand es dir zu erklären nicht :stumm: wenn du weiterhin meine Erklärung ignorierst. Von meiner Seite her ist alles gesagt bzw. oben nachzulesen, ich brauch mich nicht weiterhin dafür rechtfertigen.

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Hallo,


    um "ame" (und?) sogleich den Wind aus den Segeln zu nehmen: Dieser Beitrag steht im falschen Thread - weil ich keinen der nachfolgenden Komponisten des Diebstahls zeihe - ich höre nur (und zwar nur für mich) eine gewisse Ähnlichkeit der beiden Sanctus ("se?"), "Sancti?", "Sancten?" Egal! (mir?)
    Dabei meine ich die Ähnlichkeit nicht nur im Charakter der Werke, auch die Melodieführung und Harmonik ist zumindest nur leicht variiert.


    Erneut die Frage (ohne bösen Hintergedanken): Wer hört das ähnlich?
    https://www.youtube.com/watch?v=4ofP7WaSDnM


    https://www.youtube.com/watch?v=AnShN9XlhOA
    Bitte hier auf "Mehr anzeigen klicken" und dann bei "Sanctus" auf die Laufzeitangabe (blaue Schrift) klicken.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Dieser uralte Thread ist amüsant zu lesen. Ich staune über den Sachverstand und die Kenntnisse der inaktiven und aktiven Mitglieder.

    Wenn man die entsprechenden Aufnahmen besitzt und die erwähnten Stellen miteinander vergleicht, ergeben sich verblüffende Übereinstimmungen. Ich habe das bei einigen der erwähnten Beispiele untersucht.


    Den Thread-Titel "Diebstahl" muss man auch relativieren.


    Wenn ein Komponist sich bei seinen eigenen Werken bedient, würde ich dies als Selbstzitat und nicht als Diebstahl bezeichnen.


    Eine Übereinstimmung zweier Werke verschiedener Komponisten kann auch als Verehrung eines Komponistenkollegen gesehen werden.


    Oder als deren Gegenteil: Dmitri Schostakowitsch hat in der 7. Sinfonie Leningrader bewusst ein Zitat aus Franz Lehars Lustige Witwe das Auftrittslied des Danilo "Jetzt geh' ich ins Maxim" in karikierender Weise verwendet.


    Die reisserischen Zeitungsberichte, über diese – unter dramatischen Umständen entstandene – Sinfonie waren grossteils alliierte Kriegspropaganda. Schostakowitsch war dagegen machtlos, die 7. Sinfonie war eigentlich schon vor Kriegsbeginn begonnen und er wurde von Stalin in dessen Propagandaschlacht eingespannt. Denn es war bekannt, dass Adolf Hitler die "Lustige Witwe" besonders schätzte; und so wollte man die Abscheu dem Faschismus gegenüber kundtun.


    Bela Bartók hat dann 1943 diese Melodie in seinem "Concerto for Orchestra" verwendet. Die Leningrader Sinfonie und auch den Rummel, der ab 1942 um diese Sinfonie gemacht wurde, schätze er nicht sonderlich. So entstand eine fast bitterböse, ironische Abrechnung mit seinem viel bekannteren Kollegen. Er wusste wohl nicht, dass Lehár, trotz der äusseren Erfolge von den Faschisten in Deutschland und Ungarn nur geduldet war und oft – zusammen mit seiner Frau – um sein Leben fürchten musste; und dass es auch Schostakowitsch in seiner Heimat Russland nicht viel besser erging.


    Zitat aus: Kliment Musikverlag zu einem Bläsersatz von Joseph Kanz Jetzt geh' ich ins Maxim

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Bela Bartók hat dann 1943 diese Melodie in seinem "Concerto for Orchestra" verwendet. Die Leningrader Sinfonie und auch den Rummel, der ab 1942 um diese Sinfonie gemacht wurde, schätze er nicht sonderlich. So entstand eine fast bitterböse, ironische Abrechnung mit seinem viel bekannteren Kollegen. Er wusste wohl nicht, dass Lehár, trotz der äusseren Erfolge von den Faschisten in Deutschland und Ungarn nur geduldet war und oft – zusammen mit seiner Frau – um sein Leben fürchten musste; und dass es auch Schostakowitsch in seiner Heimat Russland nicht viel besser erging.

    Lieber moderato, ich stutze etwas angesichts der Bemerkung zu Lehár während des Nationalsozialismus. Gibt es neue Forschungsergebnisse, wonach er und seine Frau um ihr Leben fürchten mussten?

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Rheingold1876


    Gerne mache ich dir Informationen zu Franz Lears Stellung und Verhalten während der Zeit von 1933 bis 1945 zugänglich.


    Die Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland hatte auch für L. einschneidende Folgen: zunächst infolge seiner Zusammenarbeit mit „nichtarischen“ Librettisten (die, falls sie nicht rechtzeitig flüchten konnten, wie F. Löhner-Beda in Nazilagern ermordet wurden), Interpreten (Tauber) und Theaterunternehmern kurz sogar boykottiert, wurden seine Erfolgsoperetten zwar durch Intervention von Joseph Goebbels schnell wieder auf die Spielpläne gesetzt. L. war jedoch nicht zuletzt wegen seiner nichtarischen Gattin Sophie (Heirat 1924) weiterhin angreifbar. Vielleicht auch deshalb ließ er sich nicht nur als Aushängeschild der NS-Kulturpropaganda feiern, sondern stellte sich u. a. während des Zweiten Weltkriegs auch für Propagandakonzerte zur Verfügung.


    Zitat aus dem Österreichischen Musiklexikon online



    Sophie Lehar geborene Paschkis Kohn starb am 1. September 1947 in Zürich.


    Quellen:

    https://opern.news/media/pdfs/…iener-Lehar-Schloessl.pdf

    https://de.findagrave.com/memorial/226301509/sophie-paschkis-lehár


    Um einen speziellen Vorgang der NS-Kulturpolitik im engeren Sinne kreist mit intensiver Quellenauswertung der nachfolgende Hauptbeitrag. Hintergrund ist Lehárs privilegierte Position innerhalb der Goebbelsschen Kulturpolitik. Gelang es dieser doch nicht annähernd, den durch Verbot jüdischer Autoren verschuldeten Operetten-Aderlass durch eine rein „arische“ Produktion zu kompensieren. Mit dem Untertitel „Operetten-Arisierung und ‚braune Nachrede‘“ untersucht Wolfgang Dosch, wie es dem Schriftsteller Rudolf Weys durch den Auftrag, Lehárs frühen Rastelbinder um den jüdischen Zwiebelhändler Pfefferkorn in eine NS-kompatible Form zu bringen, geglückt ist, sich selbst vom Militärdienst fernzuhalten und das Leben seiner jüdischen Frau vor tödlichem Zugriff zu retten. Verzögerungen halfen. Wegen seiner jüdischen Ehefrau Sophie in ähnlicher Lage, habe Lehár trotz fehlenden künstlerischen Interesses das Projekt unterstützt. Entsprechend konzediert Dosch summierend „Lehárs gespaltenes Verhältnis zur Politik des Dritten Reiches“ (S. 115-116), betont dagegen „vor allem seinen Einsatz für davon bedrohte Menschen und Mitarbeiter“ (S. 116) wie seinen früheren Librettisten Victor Léon und hält „unreflektierte ‚braune Nachrede‘, vor allem von Journalisten jüngerer Tage, die sich reißerisch etwa mit Behauptungen über Lehár als ‚der Mann, der Löhner-Beda im KZ umkommen ließ‘, zu vermarkten suchen, für nicht angemessen“ (S. 118).


    Quelle:

    http://info-netz-musik.bplaced.net/?p=17161

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Lieber moderato, herzlich danke ich Dir für die Mühe, die Du Dir gemacht hast, mein eigenes Wissen über Lehár zu erweitern. Ich muss noch darüber nachdenken, das, was mir bisher bekannt ist, mit den Erkennisse besagten Buches abzudaten. Ich ging auch stets davon aus, dass Hitler selbst die treibende Kraft gewesen ist, um den Komponisten und seine Frau, die angbelich zur "Ehrenarien" erklärt wurde, auf den Spielplänen zu halten, weil er seine Operetten mehr liebte als Wagners Musikdramen. Er soll Aufführungen auch aus seinem eigenen Vermögen finanziert haben ("Herorische Weltsichten - Hitler und die Musik" von Sebastian Werr, Böhlau 2014). Woanders las ich - wo nur? - dass sich Lehár damit einverstanden erklärt haben soll, dass seine Werke während der Naziherrschaft ohne Nennung der jüdischen Librettisten gegeben werden.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent