Meisterwerke der Vergangenheit - und ihre Bearbeitungen durch andere Meister

  • Liebe Forianer


    Dieser Thread entstand durch einen Zufall, weil nämlich Ulli in einem der Regietheaterthreads - im Rahmen der Vergleiche von "Übermalungen alter Meister" und "Veränderungen von Meisterwerken" durch Künstler anderer Generationen dieses interessante Thema angesprochen hat.
    Einerseits leidet das eigentliche Thema beim Regithaterthread, andrerseits ist es zu schade sowas abzuwürgen.


    Es geht vereinfacht um die Frage, wenn ein Künstler ein Kunstwerk eines andern künstlers nicht nur restauriert, sondern einer gegebenen Notwendigkeit anpasst (konkret ging es um die Übermalungen heikler Stellen an den Fresken der Sixtinischen Kapelle durch einen Michelangelo-Schüler) und somit einerseits Werksubstanz zerstört - andrerseits anderes hinzufügt, das auch als küstlerisch wertvoll gesehen werden muß.


    Ich persönlich hätte zu diesem Thema eine Menge (subjektives) zu sagen, sähe es aber gene wenn der 2. Beitrag von Ulli käme - und sich dann die anderen an diesem Thema interessieten Taminoianer anschlössen - ich selbst werde mich dann auch beteiligen


    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Ich persönlich hätte zu diesem Thema eine Menge (subjektives) zu sagen, sähe es aber gene wenn der 2. Beitrag von Ulli käme - und sich dann die anderen an diesem Thema interessieten Taminoianer anschlössen - ich selbst werde mich dann auch beteiligen.


    Dem Wunsch kann entsprochen werden. Ich kopiere hier zunächst einfach meine diesbezügliche Aussage aus dem Regietheaterthread hinein (kursiv):


    Zu den Übermalungen.


    Zitat

    Original von Wikipedia
    Nach dem Vorbild des Bibeltextes wurde in der bildenden Kunst des christlichen Abendlandes bis in die Neuzeit hinein das Geschlechtsteil einer nackten Person mit einem Blatt oder einem anderen bedeckenden Gegenstand übermalt. Ein Beispiel hierfür ist die systematische Übermalung des Jüngsten Gerichtes in der Sixtinischen Kapelle durch den so genannten "Hosenmaler" Daniele da Volterra, einem Schüler Michelangelos, die mit der letzten Restauration soweit wie möglich gemäß den ursprünglichen Intentionen des Werkschöpfers Michelangelo und mit Billigung der katholischen Kirche zurückgenommen wurde. Für die Kopie der Davidstatue des Michelangelo im Royal Albert Museum wurde speziell ein Feigenblatt aus Gips geschaffen um das Schamgefühl weiblicher Besucher zu schonen.


    Dieser Absatz aus Wikipedia zum Thema 'Feigenblatt' zeigt wohl sehr deutlich die Diskrepanz zwischen der Bedeutung des Begriffs 'Künstler'. Hier prallen zwei Künstler frontal aufeinander: Michaelangelo als der eigentliche Werkschöpfer und da Volterra als Bearbeiter (hier durchaus im Sinne des 'Verbesserers'). Ohne Zweifel wird man de Volterra heutzutage genauso als großen Meister bezeichnen wie wir Michelangelo als solchen empfinden. Hier stellt sich dann erneut die Frage 'Wo ist das Kunstwerk'? De Volterras wurde durch die letze Restauration (in dem Sinne hier eher eine Rekonstruktion) weitestgehend wieder eliminiert - hat man damit nun ein (fortentwickeltes?) Kunstwerk zerstört oder das originäre 'gerettet' und wieder in 'voller Pracht' :D zugänglich gemacht?


    Ich finde die Parallele sehr interessant und sehe daran auch, daß eine Bearbeitung es ursprünglichen Meisterwerks zu einem neuen Meisterwerk werden kann. Im Fall der Oper gibt es allerdings den Vorteil, daß derlei Bearbeitungen keine bleibende Veränderung des bearbeiteten Werks hinterlassen, sondern daß das Werk an sich bleibt wie es ist - im Gegensatz zum übermalten Gemälde, daß eben nur durch aufwändige Rekonstruktion wieder hergestellt werden kann, wobei die Bearbeitung für immer verlustig geht (man kann sie allenfalls vor Eliminierung fototechnisch festhalten).


    ~ ~ ~


    Letztlich ist dieses 'Abkratzen der Übermalung' - egal nun, ob bezogen auf ein historisches Gemälde oder ein Musikwerk, das in einer Bearbeitung vorliegt - eine Sache der rekonstruierenden Wissenschaft. Es zeigt letztlich, daß durch so manche Bearbeitung ein Werk überhaupt erst überlebt hat... Letztenendes ist diese Rekonstruktionsmode nichts anderes als die HIP-Bewegung, die zumindest versucht, dem Original möglichst nahe zu kommen und die 'Schlieren der Zeit wegpoliert'. Die Frage wäre schlechtihn, welche Bearbeitungen musikalischer Natur heute bekannter sind als deren Vorlage, also die Originale? Wie schaut's da aus mit z.B. Bachscher Bearbeitungen Vivaldischer Konzerte? Mit Opern-Arrangements für Harmonieinstrumente...?


    :hello:

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo,


    das ist wirklich ein interessanter Thread, ich freu mich auf die zukünftigen Beiträge :yes:


    Spontan fällt mir da nur Mozart ein, der - warum auch immer - Händels "Messias" bearbeitete. Darüber weiß ich aber nicht viel.


    :hello:


    Helge, 15, Essen

  • Zitat

    Original von Helge Kreisköther
    Spontan fällt mir da nur Mozart ein, der - warum auch immer - Händels "Messias" bearbeitete. Darüber weiß ich aber nicht viel.


    Dein Wissen kannst Du hier erweitern:


    Bach - Mozart - Händel


    :hello:

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Ich erwähne einmal Landschaften, die verändert wurden: Bril von Rubens, Hercules Seghers von Rembrandt. Anstückungen zwecks Himmelsvergrößerung waren auch beliebt, als der tiefliegende Horizont modern wurde.
    :hello: