Fritz Wunderlich (1930 - 1966)

  • Auch wenn das letzte Posting das Verhältnis Fritz Wunderlichs zur Rolle des Tamino belegen soll, habe ich einen Fund gemacht, der seinen hohen Rang als Mozart Tenor belegt. Misero! O sogno KV 431. Eine Aufnahme des SWR.


    Aus einem Programmheft der Holzkirchner Symphoniker 2006 um dieses eher unbekannte Werk zu erklären:


    Bei „Misero! O sogno, O son desto?“ handelt es sich genau genommen um Rezitativ und Arie („Aura, che intorno spiri“). Der Sänger befindet sich offensichtlich im Gefängnis (der Mozartforscher Alfred Einstein meint, es könnte sich bei ihm um Themistocles handeln) in auswegloser Lage, die durch den Gedanken an die Geliebte noch trostloser wird. Das Orchester malt in dieser von häufigen Tempowechseln gekennzeichneten Arie die Kälte und Dunkelheit des Gefängnisses und der Situation des Sängers. Die Arie wurde im Dezember 1783 für ein Benefizkonzert im Burgtheater geschrieben, bei dem Mozart selbst ein Klavierkonzert spielte und der Tenor Valentin Adamberger, der ausgezeichnete erste Belmonte der Entführung aus dem Serail, eben diese Arie sang.


    KV 431


    Misero! O sogno,

    O son desto?

    Chiuso è il varco all’uscita.

    Io dunque, o stelle!

    Solo in questo rinchiuso

    Abitato dall’ombre,

    Luogo tacito e mesto,

    Ove non s’ode

    Nell’orror della notte

    Che de’ notturni augelli

    La lamentabil voce,

    I giorni miei dovrò qui terminar?

    Aprite, indegne,

    Questa porta infernale

    Spietate, aprite, aprite.

    Alcun non m’ode, e solo,

    Ne’ cavi sassi ascoso

    Risponde a’ mesti accenti eco pietoso.

    E dovrò qui morir?

    Ah! negli estremi amari sospiri almen

    Potessi, oh Dio!

    Dar al caro mio ben l’ultimo addio

    Aura, che intorno spiri,

    Sull’ali a lei che adoro

    Deh, porta i miei sospiri.

    Di che per essa moro,

    Che più non mi vedrà.

    Ho mille larve intorno

    Di varie voci il suono;

    Che orribile soggiorno,

    che nuova crudeltà.

    Che barbara sorte,

    Che stato dolente,

    Mi lagno, sospiro,

    Nessuno mi sente,

    Nel grave periglio

    Nessuno non miro,

    Non spero consiglio,

    Non trovo pietà.


    ***


    Ich Armer! Träum’ ich

    oder wach’ ich?

    Verschlossen ist der Ausgang.

    Ihr Sterne, muss ich also hier,

    allein an diesem abgeschiedenen,

    nur von Schatten bewohnten,

    schweigenden und traurigen Ort,

    wo man im Grauen der Nacht

    nichts hört

    als die klagende Stimme

    von Nachtvögeln,

    meine Tage beenden?

    Öffnet, ihr Ruchlosen,

    diese Höllenpforte,

    Ihr, die ihr kein Erbarmen kennt, öffnet sie.

    Niemand hört mich, und nur

    ein mitleidiges Echo aus den Felsenhöhlen

    Antwortet meinen traurigen Tönen.

    Und werde ich hier sterben müssen?

    Ach, wenn ich doch wenigstens mit diesen

    ach so bitteren Seufzern der teueren Geliebten

    das letzte Lebewohl sagen könnte!

    Lufthauch, der du mich umwehst,

    trag’ auf deinen Flügeln

    meine Seufzer zu der Angebeteten.

    Sag ihr, dass ich für sie sterbe,

    Dass sie mich nie wieder sieht.

    Mich umgeben tausende Gespenster und

    der Klang verschiedener Stimmen.

    Welch grauenvoller Aufenthalt,

    welch neue Grausamkeit!

    Welch schreckliches Los,

    welch traurige Lage!

    Ich klage, ich seufze,

    aber niemand hört mich.

    In der tiefsten Not

    sehe ich niemanden.

    Ich hoffe auf keinen Trost,

    Ich finde kein Mitleid.



    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




    Einmal editiert, zuletzt von moderato ()

  • Lieber Moderato,


    danke für die Einstellung dieses Fundstückes, das sicherlich als hörenswerte Rarität eingestuft werden kann. in dieser Aufnahme wird für mich neben der fast selbstverständlichen Stimmschönheit, die hohe Gesangskultur und die subtile Fähigkeit der Differenzierung ausgezeichnet demonstriert. Wirklich hörenswert.

    Herzlichst

    Operus (Hans)

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Hallo!


    Und hier der Link zur CD:



    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • Liebe Fritz-Wunderlich-Verehrer!


    Im Thread "Fritz Wunderlich - Ein seltener Glücksfall für die Schallplatte" wurde die folgende Aufnahme bereits im März 2019 vorgestellt:


    "Don Pasquale" (Donizetti): Don Pasquale - Kurt Böhme / Ernesto - Fritz Wunderlich / Dr. Malatesta - Raimund Grumbach / Norina - Erika Köth / Ein Notar - Hans Hermann Nissen / Der Chor und das Orchester der Bayerischen Staatsoper München / Chorltg.: Gregor Eichhorn / Dirigent: Meinhard von Zallinger (Mitschnitt aus dem Prinzregententheater München vom 18. 1. 1962).


    Dieser Mitschnitt ist nie zuvor veröffentlicht worden! Die Aufnahme wird auf 2 CDs der auf Audio-Technik spezialisierten Firma "Techne Audio)))" in Weilheim angeboten. Hat einer der 'Taminos' diese Aufnahme erworben und kann etwas über die Tonqualität berichten?


    Viele Grüße!


    Carlo

  • Hat einer der 'Taminos' diese Aufnahme erworben und kann etwas über die Tonqualität berichten?

    Lieber Carlo, nachdem Du nun nochmal auf den Mitschnitt gekommen bist, habe ich ihn heute kurzerhand bestellt. Nun soll es bis zum 22. Juni dauern, dass ich mit der Lieferung rechnen kann. Wenn ich ihn gehört habe, werde ich berichten. Neben der von moderato weiter oben vorgestellten Konzertarie wäre der "Pasquale" gleich das zweite bisher nicht veröffentlichte Dokument mit Wunderlich, das nun an die Öffentlichkeit gelangt. :) Und ich bin auch gespannt, wie mir Kurt Böhme wird gefallen, weil ich mit meiner kritischen Sicht auf ihm neulich an anderer Stelle - gelinde ausgedrückt - wenig Zustimmung fand.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

    3 Mal editiert, zuletzt von Rheingold1876 ()

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Es gibt eine weitere Rarität, an der Fritz Wunderlich und Gottlob Frick beteiligt sind. In der neu erschienenen Box "Gottlob Frick der schwärzeste Bass", die Rheingold ausführlich und kompetent hier im Forum vorgestellt hat, gibt es als Bonus eine Aufnahme des bekannnten Duetts "Komm mein Söhnchen auf ein Wort". Dies ist eine ganz kuriose Aufnahme. Beim 100 jährigen Jubiläum des Liederkranzes Ölbronn (Geburtsort von Gottlob Frick) haben sich die beiden Freunde offensichtlich und hörbar ganz spontan entschieden zu singen. Lustiger Dialog, da das Publikum bereits im Aufbruch ist und zum Bleiben aufgefordert wird. Nur Klavierbegleitung. Aufnahmequalität nicht professionell. Mit welcher Rasanz, überbordendem Temperament und emotionalem Überschwang die beiden Sänger dann das Duett mit voller Attacke sangen, das ist schlichtweg umwerfend. Keine der Studioaufnahmen von diesem Ohrwurm erreicht die Intensität dieser Aufnahme. Zur Ehrenrettung: Alle anderen Aufnahmen, die in dieser Box sind, wurden streng und seriös nach Qualitätsgesichtspunkten ausgewählt. Meiner Ansicht nach wurde Gottlob Frick noch nie gekonnter porträtiert als in dieser Edition, weil Aufnahmen aus allen Bereichen und Schaffensperioden des Bassisten konzeptionell gut durchdacht zusammengestellt wurden.
    Herzlichst


    Operus (Hans)
    4 CD Box "Gottlob Frick der Schwärzeste Bass", Profil Medien Hänssler, PH18047


    Bezugsquellen: Hänssler Online-Shop, die Versender JPC und Amazon, Gottlob Frick Gesellschaft


    Telefon Nr. 07237/42212.

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!