Es ist zwar nicht gerade "gestern", dass ich in Zürich die Neuinzsenierung des "Tannhäuser"`s gesehen habe. Premiere war am 30. Januar und die von mir besuchte Vorstellung am 2. Febr. 2011. Durch eine Erkrankung komme ich erst heute dazu , darüber zu berichten.
Gespielt wurde die Fassung der Wiener Aufführung vom 22.11.1875 mit Einschub Walther von der Vorgelweide im 2. Aufzug.
Musikalische Leitung : Ingo Metzmacher
Inzenierung: Harry Kupfer
Bühne: Hans Schavernoch
Kostüme: Yan Tax
Hermann, Landgraf - Alfred Muff
Tannhäuser - Peter Seiffert
Wolfram - Michael Volle
Walther - Christoph Strehl
Biterolf - Valeriy Murga
Heinrich d. Schreiber - Michael Laurenz
Reinmar v. Zweter - Andreas Hörl
Elisabeth - Nina Stemme
Venus - Vesselina Kasarova
Hirte - Camille Butcher
1. Akt 1. Bild - Rotierende Glastürenwände mit roten Leuchtbändern , die unterschiedlich in Farbe und Form erschienen. Drehbühne, in der Mitte ein erhötes Podest für Venus und Tannhäuser, Balett, leichtbekleidete Damen und Herren, die sich mehr oder minder erotisch-lasziv bewegten. Tannhäuser mit elektr. Gitarre. Venus in Rot-schwarzem , dekolletiertem Abendkleid. Tannhäuser in dezenter Rockerkleidung (Leder)
2. Bild - Verwandlung - ein Golfplatz, der Landgraf mit seiner Truppe - wohl Take That , die Robin Williams wiedertreffen - im Golfauto , die jungen Herren (alle gutaussehend, jung und schlank) mit elektr. Gitarren. Der Hirte war - warum auch immer - eine Krankenschwester .
2. Akt - Halle - Die Halle war ein Stadion mit Zuschauertribühne aus Plastikstühlen, es wurde eine TV-Übertragung vorbereitet. Elisabeth im blauen Abendkleid, Tannhäuser im gleichen Outfit wie vorher. In der Mitte ein Flügel, auf dem sich E. gelegentlich räkelte. Nach dem Duett kamen die Gäste. Alles was Rang und Namen hat, Adel, Militär, Klerus und der einfache Mann. Man machte die Honneurs vor Elisabeth und dem Landgraf und sang den berühmten Chor. Dann begann der Wettstreit, die Herren -mit Gitarre - sangen ihre unterschiedlichen Auffasssungen von der Liebe bis zum Eklat und der Verbannung von Tannhäuser.
3. Akt - Der Züricher Bahnhof - die Pilger kommen (per Bahn) aus Rom zurück. Elisabeth und Wolfram warten vergeblich auf Tannhäuser. Elisabeth geht zum Sterben ab, Tannhäuser kommt und singt seine Romerzählung. Venus erscheint noch einmal und sinkt entseelt zu Boden, als Tannhäuser sich dem himmlischen Heil zuwendet. Dann erscheint der hohe Klerus (Pabst - im Sonderzug ?) und der Krummstab ergrünt. Tannhäuser stirbt, Wolfram bleibt zurück.
Soweit die Inszenierung.
Musikalisch fand ich es sehr gut. Metzmacher ließ das Orchester sehr differenziert spielen, großes Forte und leisestes Pinanissimo. Die Soloinstrumente waren ohne Fehl und Tadel , wirklich wunderbar. Der Chor grandios in allen Lagen.´
Zu den Leistungen der Solisten kann ich sagen, dass kein wirklicher Ausfall dabei war. Peter Seiffert stand die mörderische Partie sehr gut durch, hatte alle Reserven auch für den letzten Akt und spielte auch sehr intensiv ohne Rücksicht auf seine Stimme. Natürlich merkt man dieser Stimme auch sein Alter (Ende 50) und die Beanspruchung der vielen Jahre im Heldenfach an. Lange, laute Töne haben schon einen Wackler, aber es gelingt ihm immer wieder, die Stimme zu fokussieren und mit schönen Tönen zu begeistern. Die Venus der Kasarova sah verführerisch aus und sang auch entsprechend. Mir persönlich gefällt es nicht, wenn sie manche Töne mit "Glottis-Anschlag" singt, aber ihre Höhen waren grandios. Übrigens sangen alle sehr wortverständlich, so dass die deutsche (mit Engisch) Übertitelung eigentlich nicht notwendig waren.
Nina Stemmes Stimme war in allen Lagen rund und schön, immer dunkel getönt. Sie spielte rollengerecht ausgeglichen und zurückhaltend. Zu REcht bekam sie sehr viel Beifall. Neben ihr die schönste Stimme hatte der Wolfram von Michael Volle. Den Abendstern sang er sehr schön, legato und Pianissimo, in den Zwiegesängen mit Tannhäuser hatte er die dramatische Wucht, die man dafür auch braucht. Alfreds Muff`s Landgraf prunkte mit sehr tiefen Tönen, ab und zu hörte man aber auch sein Alter. In den kleinen Rollen fiel als besonders gut der Walther von Christoph STrehl auf, wohl wegen ihm hatte man sicherlich die Fassung mit seinem "Meisterlied" im 2. Akt gewählt.
Der Schlussbeifall war lang und laut, besonders eben für Stemme und Volle, aber auch für Seiffert.
Ich muss sagen, dass mich die Inszenierung nicht so ganz furchtbar gestört hat, man konnte manches nachvollziehen, einiges war ja auch sehr konventionell. Wos wieder hakt, ist einfach, dass die Handlungsweise, die das STück nun mal vorschreibt, nicht zu den heutigen Personen passt. Wo würden heute in einem Stadion die Damen nach Hause geschickt, wenn ein Pop-Sänger solche Texte sänge, wie Tannhäuser (Venusberg - shoking !) Oder die Qualen der Pilgerreise, die Tannhäuser besingt, aber alle doch gemütlich im ICE von Rom (hier nach Zürich) zurückgefahren sind ??
Musikalisch lohnt die Reise nach Zürich allerdings, das kann ich empfehlen !