Karl Friedrich

  • Lieber Caruso, so groß ist die Aufmerksamkeit nun auch wieder nicht. Das Thema wurde vor elf Jahren gestartet und hat es gerade mal auf dreißig Beiträge gebracht. Du verweist auf die "Tote Stadt". Mir ist so, als hätte ich diese Aufnahme bereits bildlich erwähnt. Wo sie zu sehen war, sind nur noch Grabsteine geblieben. Den Grund kennen wir. Dein Urteil, dass sich Friedrich als Paul alle Mühe gebe, Tauber zu imitieren, teile ich nicht. Vielmehr stelle ich gewisse stimmliche Ähnlichkeiten mit Tauber fest. Salopp könnte man sagen, Friedrich sei der Tauber für Arme gewesen. ;) Und das ist etwas anderes. Solche Ähnlichkeiten in Timbre und Stimmproduktion kommen immer wieder vor. Die Italienerin Maria Dragoni zum Beispiel erinnerte stark an die Callas, ohne deren Wirkung zu erreichen. Obwohl sie das nicht anstrebte, war es einfach so. Die von Dir so hoch geschätzte Lise Davidsen wird - wie ich erst neulich in einer "Walküre"-Kritik las - schon mit der Flagstad verglichen. Nicht, weil sie an deren majestätisch Ausstrahlung heranreichte, sondern weil es stimmliche Verwandschaft gibt. Niemand käme auf die Idee, ihr anzulasten, ihre legendäre Kollegin imitieren zu wollen.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Rheingold!

    Du verweist auf die "Tote Stadt". Mir ist so, als hätte ich diese Aufnahme bereits bildlich erwähnt. Wo sie zu sehen war, sind nur noch Grabsteine geblieben. Den Grund kennen wir.

    Das ist in der Tat eine höchst ärgerliche Angelegenheit, dass viele, sehr viele der eingestellten CD-Cover durch Grabsteine ersetzt wurden. Das ist unschön. Vor allem aber ist es eine Beeinträchtigung der Möglichkeiten zur Bezugnahme in den Diskussionen. Meistens ist gar nicht erkennbar, auf was da hingewiesen worden ist. Viele Mitglieder haben in ihrem Text noch nicht mal einen Bezug zu der Aufnahme, die sie eingestellt haben!


    Dein Urteil, dass sich Friedrich als Paul alle Mühe gebe, Tauber zu imitieren, teile ich nicht.

    Ja manchmal kommen wir auch zu unterschiedlichen Urteilen.

    Salopp könnte man sagen, Friedrich sei der Tauber für Arme gewesen

    Solche und noch abschätzigere Etiketten für Karl Friedrich waren in München, wo er ja öfter am Gärtnerplatz-Theater gesungen hat, ganz gängig.


    Liebe Grüße

    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Dein Urteil, dass sich Friedrich als Paul alle Mühe gebe, Tauber zu imitieren, teile ich nicht. Vielmehr stelle ich gewisse stimmliche Ähnlichkeiten mit Tauber fest. Salopp könnte man sagen, Friedrich sei der Tauber für Arme gewesen. ;)

    Nach einer erneuten Beschäftigung mit Karl Friedrich komme ich zu dem Urteil: Karl Friedrich hat zwar große Ähnlichkeiten mit dem Timbre Richard Taubers, aber viel mehr tenorale Power. Mir ganz persönlich ist er deshalb auch wertvoller.


    Er hat richtige Bravado-Rollen verkörpern können, so etwa den Apollo in "Daphne" von Richard Strauss:

    Re-pitched DAPHNE Reining, Frutschnigg, Friedrich, Dermota, Alsen - Böhm - Vienna V44

    Bei der Wiener Erstaufführung 1940 war er schon dabei, Richard Strauss selbst hat das sicher mitbekommen.


    Auf die Einspielung des langen Schlussduetts aus "Ariadne von Naxos" mit Maria Cebotari wurde schon hingewiesen:

    R. Strauss - Ariadne auf Naxos - Final Scene - Cebotari, Friedrich - Beecham (1947)

    Was für ein Paar - auch noch zu Lebzeiten von Strauss entstanden!


    Karl Friedrich ist - trotz einiger guter Aufnahmen noch in den 1950er-Jahren - eher ein Tenor, der von der Art des Singens und auch den großen Erfolgen am ehesten in die 1940er-Jahre passt.


    Solche und noch abschätzigere Etiketten für Karl Friedrich waren in München, wo er ja öfter am Gärtnerplatz-Theater gesungen hat, ganz gängig.

    Ich kenne einige gute Aufnahmen von Karl Friedrich - doch habe ich noch live bei seinen letzten Abenden in der Volksoper gesehen (als Ismael in Nabucco). Ein Baum bewegt sich eleganter auf der Bühne !
    Dann habe ich die Vorurteile meiner Eltern ihm gegenüber verstanden.


    Später machte man sich lustig über den Tenor, der seine Glanzzeiten überlebt hatte. Die Witwe Karl Terkals erzählte mir, dass ihr Mann stets Karl Friedrich als warnendes Beispiel vor Augen hatte, wie man seine Karriere nicht beenden sollte. Friedrich hatte bis 1969 noch etliche unbedeutenden Kleinrollen (Haushofmeister bei Faninal) an der Staatsoper verkörpert, jenem Haus, an dem ihm schon über 30 Jahre zuvor zugejubelt worden war (vermutlich auch von Terkal selbst, der in seiner Jugend Stehplatzgeher war). Ein trauriger Abgang, der wohl dazu führte, dass man sich seiner nicht so erinnerte, wie er es eigentlich verdient hätte.